Tradition
Hellring für Leib und Seele

Fünf Tage lang kommen die Menschen wegen der köstlichen Enten und Gänse, sie kommen aber auch heute noch als Wallfahrer.

15.10.2018 | Stand 16.09.2023, 6:00 Uhr
Gabi Hueber-Lutz

Morgens um acht bei Peising. Die Pilger aus Bad Abbach sammeln sich um Diakon Graf. Foto: Hueber-Lutz

Nebelschwaden kriechen noch am Boden dahin, es ist kühl, morgens um acht beim Frauenbründl. Doch ein Blick zum Himmel zeigt, dass wieder einer dieser goldenen Oktobertage anbricht, die dieser Herbst bereithält. Nach und nach trudeln die 40 Pilger ein, die sich mit Diakon Johann Graf auf den Weg nach Hellring machen. Männer und Frauen, Jugendliche und Ältere - die Gruppe ist bunt gemischt.

Die Bad Abbacher Pfarrei St. Nikolaus hat zu der Wallfahrt eingeladen. Und fast könnte man meinen, es wird eine Wanderung von Quelle zu Quelle.

Heilendes Wasser

Am Startort in Frauenbründl ist eine Quelle in Stein gefasst, der die Menschen seit Jahrhunderten Heilkraft bei Augenleiden zusprechen. Und der Zielort Hellring ist weit und breit bekannt als Wallfahrtsort zur Heiligen Ottilie, die ebenfalls für ihre Heilkraft bei Augenleiden verehrt wird. Auch hier steht ein Brunnen, an dem sich die Pilger die Augen benetzen. Zwischen den beiden Orten liegen idyllische Waldwege, die manchmal unterbrochen sind und Blicke über die leicht hügelige Landschaft freigeben.

Schnell verschluckt der Wald die Pilgergruppe. Benedikt trägt das Kreuz voran und hält es die gut zweieinhalb Stunden, die die Pilger unterwegs sind. Nach der Premiere im letzten Jahr machen sie sich heuer zum zweiten Mal auf den Weg nach Hellring. Diakon Graf hat davon gelesen, dass es diese Pilgerwanderung von auch früher schon gab. Eine Wallfahrt mit Gelübde sei der Weg aber nicht, erzählt er. Er kümmert sich drum, dass einige Teilnehmer Warnwesten tragen. Später führt ein Stück des Wegs die Straße entlang, da muss die Gruppe vorne und hinten abgesichert werden. Aber noch ist man im Wald, biegt dann auf eine wunderschöne Lichtung mit Apfelbäumen ein, bevor es wieder in den Wald geht, über Stock und Stein jetzt. Leichte Zweifel kommen auf, die sich verdichten. Da stimmt was nicht. Die Gruppe ist zu früh abgebogen und kehr wieder um. Macht nichts, dauert der Weg eben ein bisschen länger.

Nun kommt ein ebenes Stück. Zeit zum Singen und Beten. Die sich wiederholenden Gebete und die gemeinschaftlich gesungenen Lieder legen sich wie ein Kokon um die Gruppe, die da durch den Wald zieht. Als sie nach zwei Stunden Fußmarsch an den ersten Häusern entlang zieht, wird wieder das Lob Gottes angestimmt: „Lobet und preiset ihr Völker den Herrn.“ Weil hier eine stimmgewaltige Gruppe unterwegs ist, erschallt die Melodie im Kanon. Ein erhabenes, ergreifendes Gefühl. Hellring kommt immer näher. Der Zwiebelturm der Kirche grüßt die Pilger.

Daneben ein glitzerndes Band. Kein Fluss, sondern die breite Reihe der Autos, in denen sich das Sonnenlicht spiegelt. Der weltliche Teil des Hellring wird immer greifbarer. Zuerst liegt da dieser Duft in der Luft, der die nahrhafte Speisung der Pilger verheißt. Auf der großen Wiese an der Straße und bis hinauf zur Kirche sind Buden aufgebaut. Mit „Großer Gott, wir loben dich“, bewegt sich die Gruppe an ihnen vorbei auf die Kirche zu.

Lesen Sie auch:Der Hellring ist noch eine richtig traditionelle Wallfahrt.

Die Leute bleiben stehen, viele unterbrechen ihre Tätigkeiten, manche singen mit. Das Sitzen in der Kirche tut jetzt gut. Auch Propst Maximilian Korn von den Augustiner Chorherren im benachbarten Paring heißt die Pilger willkommen. Diakon Graf hält eine Andacht. Derweilen reißt der Strom der Menschen, die in die Kirche kommen, nicht ab. Zwei ältere Leute stehen ein wenig ratlos am Ottilienbrunnen. Sie möchten sich die Augen waschen. Ein junger Mann beobachtet sie, greift zur Wand und betätigt den Schalter, der das Wasser aus den Hähnen des Brunnens fließen lässt. Die beiden Senioren nicken dankbar und waschen sich gründlich die Augen. Eine andere Pilgerin füllt Wasser in eines der bereitliegenden Fläschchen ab. „Das bringe ich meinem Vater mit“, freut sie sich.

Volle Wirtshäuser

Außerhalb der Kirche strömen die Menschen zu den Wirtshäusern. Als die Andacht zu Ende ist, ist beim Brunner die Gewölbehalle schon fast voll. Beim Pernpeintner füllen sich die kleinen Zimmer, die große Halle und auch die Bierbänke im Außenbereich. Auch die Bad Abbacher Gruppe ist jetzt vollständig im weltlichen Teil des Hellring angekommen. Johann Graf hat für sie im Ottilienhof reserviert und viele Portionen Enten und Gänse vorbestellt. Immer mehr Menschen drängen herein. Der Sonntag ist der Tag mit den meisten Besuchern.

Lesen Sie auch:So hat der Hellring Zukunft.

Die Wirtshäuser sind aber vom Donnerstagabend an voll. Da hat Bürgermeister Herbert Blaschek das erste Fass angezapft. Dieser Auftakt findet immer reihum in einem der drei Wirtschaften statt. Heuer war der Ottilienhof dran. Dort wurde es am ersten Tag richtig zünftig. 19 Mannschaften traten zum Wettsagln an und sägten Baumscheibe um Baumscheibe im Akkord von einem dicken Stamm. Da waren nicht nur richtige Profis dabei, erzählt Wirtssohn Tobias Hirthammer. Auch ganz spontane Gruppen bildeten sich. „Ein Riesenspaß“, sagt er und eilt weiter. Hellring ist Ausnahmezustand für die Wirtsfamilien.

Am heutigen Montag ist der letzte Tag der Traditionsveranstaltung, die so heißt wie das ganze Dorf. Um 18.30 Uhr wird in der Kirche der Rosenkranz gebetet, um 19 Uhr ist eine Pilgermesse. Und in den drei Wirtshäusern warten nochmal die Hellring-Schmankerl auf die Besucher. Dann wird auch Hellring wieder ein ganz einfaches kleines Dorf, bis im nächsten Jahr wieder die Zeit gekommen ist, den Hellring vorzubereiten und das Federvieh heranzuziehen.

Aktuelles aus der Region und der Welt gibt es über WhatsApp direkt auf das Smartphone:www.mittelbayerische.de/whatsapp