Denkmalschutz
Für den Zachhof naht die Rettung

Das „Juwel bäuerlicher Kultur“ in Niederleierndorf wird jetzt fachgerecht restauriert: technisch und finanziell ein Kraftakt.

25.09.2019 | Stand 16.09.2023, 5:19 Uhr

Der historische Zachhof wird jetzt fachgerecht restauriert. Den Spatenstich übernahmen (von links) Bauingenieur Stefan Lerzer, Bezirksrätin Hannelore Langwieser, Bürgermeister Herbert Blascheck, die Zachhof-Retter Alfred Ulrich und Dr. Maria-Luise Götz sowie Landrat Martin Neumeyer. Fotos: Hutzler

Die Heilige Ottilia hat sozusagen geholfen: Auf dem Heimweg vom Fest in Hellring hatten sich Dr. Maria-Luise Götz und Alfred Ulrich verfahren – und entdeckten in Niederleierndorf den Zachhof. Heute, fast exakt drei Jahre später, kann das Regensburger Ehepaar endlich loslegen und die über 400 Jahre alte, denkmalgeschützte Hofstelle fachgerecht sanieren. Am Wochenende war Spatenstich für das Zwei-Millionen-Projekt, das dann auch für die Öffentlichkeit erlebbar und sogar bewohnbar wird.

Denn in dem dem Ensemble aus restauriertem Haupthaus und einem neu errichteten Nebengebäude werden sich die Bauherren nicht nur selbst eine Wohnung einrichten. Es sind auch Ferienwohnungen geplant, ein Hofcafé und sogar ein kleines Museum.

Ein Wunder ist ja allein schon, dass der Hof nicht längst plattgemacht wurde. Was der Laie eher als „altes G’raffl“ einordnet, entzückt die Fachleute. Sie haben herausgefunden: Das Gebäude, ein so genanntes „Blockbohlen-Haus“, ist 1596 erbaut worden. Das verrieten die Jahresringe des verwendeten des Bauholzes. Denn Dachboden und Obergeschoss sind nämlich nahezu unverändert aus ihrer Entstehungszeit erhalten!

Noch länger zurückverfolgen, nämlich bis 1393, lässt sich die Eigentümerliste des Hofes. Insgesamt nur vier verschiedenen Familien gehörte über die Jahrhunderte hinweg der Hof. Aktuell ist es die Niederleierndorfer Familie Birkmeier. Dass sie im denkmal-begeisterten Ehepaar Götz/Ulrich neue „Besitzer auf Zeit“ fand, sehen beide Seiten als Ideallösung an.

Sorge: Lösung:
„Ich bin in dem Haus groß geworden: Abreißen, das hätt’ ich nie übers Herz gebracht“, erzählt Stefan Birkmeier (vorne rechts), und auch ein Verkauf kam für ihn nicht in Frage. Umso mehr hat ihn und die ganze Familie die Frage umgetrieben: Was tun mit dem Erbe seines Onkels Josef? Der lebte in dem historischen Gebäude und starb dort auch, im Jahr 2010.Warum nicht einfach Erbpacht statt Kauf? Das erwies sich als goldener Mittelweg für Familie Birkmeiers einerseits, für Dr. Maria-Luise Götz und Alfred Ulrich andererseits. Das kinderlose Paar weiß mit dieser Lösung das Haus auch für die Zukunft in guten Händen, dann wieder bei den Birkmeiers.

Und auch die Dorfgemeinschaft ist offenkundig angetan von der Vision, dass der wohl älteste original erhaltene Bauernhof im Landkreis nicht nur restauriert wird, sondern auch eine neue Nutzung erhält. Jedenfalls packten für den Spatenstich samt gemütlicher Baustellenfeier viele helfende Hände an. Bis hin zu Karin Reichl, Schwester von Baggerfirmen-Chef Fischer, die noch bis kurz vor Festbeginn mit dem Bagger am Hofgelände werkelte…

Beim Festakt dankte Bürgermeister Herbert Blascheck den Bauherrn für ihren Mut, mit hohem Aufwand „die Geschichte und Geschichten des Zachhofs wieder lebendig werden zu lassen“. Im digitalen Zeitalter sei es wichtiger denn je, historische Bausubstanz zu erhalten. Seinem Wunsch „Alles Gute fürs Projekt“ schlossen sich Landrat Martin Neumeyer und Bezirksrätin Hannelore Langwieser an.

