Brauerei-Jubiläum in Kelheim
„Mama Bavaria“ schenkte den Großkopferten richtig ein

24.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:16 Uhr
Luise Kinseher teilte in Kelheim mächtig aus. −Foto: Lorenz Erl

Lachsalven eröffneten das dreitägige Jubiläum der Familienbrauerei Schneider Weisse. Am Ende des ersten Abends musste der Bräu Georg VI. eigenhändig eine Kiste Bier auf die Bühne wuchten.

Die „Patrona Bavariae“ ist Luise Kinseher sicherlich nicht, aber „Mama Bavaria“ wird ihr als Ehrentitel nach ihrem Politikerderblecken einst auf dem Münchner Nockherberg wohl für alle Zeit bleiben. Dass sie es niemals zur „Patrona Bavariae“ schaffen wird, nimmt sie gelassen. „Diese Heiligkeit gönne ich ihr“, meinte sie launig am Freitagabend von der Bühne herunter über die Schutzheilige Bayerns im prall gefüllten Festzelt auf dem Kelheimer Ludwigsplatz.

Die Brauerei Schneider feierte dort ihr 150-jähriges Bestehen und die Kabarettistin war der Stargast. „Es dat jetzt los geh“, gab Brauereichef Georg VI. Schneider in seiner Anmoderation den Startschuss für das dreitägige Fest.

„Wir sind in Kelheim angekommen und ich freue mich, mit der Familie und den Kelheimern feiern zu können“, betonte er. Georg VI. kam gar nicht schnell genug von der Bühne, ohne gleich von der Kinseher in ihr Programm eingebaut zu werden.

Die zeigte sich erst mal als preußelnde Touristin im Trenchcoat auf der Suche nach ihrem trotteligen Mann, mit dem sie in Coronazeiten nur mehr auf Abstand und telefonisch verkehrt. Es war ein Herantasten ans Publikum, ein erstes Sondieren und schon nach den ersten launig-zweideutigen Sätzen über die Touristenattraktionen der Stadt war klar, dass die Fans bis in die hintersten Zeltreihen mit großer Spannung auf sie gewartet hatten. Dem entsprechend schoss sie sich erstmal mit spitzer Zunge auf die Region ein.

„Kelheim - da ist alles da. Und wenn die Brauerei dazu hilft, auch Kabarett“, meinte sie süffisant. Obwohl sie sich selber zuvor in der Rolle einer Touristin als Luise Kinseher angekündigt hatte, wechselte sie in einer Art kabarettistischer Schizophrenie immer zwischen Kinseher und „Mama Bavaria“ hin und her.

„Ich habe als Mama Bavaria aufgehört, weil es hat ja nix g´nutzt. Aber es ist noch schlimmer geworden“, attestierte sie dem aktuellen Politikgeschehen in Bayern und schoss sich sofort auf ihren „Liebling“ Markus Söder ein. Dem traut sie alles zu, was irgendwie Publicity bringt. „Er würde im Armani-Anzug das erste bayerische Space Shuttle einweihen“, spielte sie auf sein Raumfahrtprogramm an.

Dass Frauen bei den Granden der CSU immer noch als Heimchen am Herd gern gesehen wären, sezierte sie mit ihrem Vorschlag, die Mama Bavaria zur Ministerpräsidentin zu wählen. „Mama Bavaria, du hast so viele Kinder. Bleib dahoam“, legte sie ihnen in den Mund.

Zwei Stunden lang tobte sich die Kabarettistin bei brütend heißen Abendtemperaturen auf der Bühne aus und hinterließ kaum ein Thema aus Politik, Gesellschaft, Wirtshaussterben und Brauchtum, auf das sie nicht ihre verbalen Pfeile abfeuerte. Mehrfach wechselte sie ihre Bühnenfigur.

Das Publikum hatte seine Freude daran, hört aufmerksam zu, belohnte mit spontanen Lachsalven und forderte am Ende noch eine Zugabe. Kinseher ließ sich nicht lange bitten und setzt mit einer Version von bayrisch-chinesischer Völkerverbindung einen schwungvollen Schlusspunkt.

Die letzten Lachsalven gingen als einer der Höhepunkte des Abends auf das Konto von Georg VI., der ihr zum Schluss einen Blumenstrauß überreichte. „A Blumenstrauß von einer Brauerei – des g‘freit mi“, sagte sie mit heruntergezogenen Mundwinkeln. Ihr Lob über den Blumenstrauß samt Anspielung auf das Brauereifest fiel derart hinterfotzig aus, dass Georg Schneider nur Augenblicke später eigenhändig einen Kasten Bier auf die Bühne wuchtete...

− ele