MZ-Serie
Stadt setzt Bettler Pölsterl ein Denkmal

Neben der Befreiungshalle und dem Donaudurchbruch hat Kelheim einiges mehr zu bieten. Beispielsweise am Wöhrdplatz

08.03.2021 | Stand 16.09.2023, 4:10 Uhr
Das Kleindenkmal "Pölsterl" am Kelheimer Wöhrdplatz −Foto: Dietmar Krenz

Die Statue des stadtbekannten Kelheimer Bettlers befindet sich am Wöhrdplatz. Geschaffen hat sie Oskar Zink (1920–2010), ein Steinmetz und Bildhauer aus dem benachbarten Ihrlerstein, wie im Buch „Versteckte Denkmäler in Kelheim“ von Katrin Berger zu lesen ist.

Johann Baptist Lindner, später Pölsterl genannt, wurde am 27. Oktober 1847 in Walddorf im heutigen Ihrlerstein geboren. Da er seit seiner Geburt körperlich und geistig behindert war, erreichte er keinen Schulabschluss. Das bedeutete damals aber, dass ihm das Bürgerrecht verweigert wurde. Daher musste er seinen Lebensunterhalt durch Betteln bestreiten.

So zog er von Ort zu Ort und war bald überregional bekannt. Er verbreitete die neuesten Nachrichten und unterhielt die Menschen mit Gesang, um an Geld und Lebensmittel zu kommen. Das Lied, das er meistens sang, brachte ihm den Spitznamen Pölsterl ein, denn so hieß die Hauptperson in der von ihm vorgetragenen Moritat. Es geht dabei um einen jungen Mann, der ein Mädchen schwängert und dann umbringt. Schließlich wird er ins Gefängnis gesperrt, wo ihm der Prozess gemacht wird.

Neben einer Beinfehlstellung und seiner durch Rachitis gezeichneten Figur hatte der bekannte Landstreicher Pölsterl ein Augenleiden. So passierten ihm ständig Unfälle, weil er Hindernisse übersah. Eine Besonderheit erwähnen die Quellen zudem: Aufgrund einer Nervenkrankheit war er unempfindlich gegen Schmerzen. So heftete er sich bisweilen seine Kleidung mit Sicherheitsnadeln direkt an die Haut.

Trotz dieser körperlichen Einschränkungen erreichte er ein Alter von 73 Jahren. Im Winter 1920 wurde er halb erfroren aufgefunden und nach Neustadt an der Donau ins Krankenhaus gebracht. Dort verstarb er und wurde dort begraben.

Zudem wird erzählt, dass man nach seinem Tod einen in seine Kleidung eingenähten großen Geldbetrag fand. Das Standbild am Wöhrdplatz zeigt ihn mit einem Korb über dem Arm. Das Buch der versteckten Denkmäler ist in der Reihe „Kelheimer Museumshefte“ erschienen und ist erhältlich im Archäologischen Museum Kelheim (oder im Onlineshop) für 9,50 Euro.