Handwerk
Fliesenleger will keine Problemkunden

Michael Schmiedl arbeitet nicht für Audi- und Siemens-Ingenieure, weil ihm die zu pingelig sind. Im Netz wird diskutiert.

14.01.2019 | Stand 16.09.2023, 5:55 Uhr

Fliesenleger Michael Schmiedl führt seit 2006 den Betrieb „Altmühltaler Fliesenverlegung“ in Riedenburg. Für gewisse Personengruppen will er seit 2016 nicht mehr arbeiten. Foto: Kosche

Michael Schmiedl hat keine Lust auf besserwisserische Kunden. Der Fliesenleger aus Riedenburg braucht keine Auftraggeber, die an allem rummäkeln, die pedantisch sind und pingelig, die klagen, wenn eine Badewanne am Ende zwei Liter Wasser zu wenig fasst, und die dann auch noch angemahnt werden müssen, damit endlich der Lohn überwiesen wird. All das erlebte er aber bei seinen Audi- und Siemens-Ingenieurs-Kunden immer wieder, „sie alle hatten so eine bestimmte hochnäsige Arroganz“. Schmiedl hatte genug und zog Konsequenzen. Im Netz werden die gerade viel beachtet.

Aber der Reihe nach: 2006 hat sich Schmiedl mit seinem Betrieb im Landkreis Kelheim selbstständig gemacht. Jahrelang nahm er mit seinen Mitarbeitern alle Aufträge für den Neubau und die Sanierung von Bädern, Balkonen und Terrassen an, die er zeitlich schaffen konnte. Er sammelte Erfahrungen und mochte die einen Kunden lieber und die anderen nicht so gern. Eine Personengruppe aber fiel dem Fliesenleger immer wieder negativ auf, weil sie seinen Erfahrungen nach dauernd unzufrieden mit erbrachten Leistungen war, wenig Zahlungsmoral und einen Hang zu Rechtsklagen hatte. Also fasste er einen Entschluss und veröffentlichte im Herbst 2016 auf seiner Webseite einen Ausschluss mit der Überschrift „...nicht mehr für Besserwisser“ und konkretisierte darunter: „Wir arbeiten nicht mehr für Ingenieure, Doktoranden und Professoren der Firmen Audi und Siemens.“ Wer zu diesen Personengruppen gehöre, solle sich und Schmiedl bitte die Anfrage ersparen.

„Und dann haben sie oft noch jede Fuge einzeln nachgemessen.“Michael Schmiedl über Kunden, für die er nicht mehr arbeiten will

Schmiedl kann eine Reihe von Geschichten erzählen, die erklären, wieso er sich zu diesem Schritt entschlossen hat. Eine Geschichte handelt von einer Badewanne, die 200 Liter Wasser fassen sollte und am Ende nur 198 Liter fasste. „Wegen diesen zwei Litern, die da gefehlt haben, hat der die Badewanne wieder rausgerissen“, erzählt Schmiedl und klingt, als könne er Jahre später immer noch nicht fassen, dass das wirklich passiert ist. Dazu kommt, so Schmiedl, dass Kunden aus den Personengruppen, für die er nicht mehr arbeitet, den Handwerkern dauernd erzählen wollen, wie sie ihren Job zu machen hätten. „Und dann haben sie oft noch jede Fuge einzeln nachgemessen.“ Für Schmiedl Grund genug, auf die Problemkunden zu verzichten. Er ging sogar soweit, dass er sich von seinen Kunden mit Unterschrift versichern ließ, dass sie nicht den ausgeschlossenen Personengruppen angehören.

Ausschluss schlägt Wellen

Auf seiner Webseite stand der Ausschluss schon lange, jetzt ist er in aller Munde. In sozialen Medien wird über das Verhalten des Fliesenlegers diskutiert und reihenweise Medienvertreter wollen mit ihm sprechen. Wie es dazu kam, kann der 36-Jährige nur grob rekonstruieren: Im Dezember berichtete ihm ein Freund, dass bei WhatsApp in der Audi-Nachtschicht-Gruppe ein Screenshot seiner Webseite die Runde mache. Ein paar Tage später erfuhr Schmiedl, dass der Screenshot nun in Münchner Gruppen unterwegs sei. Kurz darauf habe der erste Journalist angefragt. Er habe eigentlich nicht mit Journalisten über den Ausschluss sprechen wollen, aber er habe lieber mit ihnen kooperiert, als sie gegen sich zu haben, sagt der 36-Jährige. Von da an verbreitete sich die Nachricht genauso schnell, wie ein Bauwerk aus Dominosteinchen umfällt, wenn man erstmal den ersten Stein umgestoßen hat.

