Live-Sendung
Gillamoos-TV: Hat der Jahrmarkt Zukunft?

Zwei Jahre blieb die Festwiese in Abensberg wegen Corona leer. Auswirkungen auf Schausteller und Festwirte sind gravierend.

31.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:02 Uhr
Seit 2018 ist die Mittelbayerische mit einem TV-Studio am Gillamoos in Abensberg vertreten. Heuer gibt es kein originäres Gillamoos-TV, dafür eine Talksendung aus dem Verlagshaus. −Foto: Sebastian Pieknik

Wohl beinahe jeder hat die prickelnde Atmosphäre vor Augen, die besonderen Gerüche in der Nase, die spezielle Geräuschkulisse der Bierzelte oder die typischen Töne von Autoscooter und Achterbahn in den Ohren, wenn das Wort Gillamoos fällt. Doch darauf müssen die Abensberger und ihre jährlich rund 250.000 Gäste noch mindestens ein Jahr warten. Zwei Jahre Gillamoos-Pause nagen an der Abensberg Seele, schmerzen Groß und Klein.

Ganz besonders schmerzt die Situation jedoch die Schausteller, Marktbeschicker und Festwirte. In einer Sonderausgabe Gillamoos-TV beleuchtet Mittelbayerische Video die schwierige Situation der Branche und ihre Motivation durchzuhalten, bis hoffentlich im kommenden Jahr wieder normale Zeiten anbrechen.

Bis Anfang Juni gab es unter den Gillamoosfans noch die Hoffnung, dass es dieses Jahr etwas werden wird mit dem traditionellen Jahrmarkt in Abensberg. Damit war es seit 9. Juni vorbei: Einstimmig hatte der städtische Werkausschuss den Gillamoos, der 2020 auf dieses Jahr verschoben worden war, auf Vorschlag von Bürgermeister Dr. Uwe Brandl endgültig abgesagt. Das bedeutet, auch heuer gibt es keinen Gillamoos.

Talkrunde bei der Mittelbayerischen

In einer Talkrunde im Newsroom des Verlagsgebäudes der Mittelbayerischen stellen sich Bürgermeister Dr. Uwe Brandl, Festwirte-Sprecher Peter Schöniger und Andreas Pfeffer, der Vizepräsident des Bundesverbands Deutscher Schausteller und Marktkaufleute, am Donnerstag ab 18.30 Uhr in einer Live-Sendung den Fragen von Moderator und „Gillamoos-Grantler“ Benjamin Neumaier. Zudem hat sich Ministerpräsident Dr. Markus Söder als virtueller Gast angekündigt.

Talkrunde: Leserfragen:
Die Talkrunde rund um den Gillamoos wird am Donnerstag, 1. September, ab 18.30 Uhr aus dem Verlagsgebäude der Mittelbayerischen in Regensburg gesendet. Gäste im Studio sind Bürgermeister Dr. Uwe Brandl, Festwirt Peter Schöniger sowie Schaustellerund Funktionär Andreas Pfeffer.Leser können vorab gerne Fragen an die Talkgäste schicken, die dann auch teil der Sendung werden können. Fragen schicken Sie bitte per Mail unter dem Betreff „Gillamoos-Talk“ bis spätestens Donnerstag, 1. September, 12.00 Uhr, an kelheim@mittelbayerische.de

Im Gespräch will die Mittelbayerische vor allem auch der Frage nachgehen, ob der Gillamoos nach Corona noch der Gleiche sein wird. Denn es gibt viele Fragezeichen – und Branchen-Insider warnen schon seit Monaten: Durch Corona sei das Kulturgut Jahrmarkt, Volksfest, Kirmes oder wie immer man es auch nennen möchte, in Gefahr und damit große Teile des deutschen Brauchtums. Tausende Volksfeste gibt es in Deutschland, 5000 Schausteller setzen Milliarden um. Rund 4,75 pro Jahr. Normalerweise.

Branche leidet unter „Berufsverbot“

Doch seit März 2020 leide die Branche faktisch unter Berufsverbot, klagte der Branchen-Dachverband. Die Branche beschäftigt rund 55.000 Menschen, die oft von Stadt zu Stadt fahren. Die Corona-Hilfen der Bundesregierung kamen hier erst spät an; das Geschäft mit der Schaustellerei ist wohl allzu untypisch für die staatliche Förder-Bürokratie. Doch nur die bleibe zum Überleben, sagte Pfeffer bereits vor Monaten gegenüber der Mittelbayerischen. „Wir haben aber viel Gehör gefunden.“, schiebt er Richtung Staat hinterher. Die letzten Einnahmen als Selbstständiger hatte er im Oktober 2019, als er eben in Abensberg am Gillamoos seine Süßigkeiten anbot. 2020 fiel nahezu der gesamte Jahresumsatz aus, 2021 werde es ähnlich laufen, prognostizierte er. Bei vielen Berufskollegen seien Altersvorsorge und die Sparbücher schon draufgegangen.

Und auch bei Festwirten ist die Situation alles andere als rosig. Einige haben das Handtuch werfen müssen, andere gingen verfrüht in Ruhestand, fahren Kieslaster, oder arbeiten am Bau. Viele versuchen sich über Wasser zu halten, aber die Luft wird dünn, hört man vom Verband der Deutschen Festwirte.

Der Deutsche Schaustellerbund drängte noch Anfang August die Politik, von September an auf sämtliche Coronabeschränkungen für Veranstaltungen und Volksfeste im Freien zu verzichten. „Wir haben die Maßnahmen bis hierhin mitgetragen, doch es reicht“, forderte der Vizepräsident des Schaustellerbunds Niedersachsen und Bundestagskandidat Kevin Kratzsch, im Spiegel. „Bei dieser Impflage ist es für uns nicht mehr nachvollziehbar, warum keine Feste und Veranstaltungen im Freien stattfinden dürfen“, sagte er.