Für die Umsetzung dieses guten Wunsches ist vor allem auch Stefan Lerzer zuständig. Der Neumarkter Bauingenieur leitet die Restaurierungsarbeiten, die von Fachleuten für Archäologie, Bauforschung und Restauration begleitet werden. Ihnen allen und dem Ehepaar Götz und Ulrich steht eine Gratwanderung bevor: bestmöglicher Erhalt historischer Substanz einerseits; zeitgemäßer Wohn- und Nutzungsstandard andererseits – und das alles möglichst bis 2021 vollendet, ohne dass es bis dahin zur Kostenexplosion kommt.

Denn die Finanzierung werde ein Kraftakt, betont Maria-Luise Götz: Stattlich, nämlich rund 50-prozentig, ist zwar die Förderung: Die Zusage vom Bayerische Entschädigungsfonds als einem Haupt-Geldgeber ist mittlerweile in greifbare Nähe gerückt; schon lange „in trockenen Tüchern“ ist die Kelheimer Förderzusage über das EU-Programm Leader; das Amt für Ländliche Entwicklung hilft kräftig; bei weiteren potenziellen Geldgebern laufen noch Anträge. Aber die andere Hälfte der Kosten von rund zwei Millionen Euro müssen die neuen Erbpächter selbst stemmen – sei es finanziell oder durch Eigenleistung auf der Baustelle. Das werde für sie und ihren Mann eine riesen Herausforderung, blickt Maria-Luise Götz voraus. Das spätere Nutzungskonzept beinhaltet daher durchaus auch den Aspekt Refinanzierung.

Offen für die Allgemeinheit

So sind im vorgelagerten Nebengebäude, das neu errichtet wird, Ferienwohnungen vorgesehen. Aber auch das historische Gebäude wird zu einem Großteil künftig öffentlich sein: Im Erdgeschoss entsteht ein Dorfcafé mit kleiner Küche und WC. Fest entschlossen sind Götz und Ulrich, im Obergeschoss nicht nur für sich selbst eine Wohnung einzurichten, sondern – mit einer Glaswand abgetrennt – auch ein kleines Museum.

Einen würdigen Platz soll darin dann auch ein besonders Aufsehen erregender Fund erhalten, der den Bauherrn aus einem Fehlboden herab im Wortsinne vor die Füße fiel: eine mumifizierte Katze. Dem (mutmaßlich schon toten) Tier waren Getreideähren ins Maul gelegt worden, weshalb Maria Götz überzeugt ist: „Das ist eine Opferkatze!“: Solche „Bauopfer“ wurden einst in ein neues Gebäude mit eingemauert; sie sollten Unglück, Geister und Hexen abwehren.

Nicht nur solche Details sind es, die den Zachhof für das Regensburger Ehepaar so besonders machen. „An diesem Hof lässt sich die Geschichte des ganzen Landes ablesen“, schwärmt Maria-Luise Götz: Er sah den Dreißigjährigen Krieg wüten, er sah Napoleon vorbei in die Schlacht von Eggmühl ziehen.

Und zuletzt, im 20. Jahrhundert, mussten die Besitzer einen Teil ihres Waldes abtreten, damit die Nazis 1937 die „Luftmunitionsanstalt“ bauen konnten, die spätere Muna. Kein Wunder, dass der Zachhof im „Leader“-Förderantrag als „geschichtsträchtiges Juwel der bäuerlichen Kultur“ gewürdigt ist.