Justiz
Betrug: Abzocke mit kranken Pferden

76-Jähriger wird wegen Betrugs verurteilt, das Verfahren gegen seine Ehefrau eingestellt – die Geschädigten hadern damit.

03.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:04 Uhr

Ein Ehepaar musste sich vor dem Kelheimer Amtsgericht verantworten: Sie hatten Kranke Pferde als hochwertige Sportpferde verkauft. Foto: Weigert

Wegen gewerbsmäßigen Betrugs in vier Fällen – mit erheblichen finanziellen Verlusten für die Geschädigten – musste sich ein Ehepaar aus dem Landkreis Straubing vor dem Amtsgericht Kelheim verantworten. Zwischen Mai 2013 und November 2014 hatte das Ehepaar wissentlich kranke und für Sport ungeeignete Pferde als hochwertige, teils weltmeisterschaftstaugliche Dressur- oder Springreitpferde verkauft. Zudem hatten sie unter der Vorgaukelung von Zahlungsfähigkeit – indes hatten beide schon Jahre zuvor Offenbarungseide geleistet – einen Miet- und Pachtvertrag für einen Gutshof abgeschlossen, die Miete allerdings nach einmaliger Zahlung nicht mehr entrichtet (Einzelfälle im Infokasten). Gesamtschadenshöhe: 25 800 Euro.

Angeklagte gestehen Taten

Beide räumten vor Gericht diese Tatbestände vollumfänglich ein. Wobei dem 76-Jährigen alle vier, seiner 50-jährigen Gattin lediglich zwei Fälle zur Last gelegt wurden. Letztlich wurde das Verfahren gegen die Frau gegen eine Zahlung von 1200 Euro eingestellt, der Mann wurde zu einem Jahr auf Bewährung sowie einer Zahlung von 3000 Euro verurteilt. Auf Wertersatz wurde verzichtet. Diesen „Deal“ handelten Richterin Claudia Nißl-Neumann, die Staatsanwaltschaft und die beiden Strafverteidiger des angeklagten Ehepaares in zwei Rechtsgesprächen hinter verschlossenen Türen aus.

Angeklagte wirken zufrieden

Die Angeklagten waren damit scheinbar glücklich: Zumindest fielen zwischen den beiden Wortfetzen wie „Schlau ausgehandelt“ oder „Hoch die Tassen“ – und der Verurteilte 76-Jährige versprach seiner Verteidigerin gar „eine Kiste Sekt“.

Derartige Partystimmung mochte bei den Geschädigten, die zwar als Zeugen geladen, aber aufgrund der Geständnisse nicht gehört worden waren, nicht aufkommen. So etwa beim Ehepaar Nina und Andreas Wagner aus Österreich, bei denen sich das angeklagte Ehepaar einen Pferdehof gepachtet hatte. „Dass wir nicht entschädigt werden, war uns klar“, sagte Andreas Wagner nach der Verhandlung. „Dass aber das Verfahren gegen die Angeklagte eingestellt wird, das kann nicht sein. Sie war es, die im Hintergrund die Fäden gezogen hat.“

„Wir waren naiv und gutgläubig“

Das Ehepaar aus Österreich sei „damals zu naiv und gutgläubig gewesen, als sich der Angeklagte bei uns als ausgebildeter Pferdewirtschaftsmeister und Reitlehrer vorstellte. Aber es war halt ein älterer, netter Herr – da vermutet man keinen Betrug“, sagte Nina Wagner. Nach Abschluss des Pachtvertrags zogen die Angeklagten mit 15 Pferden auf dem Hof in Österreich ein. „Und es gab weit mehr Verkäufe, als die drei hier angeklagten“, sagte Nina Wagner. „Wir haben Kontakt zu knapp zehn Geschädigten in Deutschland und Österreich, haben selbst bereits ein Verfahren gegen das Ehepaar in Österreich gewonnen und noch ein weiteres laufen. Alleine bei uns geht es um knapp 30 000 Euro Schaden aus nicht gezahlter Pacht und Miete sowie dem Kauf eines Pferdes.“

Auch ein Verpächter aus dem südlichen Landkreis Kelheim – das Ehepaar pendelte für seine Geschäfte wohl zwischen Bayern und Österreich – war „auf ähnliche Weise auf das Ehepaar hereingefallen“, sagte er nach der Verhandlung. „Auch bei mir wurde die Miete und Pacht lediglich am Anfang komplett beglichen, dann oft nur stückchenweise oder meist eben gar nicht. Dabei lief scheinbar das Geschäft. Sie zogen mit 32 Pferden in mein Objekt ein – und es wurden stetig welche verkauft.“ Unter den verkauften Pferden seien „auch welche gewesen, die ihnen gar nicht gehörten, sondern lediglich zur Pflege untergestellt waren“, sagte er.

Verträge auch per Handschlag

Schwierige Vernehmungen schilderte Kriminalhauptkommissar Günther Tomaschko, der als einziger Zeuge aussagte. „Den ermittelnden Präsidien aus Landshut, Passau und München bot sich meist ein eher verworrenes Bild. Es wirkt, als wären manche Käufer sehr naiv gewesen. Verträge wurden auch per Handschlag besiegelt, es gab teils keinerlei Unterlagen.“ Diese Praxis kennen auch die Wagners: „Es gibt wohl weit mehr Geschädigte, als bisher bekannt sind. Aber auch von den bekannten wollen viele nicht aussagen“, sagte Andreas Wagner, der anmerkte: „Dem Gericht in Kelheim waren die abgeschlossenen und laufenden Verfahren aus Österreich nicht bekannt. Dann wäre es vielleicht anders ausgegangen.“

Die Tatsache, dass beide Angeklagten bisher keinen Eintrag im Bundeszentralregister haben, war Teil der Begründung des „tat- und schuldangemessenen Urteils“ (Nißl-Neumann) sowie der Einstellung des Verfahrens. Die einjährige Haftstrafe – die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr und zwei Monate gefordert –, sei auch wegen des schlechten gesundheitlichen Zustands des Angeklagten sowie den „bereits lange zurückliegenden Taten“ zur Bewährung ausgesetzt.

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