Handel
Verfahren gegen Hanftee wird eingestellt

Landwirt Christian Rehm hat eine EU-zertifizierte Hanfsorte zur Teeproduktion angebaut. Dafür wurde er vor Gericht gebracht.

27.09.2021 | Stand 16.09.2023, 0:22 Uhr
"Die extra konstruierten Trocknungsanlagen blieben ein Jahr lang leer", sagt Landwirt Christian Rehm, der den Hof in neunter Generation bewirtschaftet. −Foto: Josef König

Happy End nach peinlicher Behördenposse um harmlosen Hanftee. Das Landratsamt Eichstätt und die Staatsanwaltschaft Ingolstadt haben das Verfahren eingestellt. „Die Lebensmittelüberwachung hat mir den Mist eingebrockt“, sagt Landwirt und Agraringenieur Christian Rehm aus dem oberbayerischen Altmannstein. Jetzt darf er den grünen Rohstoff wieder abpacken und verkaufen. Nach 13 Monaten kam am Freitag, 17. September, die erlösende Nachricht, der Verfolgungsrausch ist verflogen. Das Verfahren ist eingestellt, das Verkaufsverbot ist aufgehoben. 14 Tage vorher hatte die Staatsanwaltschaft Ingolstadt die Ermittlungen eingestellt. „Das vorliegende Material bietet keinen Raum für weitere Ermittlungen“, hatte ein behördlicher Toxikologe festgestellt. Ein Missbrauch des Tees zu Rauschzwecken sei ausgeschlossen. „Warum haben die selbsternannten Götter nicht eher einen Fachmann befragt“, schüttelt Christian Rehm immer noch den Kopf.

Ein Beamter der Lebensmittelüberwachung am Landratsamt Eichstätt hatte den Stein im August 2020 ins Rollen gebracht: „Drogen“, so lautete sein vorschnelles Urteil. Er verhängte per E-Mail mit Zwangsgeldandrohung ein sofortiges Verbot des Verkaufs und des „in den Verkehr bringen“ des gesunden Blütentees an private Teegenießer. 14 Tage später nahm das Landratsamt Proben des Tees. Erst im März 2021 kamen Polizei und Staatsanwaltschaft Ingolstadt, um alle anderen Hanfprodukte zu beschlagnahmen. Seither hat der Landwirt den Glauben an die Gerechtigkeit verloren: „Wir haben eine erlaubte EU-zertifizierte Hanfsorte angebaut“, sagt der Agraringenieur, der seinen Hof in neunter Generation bewirtschaftet. Ein schmucker Hof zwischen Hopfen, Weizenfeldern und einem weiteren grünen Rohstoff, der bei den Behörden einen Verfolgungsrausch auslöste. Auf rund acht Hektar hatte er EU-zertifizierte Hanf-Sorte Earlina 8FC angebaut.

Über 100.000 Euro hat der Betrieb in den neuen Geschäftszweig investiert. Erntemaschinen hat der Agraringenieur umgebaut, Trocknungsanlagen und Maschinen zur Trennung von Blättern und Stängel konstruiert. Sogar bei Hildegard von Bingen hat er nachgelesen, was es braucht, um Qualitätstee herzustellen. Rehm hat sich vom Landwirtschaftsamt beraten lassen, um rechtlich immer auf der sicheren Seite sein, wie er betont. „Wir verstehen die Welt nicht mehr. Wir wurden zu Drogenanbauern abgestempelt“, sagte Seniorchef Franz Rehm. Das kann nicht sein, sagte sich der Hanfbauer und schickte eine Probe an sein Labor. Das Ergebnis zeigt 0,02149 Prozent des psychoaktiven Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol. Der THC-Grenzwert für bearbeitete Lebensmitteln beträgt 0,05 Prozent, wie Wenzel Cerveny, Vorsitzender des Cannabis Verbandes Bayern und Betreiber von 15 Einzelhandelsfilialen mit Hanfprodukten, bei einem Besuch vor Ort bestätigte. Behörden steigern sich in Verfolgungsrausch. „In Bayern herrscht eine besondere Gangart gegen alles, was mit Hanf zu tun hat“, stellt Cerveny in letzter Zeit immer mehr fest.

Der Landwirt habe rechtlich nichts verkehrt gemacht, alle Auflagen erfüllt. Das EU-zertifizierte Saatgut mit einem geringen Anteil des rausch erzeugenden THC von 0,2 Prozent sei erlaubt. Wenzel Cerveny sieht die Reaktion der Behörde als Hexenjagd. Rehm überlegt, die Behörden auf Schadensersatz zu verklagen. Inzwischen hat Manfred Schmidmeier vom Büro des Landrats Alexander Anetsberger bestätigt, dass das Landratsamt Eichstätt das Hanftee-Verkaufsverbot aufgehoben hat. Grundlage sei die Entscheidung der Staatsanwaltschaft gewesen, „einen Tatnachweis nicht mit der für die Erhebung einer öffentlichen Klage erforderlichen Sicherheit führen zu können“. Aufgrund der ministeriellen Vorgaben sei die Lebensmittelüberwachung grundsätzlich gehalten, „Erzeugnisse und Produkte aus lediglich getrockneten und zerkleinerten Nutzhanfpflanzen im Rahmen des Betäubungsmittelrechts kritisch zu betrachten, da im Falle der Abgabe an den Endverbraucher ein Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen werden kann“, teilte Schmidmeier mit.