Wenn so viel geschrieben wird, bleiben die Reaktionen nicht aus. Mit dem Lesen der vielen Mails, die Schmiedl in den letzten Tagen erreicht haben, komme er schon gar nicht mehr nach. „Es sind schon über 3000 Mails gekommen. Ich werde auch jede E-Mail beantworten“, verspricht Schmiedl. Wann er das schaffe, könne er aber noch nicht sagen, da er ja auch noch arbeiten müsse und gerade sehr viele Aufträge habe.

„Ich komme mir fast vor wie der Audi-Psychiater – und das meine ich nicht im Scherz.“Michael Schmiedl

Das Feedback, dass Schmiedl bekommt, sei zu 98 Prozent positiv, sagt er selbst. Wenn man sich in den sozialen Medien und in den Kommentarbereichen unter Artikeln umschaut, bekommt man den gleichen Eindruck. Es scheint, als hätte Schmiedl einen Nerv getroffen. Zahlreiche Handwerker berichten von ähnlichen Kunden und es findet eine rege Diskussion darüber statt, welche Personengruppen denn nun besonders empfehlenswert seien und welche besonders furchtbar.

Man findet im Netz natürlich auch negatives Feedback – wie dieses aus einer Facebook-Gruppe: „Die Dreistigkeit, ganze Berufsstände zu diskreditieren, muss man erst haben. Kunden aufgrund des Berufs auszugrenzen, ist ja fast schon kriminell.“ Es überwiegen aber Reaktionen wie diese: „Ich feiere Sie echt!“, oder: „Sie sind ein Mann mit Rückgrat.“ Besonders viele Zuschriften bekomme er von Audi--Mitarbeitern, erzählt der 36-Jährige. „Ich komme mir fast vor wie der Audi-Psychiater – und das meine ich nicht im Scherz.“ Auch Ingenieure der Firmen kontaktierten ihn, manche, um ihn davon zu überzeugen, dass sie gar nicht alle so schlimm seien. „Einer stand bei mir vor der Tür und hat gesagt, dass er gar keinen Fliesenleger braucht, aber mich wählen würde, wenn er mal einen braucht, um mich zu überzeugen, dass es auch andere Audi-Ingenieure gibt.“

Rechtlich völlig okay

Aus rechtlicher Sicht kann Schmiedls Vorgehen übrigens nicht bemängelt werden. Hans Schmidt, der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handelskammer Niederbayern/Oberpfalz, erklärt, dass für das Handwerk die Vertragsfreiheit gelte. „Jeder Betrieb kann sich aussuchen, mit wem er Geschäfte machen will, genauso wie jeder Kunde frei wählen kann, welchen Betrieb er beauftragt.“ Gerade sei es generell so, dass es mehr Arbeit gebe, als von den Handwerksbetrieben geleistet werden könne. Die Betriebe müssten daher priorisieren. „Und dann muss jeder Handwerker selbst festlegen, ob es die richtige Strategie für das Unternehmen ist, bestimmte Personengruppen komplett auszuschließen.“

Schmiedl ist sich bewusst, dass die Auftragslage im Handwerk momentan besonders gut ist und wieder schlechtere Zeiten kommen werden. Angst hat er davor nicht: „Ich bin mir sicher, dass ich nie darauf angewiesen sein werde, Aufträge von Audi- und Siemens-Ingenieuren anzunehmen.“ Er könne sich mittlerweile aber vorstellen, doch wieder für die momentan ausgeschlossenen Personengruppen zu arbeiten. „Einige Mitarbeiter der Unternehmen haben mir geschrieben und wollen auch mit mir sprechen.“ Von Unternehmensseite gebe es bisher noch keine offiziellen Anfragen. „Wenn die aber kommen, bin ich bereit, mich mit Audi und Siemens zusammenzusetzen.“

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