Kontrolle
Ämter „im Verfolgungsrausch“

Landwirt Christian Rehm droht ein Zwangsgeld. Gegen seine Hanfprodukte wurde ein Verkaufsverbot verhängt.

06.08.2020 | Stand 16.09.2023, 4:57 Uhr
Die Trocknungsanlagen sind leer: „Wir sind ruiniert“, sagt Landwirt Christian Rehm, der den Hof in neunter Generation bewirtschaftet. −Foto: Josef König/Josef König

Der Beamte der Lebensmittelüberwachung hatte keine Lust auf eine Tasse Hanftee: „Drogen“, so lautete sein vorschnelles Urteil, das er hinter einem Erzeugnis aus oberbayerischen Feldern in Altmannstein (Lkr. Eichstätt) vermutete. Mit dem Verkauf an Privatleute ist es vorerst vorbei.

„Wir haben eine erlaubte EU-zertifizierte Hanfsorte angebaut. Das Verkaufsverbot ruiniert uns“, sagt Landwirt Christian Rehm (46), der seinen Hof in neunter Generation bewirtschaftet. Zwölf Kilogramm verpackter Tee und 200 Kilogramm Rohware dürfen nicht mehr an private Genießer aus der Region verkauft werden, berichtet das Pressebüro König.

Als die Welt noch in Ordnung war

Bisher war für die Rehms die Welt auf ihrem Hof im Laimerstadt, einem Ortsteil des Marktes Altmannstein, noch in Ordnung. Ein schmucker Hof zwischen Hopfen, Weizenfeldern und einem weiteren grünen Rohstoff. Seit Agraringenieur Christian Rehm sich einer nachhaltigen Pflanze widmet, haben die Behörden ein Auge auf ihn.

Auf rund acht Hektar baut Rehm die EU-zertifizierte Hanf-Sorte Earlina 8FC an. Mehr als 100 000 Euro hat der Betrieb in den neuen Geschäftszweig investiert. Erntemaschinen hat der Agraringenieur umgebaut, Trocknungsanlagen und Maschinen zur Trennung von Blättern und Stängeln konstruiert. Sogar bei Hildegard von Bingen hat er nachgelesen, was es braucht, um Qualitätstee herzustellen. Rehm hat sich vom Landwirtschaftsamt beraten lassen, um rechtlich immer auf der sicheren Seite sein, wie er betont. „Wir verstehen die Welt nicht mehr. Wir werden zu Drogenanbauern abgestempelt“, sagt Seniorchef Franz Rehm (70).

Seit dem 22. Juli haben die Landwirte den Glauben an die Gerechtigkeit verloren: Ein Beamter der Lebensmittelüberwachung („Ich bin das Gesetz“) am Landratsamt Eichstätt erklärt ihnen, dass sie ab sofort bei einer Androhung von 1000 Euro Strafe ihren Hanftee nicht mehr „in den Verkehr bringen“ dürfen, wie das Verkaufsverbot im Beamtendeutsch heißt. „Das kann nicht sein“, sagt Christian Rehm und schickt die Probe an sein Labor. Das Ergebnis zeigt 0,02149 Prozent des psychoaktiven Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC). Der Grenzwert für bearbeitete Lebensmittel beträgt 0,05 Prozent, bestätigt Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern (CVB) und Betreiber von acht Einzelhandelsfilialen mit Hanfprodukten, vor Ort.

„Besondere Gangart in Bayern“

„In Bayern herrscht eine besondere Gangart gegen alles, was mit Hanf zu tun hat“, stellt Cerveny immer mehr fest. Der Landwirt habe rechtlich nichts verkehrt gemacht, alle Auflagen erfüllt. Das EU-zertifizierte Saatgut mit einem geringen Anteil des rauscherzeugenden (THC) von 0,2 Prozent sei erlaubt. Wenzel Cerveny sieht die Reaktion der Behörde als Schikane. „Schlimm ist, dass es zu Kettenreaktionen führt. Die Behörden von der Lebensüberwachung bis zu den Staatsanwaltschaften steigern sich in einen Verfolgungsrausch.“ Der Eichstätter Landrat Alexander Anetsberger (CSU) hat den Vorfall zur „Chefsache“ gemacht, erklärte er am Hof der Rehms.

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