Medizin
„Fall Dr. Lütz“ landet bei Ministern

Landräte und Abgeordnete unterstützen die Rohrer Ärztin, der von einer Prüfstelle Unwirtschaftlichkeit vorgeworfen wird.

07.01.2020 | Stand 16.09.2023, 5:04 Uhr

Kelheims Landrat Martin Neumeyer, Dr. Petra Lütz, Landshuts Landrat Peter Dreier, Rohrs Bürgermeister Andreas Rumpel (v. l.) Foto: Neumaier

In ihrem Kampf um die Wirtschaftlichkeit ihrer Allgemeinarztpraxis hat Dr. Petra Lütz aus Rohr die nächste Stufe erreicht. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn werden mit ihrem Fall direkt konfrontiert. Dafür treten die Landräte Martin Neumeyer (Landkreis Kelheim) und Peter Dreier (Landkreis Landshut) ein. Das ist das Ergebnis eines runden Tischs in Rohr.

Dr. Petra Lütz wird von der Prüfungsstelle Ärzte Bayern vorgeworfen, sie habe zu viele Hausbesuche absolviert, arbeite unwirtschaftlich. Mehr als die Hälfte der Hausbesuche wurden nicht anerkannt. Deshalb müsse sie für das Quartal 3/2017 mehrere Tausend Euro Honorar zurückerstatten. Für die Folgequartale droht Selbiges. Das hat die Rohrer Ärztin nicht hingenommen – weil bei Prüfungen in den Jahren zuvor bei gleichem Arbeitsaufkommen immer Wirtschaftlichkeit attestiert wurde – und zog vor den Beschwerdeausschuss. Ein Ergebnis wurde ihr bisher nicht mitgeteilt, die Prüfugnstelle habe für die Antwort fünf Monate Zeit, sagt Lütz.

Für die Rohrer Ärztin eine „nicht hinnehmbare Situation. Wass soll ich tun? Weiter Hausbesuche fahren, ohne zu wissen, ob ich sie bezahlt bekomme oder meine Visiten auf Kosten der Patietenen auf ein Minimum reduzieren? Das kann es nicht sein.“

Lösungsansatz entwickeln

Deshalb rief Dr. Lütz die Politik um Hilfe an. Am Dienstag, 8. Januar 2020, lud Rohrs Bürgermeister Andreas Rumpel deshalb zu einem runden Tisch nach Rohr ins Seniorenheim Haus Asam ein. „Es ging darum die Mandatsträger aus erster Hand zu informieren und gleichzeitig einen Lösungsansatz zu entwickeln, wie wir aus der Kommunalpolitik heraus unterstützend eingreifen können“, sagte Rumpel.

„Der Vortrag von Frau Dr. Lütz war sehr aufschlussreich“, sagte Landrat Martin Neumeyer. „Mir war die Problematik bisher nicht so bewusst, aber was nicht sein kann ist, dass ihre Arbeitsweise bis Mitte 2017 als medizinisch notwendig angesehen und wirtschaftlich anerkannt war und das plötzlich nicht mehr so sein soll. Bei gleicher Gesetzeslage.“ Die Gesetzeslage stand im Zentrum der Diskussion in Rohr. Laut Rumpel stehe „die Gesetzgebung der Arbeit von Frau Dr. Lütz im Weg, biete aber dennoch einen erheblichen Ermessensspielraum, der meines Erachtens nicht ausgeschöpft wird“. Im Rahmen dieses Ermessensspielraums könnten bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung vor allem sogenannte Praxisbesonderheiten berücksichtigt werden. Bei Dr. Lütz liegt diese darin, dass sie rund 170 Seniroenheimbewohner versorgt - „mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Palliativpatienten“, sagt sie.

Brandbrief an Gesundheitsminister

Diese Praxisbesonderheit hatte Dr. Lütz - zusammen mit der Schilderung ihres Falles - in einem Brandbrief an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml beschrieben. Beide reagierten. Huml habe „als übergeordnete Behörde um Rechtsauskunft der Prüfungstelle gebeten“ und Spahn äußerte sich, „dass es eine Novellierung des Gesetzes hinsichtlich der Praxisbesonderheit in Zusammenhang mit Hausbesuchen gebe“, sagt Lütz. Martin Neumeyer hakt hier ein: „Wenn Herr Spahn mitteilt, dass das Problem bundespolitisch erkannt und in die Gesetzgebung eingeflossen ist ist, steht die Frage im Raum, warum es nicht umgesetzt wird.“ Die Gründe dafür wolle man „im direkten Gespräch mit Jens Spahn und Melanie Huml eruieren“, beschrieb Neumeyer den nächsten Schritt in der Causa Lütz. Zudem wolle er Ministerpräsident Dr. Markus Söder den Fall vortragen.

Kosten eingespart, nicht verursacht

„Es geht darum, gemeinsam anzuschieben“, sagt Landshuts Landrat Peter Dreier. „Der Fall von Dr. Petra Lütz hat Leuchtturm-Charakter. Sie hat sich getraut aufzustehen. Wir müssen den Fehler im System finden und angreifen. Denn die Arbeit, die sie leistet, belastet das Gesundheitssystem nicht, es entlastet das Gesundheitssystem. Sie verhindert - so versicherten es uns die Heimleitungen - Krankenhausaufenthalte der Bewohner.“ Damit erspare sie den Krankenkassen deutlich höhere Kosten und helfe zudem, die überlasteten Krankenhäuser zu entlasten. „Ihr geht es nicht um monetäre Vorteile, sie stellt den Menschen und dessen Gesundheit in den Mittelpunkt“, sagte Dreier.

Die breite Unterstützung und Wertschätzung lässt Dr. Petra Lütz „wieder mit einem besseren Gefühl meine Arbeit machen. Es ist etwas in Bewegung“. Sie hoffe, dass sich daraus eine „klare Handlungsanweisung für mich und andere Landärzte ergibt. denn ansonsten arbeiten wir in ständiger Unsicherheit“.

MdB Nicole Bauer, MdL Ruth Müller, MdL Rosi Steinberger, die Landräte Martin Neumeyer und Peter Dreier sowie Rottenburgs Bürgermeister Alfred Holzner waren zum runden Tisch gekommen und lauschten den Schilderungen der Ärztin und auch den Heim- und Pflegeleitungen der betroffenen Altenheime in Rohr und Pattendorf. MdL Dr. Hubert Faltermeier, MdL Petra Högl sowie MdB Florian Oßner mussten terminbedingt absagen.