Gillamoos
Ein Prosit der Versöhnung

„Samma wieda guad!“ – gleichzeitig Aufforderung, Bitte oder Trinkspruch. Oder auch der tiefere Sinn des Gillamoos.

05.08.2018 | Stand 16.09.2023, 5:58 Uhr

Der Kuchlbauer füllte heuer erstmals sein Gillamoosbier in Flaschen ab, Hofbräu und Ottenbräu tun das schon lange. Foto: Neumaier

Bald ist es wieder soweit. Die Vorboten der fünften Abensberger Jahreszeit klopfen mittlerweile nicht mehr nur zart an die Pforten der Babonenstadt: Es gillamooselt gewaltig.

Das erste Bierzelt steht schon auf der Gillamooswiese und Festbier gibt es auch schon seit einigen Wochen zu kaufen. Heuer erstmals auch von der Brauerei Kuchlbauer. Denn im Gegensatz zum Ottenbräu, der schon seit Jahren mindestens einen Monat vor Beginn des Jahrmarkts sein Bier in Geschäften und Gaststätten feilbietet, oder dem Hofbräu, der traditionell 14 Tage vor dem Gillamoos, sein Festbier in Flaschen an den Mann bringt, ist es für den Weißbierbrauer eine Premiere.

Das Etikett ist - kuchlbauerlike und passend zum Gillamoos - mit einem Motiv des Abensberger Künstlers Ferdinand Kieslinger verziert, doch vielmehr fällt ins Auge, was über dem farbenfrohen Bild in dicken Lettern prangt: „Samma wieda guad!“ Leonhard Salleck war es „ausgesprochen wichtig“, dass das Gillamoosbier mit dem ebenjenem Spruch geprägt wird, „denn es beschreibt den Ursprung des jahrhundertealten Jahrmarkts. Der Sinn liegt in der Versöhnungsbereitschaft“, sagt Salleck. Das werde im bayerischen Spruch „Samma wieda guad!“ sogar als „Prost- und Trinkaufforderung“ praktiziert.

König trifft Heiligen – mit Pfeil

Doch Salleck knüpft noch eine weitere Verbindung zum Gillamoos – mittels einer Legende: Frankreichs König Wamba verwundete demnach den Gillamoos-Patron, St. Gilg, versehentlich mit einem Pfeil, der eigentlich einer Hirschkuh galt. Der Heilige zog den Pfeil heraus und verzieh dem König mit den Worten „Samma wieda guad!“. Diese Versöhnungsgeste prägt laut Salleck auch den Gillamoos. „Mir ist kein Markt oder Jahrmarkt bekannt, der so eine Sinngebung aufweisen kann. Das ist ein Schatz, neudeutsch Claim. Es ist einmalig und kann zu einem großen ideellen Wert für den Gillamoos und für Abensberg in seiner Einmaligkeit werden“, sagt Salleck.

Der Hobby-Philosoph hat sich des Gillamoos und dessen Sinn schon lange angenommen. Letzteres durch die Einführung des Gillamoos-Gottesdienstes 1973. Im Jahr 2007 wurde ein Gillamoos-Marterl am Stadel errichtet und eine Wallfahrt initiiert. Das sei die Rechtfertigung für den „Samma wieda guad!“-Spruch, sagt Salleck.

Den tieferen Sinn des Jahrmarkts sieht auch Hofbräu Joseph Neumeyer: „Der Gillamoos ist viel mehr als nur Party und Biertrinken. Er verbindet die Menschen. Und man sagt ja auch nicht umsonst, as Bier bringt d’Leid zam.“ Sein Slogan „Gebraut mit Herz und Hand“ steht zwar nicht auf den Etiketten, hat aber viel zu sagen. „Es steckt viel Herzblut in unserem Bier, wie auch im Gillamoos. Das wollen wir damit klarmachen. Wo viel Herz und Liebe drinsteckt, ist auch Versöhnungsbereitschaft nicht weit.“

Den tieferen Sinn des Gillamoos erkennt auch Ottenbräu Robert Neumaier: „Wegen dem Bier geht keiner hin, das hat er auch Zuhause. Es geht darum, zusammenzukommen, gemeinsam Spaß zu haben, Gesellschaft zu leben. Das Bier passt halt ganz gut dazu.“

Spitzbübische Anspielungen

Etwas weniger Versöhnungsbereitschaft oder Gillamoos-Botschaft steht indes auf seinen Bierflaschen: Mit Sprüchen wie „Zwergenfreie Braustätte seit 1348“, „Unsere Kunst ist das Bierbrauen“ oder „Liaba des Bier wia 100 Wasser“ dreht er dem Brauerkollegen auf der anderen Straßenseite spitzbübisch eine lange Nase. „Für Außenstehende ist es lustig und Leonhard Salleck weiß ganz genau, dass das nicht böse gemeint ist“, sagt Neumaier. „Wir haben keinen Streit, noch nie einen gehabt und werden ihn auch wohl nicht haben. Deshalb brauchen wir auch kein ,Samma wieda guat!‘“.

Vielleicht braucht er es aber bald, denn künftig werde – in Anlehnung an den Kuchlbauer-Spruch – beim Otten ein neues Sprüchlein auf den Flaschen zu lesen sein: „Immer guad!“

Ob Leonhard Salleck darauf ein „Samma wieda guad!“ über die Straße schickt? Möglich, denn er ist sich sicher: „Einen Anlass hat wohl jeder, um auf ein ,Samma wieda guad!‘ anzustoßen und zu zeigen, dass er ein herzensguter Mensch sein kann!“

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