Natur
Der Blühwiesen-Plan geht auf

Dutzende wollen bei den Sedlmayers in Rohr Pate werden für ein Stück Bienenweide. Andernorts gibt es schon Erfahrungen damit.

18.03.2019 | Stand 16.09.2023, 5:49 Uhr
Blumenpflücken auf die Wiese? Vielerorts kaum mehr vorstellbar. In Rohr soll nun eine Blühwiese entstehen. Foto: Hildenbrand / dpa −Foto: picture alliance / dpa

„Basst scho!“, antwortet Andreas Sedlmayer auf die Frage, wie seine Suche nach Blumenpaten läuft: Fast 50 Interessenten haben sich bei dem Rohrer Landwirt gemeldet: Sie wollen auf einem seiner Äcker für die nächsten zwei Jahre eine Blühwiese mit-“sponsern“. „Ich hätt’ nicht gedacht, dass so viele anrufen“, sagt er – und vor allem: von woher überall Interessierte anrufen!

Vielbeachteter Aufruf

Vor knapp vier Wochen hatte die Mittelbayerische über die Aktion des Ehepaars Sedlmayer berichtet. Deren Idee: Die vielen Bürger, die das Volksbegehren „Rettet die Bienen!“ unterschrieben haben, sollten doch auch bereit sein, selbst etwas für die Artenvielfalt zu tun – und die Umwidmung eines Ackers in eine Blumenwiese finanziell unterstützen, überlegten sich Petra und Andreas Sedlmayer.

Dafür begeisterten sich nicht nur Naturfreunde aus dem ganzen Landkreis. Auch aus Regensburg kamen Anrufe – und sogar ein Geschwisterpaar aus Berlin, mit Wurzeln in der Region, meldete sich, schildert Andreas Sedlmayer. Auch ein Imker aus Offenstetten hat sich mittlerweile gemeldet, der auf der Blühfläche Bienenkästen aufstellen will.

Fast alle potenziellen Paten sind Privatleute. Einer etwa bekundete, er radle lieber, als dass er selber gartle – künftig könne er ja zu „seiner“ Blumenwiese radeln. Großeltern, die ihrem Enkel ein Insektendorado auf Zeit schenken wollen, finden sich auf der Liste des Ursbacher Paares, und der CSU-Umweltarbeitskreis.

Spannend wird’s beim Zahlen

Gespannt ist der Nebenerwerbslandwirt, ob alle Interessenten den Worten nun Taten folgen lassen – sprich: das Geld für ihren Flächenanteil überweisen. Denn nachdem sich so viele gemeldet haben, wollen die Sedlmayers die Aktion nun tatsächlich durchzuziehen und baten nun alle, die sich schon gemeldet haben, die „Pacht“ zu überweisen. 50 Euro pro Jahr kostet die Patenschaft für 100 Quadratmeter.

Auch auf unserer Facebook-Seite (@kelheim.mz), haben viele die Aktion der Sedlmayers begrüßt – manche aber auch kritisiert. Das hat eine lebhafte Debatte unter den Usern ausgelöst:

Ein paar Teilnehmer stoßen sich daran, für die Wiese um Spenden zu bitten: Der Landwirt könnte ja „mit gutem Beispiel vorangehen und den Acker einfach so zur Blumenwiese machen“, findet etwa Robert. Wieso – der Bauer muss ja Fläche, Arbeitskraft, Maschinen und Saatgut zur Verfügung stellen, widerspricht Martin; deshalb sei die Paten-Suche „vollkommen in Ordnung“. Auch Christoph urteilt: „A super Idee“. Ginge es nach ihm, hätte jeder Volksbegehrens-Unterzeichner fünf Euro für die Bienenrettung beisteuern müssen – „ob dann dieses Volksbegehren so ausgegangen wäre“?

Lida ist unschlüssig: „Tolle Idee und schön für die Insekten“ – aber gehe mit der Blumenwiese nicht Fläche für den Tierfutter-Anbau verloren? Johanna glaubt das nicht: Kein Landwirt werde Fläche, auf der er sein Viehfutter anbaut, in eine Blühwiese umwandeln.

Erfahrung auf 12 Hektar

Die 26-Jährige muss es wissen: Johanna Kruschwitz stammt aus einer Vollerwerbs-Landwirtschaft bei Teublitz – und blickt von ihrem Zimmer auf eine „blühende Landschaft“: Satte zwölf Hektar haben die Erbauer der OpenGrid“-Erdgas-Leitung Schwandorf - Forchheim für fünf Jahre bei Familie Kruschwitz gepachtet und als Blumenwiese anlegen lassen; die OpenGrid GmbH erfüllt damit eine Naturschutz-Auflage.

Vor drei Jahren war das, und seither genießt Johanna Kruschwitz abendliche Vogelkonzerte vorm Fenster, freut sich über riesige Insektentrauben, die über den Blüten schweben. Ein Naturschutz-Fachmann für Vogelschutz habe den Artenreichtum bestätigt und selbst stark gefährdete Arten dort gefunden, erzählt die Jägerin und Naturliebhaberin am Telefon.

„Unentgeltlich geht nicht“

Wenn die Pacht in zwei Jahren ausläuft, ist damit zumindest auf dieser Fläche wohl Schluss: Zwölf Hektar unentgeltlich ungenutzt lassen, das könne sich der Betrieb nicht leisten. Die Suche nach einer Anschlussfinanzierung gestalte sich bislang schwierig, schildert Johanna; staatliche Förderprogramme seien finanziell wenig attraktiv. Über Forderungen, Bauern sollten derlei Blühflächen unentgeltlich anlegen, schüttelt die junge Frau den Kopf: Allein das Saatgut koste rund 400 Euro pro Hektar, schildert sie.

Andererseits will auch sie weiter etwas für Flora und Fauna tun. Undhat ebenfalls eine „Paten-Aktion“ gestartet, für einen anderen Acker des Hofs. Für einige tausend Quadratmeter hat sie schon Sponsoren gefunden. Die zahlen bei ihr 45 Euro für zwei Jahre pro 100 Quadratmeter. Das sei völlig ausreichend, sagt Johanna im MZ-Gespräch.

Andreas Sedlmayer aus Rohr verteidigt seinen Satz von 50 Euro jährlich. Das sei angemessen, „wenn ich mir anschaue, was ich allein jetzt schon Anrufe und E-Mails beantworten, Briefe schreiben muss“, noch bevor die Blühwiese überhaupt angelegt ist. Die wird – weil einige Interessenten mehrere „Quadranten“ sponsern – nach jetzigem Stand mindestens rund 5000 Quadratmeter groß, also fast so groß wie ein Fußballfeld.

An seiner und einer weiteren Aktion kann man sich weiterhin noch beteiligen:

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