Zusammenhalt
An einem Tisch mit den Ukrainern

06.06.2022 | Stand 15.09.2023, 4:57 Uhr
Die ukrainisch −Foto: n Flüchtlinge und die Riedenburger Helfer treffen sich alle vier Wochen am Donnerstag zum Austausch im Krieger-Biergarten. Foto: Ehrlich

Die Flüchtlinge aus der Ukraine werden in Riedenburg mit einem hohen Maß an Hilfsbereitschaft empfangen.Stand Montag leben 34 Personen aus dem vom Krieg gezeichneten Land in der Dreiburgenstadt, darunter sind 15 Kinder. Die Hilfe für diese Menschen wird vom Netzwerk Ukraine organisiert, das sich aus Mitgliedern des Unterstützerkreises Asyl und der örtlichen Nachbarschaftshilfe zusammensetzt. Unsere Zeitung sprach mit der SPD-Stadträtin Felicitas Wollschläger und der früheren Stadträtin Maria Kaffl-Höng, von denen die Aktion organisiert wird. „Die Leute sind unendlich dankbar für unsere unbürokratische Hilfe“, berichtet Wollschläger.

Die Ukrainer sind teilweise unentgeltlich in Wohnungen und Häusern von Privatleuten sowie im früheren Hotel Rabenstein untergebracht. Letzteres wurde vom Kelheimer Landratsamt angemietet. In der Gemeinschaftsunterkunft im früheren Landratsamt wohnen derzeit keine ukrainischen Flüchtlinge.

Es kommen überwiegend Frauen und Kinder an, es sind aber auch wenige Männer darunter. Bekanntlich dürfen wehrfähige Männer im Alter von bis zu 60 Jahren den von Russland angegriffenen Staat derzeit nicht verlassen. Die Menschen stammen unter anderem aus Odessa, Kiew und Mariupol, Städtenamen denen man derzeit fast täglich in den Medien begegnet. Viele der Menschen seien traumatisiert, hätten unter anderem Raketenangriffe miterlebt, berichten die beiden Frauen vom Netzwerk Ukraine.

Heimat überstürzt verlassen

Die Menschen, die Riedenburg erreichen, haben so gut wie nichts dabei. Sie mussten ihre Wohnungen und Häuser überstürzt verlassen, konnten so gut wie nichts mitnehmen. Zunächst kommt es nach Angaben der beiden Helferinnen darauf an, ihnen Nahrungsmittel zu geben. Dazu leiste die Caritas in Kelheim einen wichtigen Beitrag. Für eine kostenlose Erstausstattung sorge dann das örtliche BRK-Kleiderladl. „Die Spendenbereitschaft ist unwahrscheinlich hoch“, berichtet Wollschläger. Es würden auch viele Möbel, Geschirr und andere Gerätschaften bis hin zu Kinderfahrrädern abgegeben. Wollschläger betont, dass alle Waren unbedingt an das Kleiderladl gespendet werden sollten. Dort würden die Gegenstände sortiert und dann organisiert verteilt.

Für Maria Kaffl-Höng ist es bereits die zweite Flüchtlingswelle, mit der sie konfrontiert wird. Sie erinnert sich daran, dass in Riedenburg bereits ab dem November 2012 in der ehemaligen Managerschule erste Asylsuchende aufgenommen worden seien. „Wir haben da Pionierarbeit geleistet“, sagt sie. Im Jahr 2015 seien dann die vielen Flüchtlinge aus dem Mittelmeerraum eingetroffen, die meisten waren junge Männer. Nun würden überwiegend Frauen und Kinder aus der Ukraine kommen und die Hilfsbereitschaft sei größer als im Jahr 2015. Als entscheidenden Vorteil sieht Kaffl-Höng, dass die Ukrainer das deutsche Asylverfahren nicht durchlaufen müssen. Das erleichtere die Arbeit der Helfer. Dennoch müsse auch diesmal ein Wust an Bürokratie bewältigt werden.

Nach Kaffl-Höngs bisherigen Erfahrungen kommen die ukrainischen Flüchtlinge überwiegend aus Großstädten und hätten einen beruflichen Hintergrund. Das erleichtere die Integration. Sie stünden den Deutschen sozio-kulturell näher als die muslimischen Flüchtlinge. „Allerdings sind die sprachlichen Hürden hoch.“ Zwar hätten einige Schüler sogar Deutsch-Unterricht gehabt und viele würden Englisch sprechen. Zudem würden in Riedenburg ukrainisch-stämmige Bürger leben, die Dolmetscher-Dienste leisteten. Der pensionierte Lehrer Engelbert Huber gebe ehrenamtlich Deutsch-Unterricht. Es würden Yoga-Stunden für Frauen sowie von den Sportvereinen Schach, Fußball, Tischtennis und Volleyball für die Kinder angeboten. In der Grund- und Mittelschule gebe es zusätzlich die Nachmittagsbetreuung.

„Für die Menschen kam der Krieg über Nacht. Deshalb ist es sehr wichtig, ihnen am Anfang Ruhe und Struktur zu geben.“ Anders als die früher betreuten Afghanen, Syrer und Afrikaner seien die Ukrainer nicht jahrelang auf der Flucht gewesen. Doch natürlich treibe die Frauen und Kinder die Sorge um ihre Männer, Söhne und Väter um, die in der Ukraine bleiben mussten.

Mehr ukrainische Schüler

Da in Deutschland Pflichtunterricht herrscht, geht Kaffl-Höng davon aus, dass die Zahl der ukrainischen Schüler steigen wird. Allerdings gebe es bereits jetzt zu wenig Lehrer. Bei den Erwachsenen müsse man versuchen, sie in Arbeit zu bringen. Da der Krieg in der Ukraine kein Ende zu nehmen scheint, gehen die Riedenburger Helfer davon aus, dass die Flüchtlinge länger hierbleiben werden.

Das Riedenburger Netzwerk Ukraine hält an jedem ersten Donnerstag eines Monats ein Treffen im Krieger-Biergarten ab. Es beginnt um 17 Uhr. Die Zusammenkunft dient dem Austausch zwischen den Ukrainern und zwischen Flüchtlingen und Helfern.