Inklusion
Die Botschaften der Behinderten

Einen Monat lang geben Bad Kötztinger Geschäfte Malereien und Skulpturen von Künstlern mit Handicaps eine Plattform.

06.04.2022 | Stand 15.09.2023, 6:07 Uhr
Roman Hiendlmaier
Genauer hinschauen, lohnt sich: In 24Geschäften und Gewerbebetrieben zeigen die Künstler ihre Werke. −Foto: Stefan Weber/Stefan Weber

„Kunst kennt keine Behinderung – vor der Kunst sind wir alle gleich“, sagte Wolfgang Rießelmann zum Auftakt der nächsten „Unbehinderte Kunst im Schaufenster“, die am Dienstag in Bad Kötzting offiziell begonnen haben.

Wie die Organisatoren, der Vorsitzende der Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft, Wolfgang Rießelmann und die Stadtmarketing-Vorsitzende Carola Höcherl-Neubauer mitteilten, haben alle teilnehmenden Künstler eine Behinderung, die ihnen erschwerte, eine Plattform für ihre Gemälde und Skulpturen zu finden.

Gute, ehrliche Kunst

„Es ist Kunst, was in den Schaufenstern zu sehen ist, richtig gute, ehrliche Kunst,“ sagte Rießelmann überdas zweite Projekt dieser Art in Bad Kötzting. Ein Kunstwerk zeige das, was sein Schöpfer fühlt. Im Unterschied zur vergänglichen Ausdrucksform der Musik bleiben aber die Impressionen erhalten und nachvollziehbar für alle Betrachter, die sich darauf einlassen, so Rießelmann weiter, denn Kunst liegt immer im Auge des Betrachters.

Bis zum 8. Mai haben sich wieder 24 Geschäfte und Gewerbetreibende bereiterklärt, ihre Publikumsansicht als Ausstellungsfläche für die PSAG bereitzustellen. Die PSAG Cham mit ihrem Arbeitskreis geistig Behindertenpsychiatrie betreibt seit Jahren mit der Bildungsstätte St. Gunther, den Barmherzigen Brüdern Reichenbach, der Behindertenwerkstätten Oberpfalz Betreuungs-GmbH und der Offenen Behindertenarbeit der Barmherzigen Brüder in Kooperation mit dem Further Freiraum gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit als Kunstausstellungen und Aktionstage.

Bei der Neuauflage hatte Carola Höcherl-Neubauer zudem eine gute Nachricht für die Künstler: „Da das Jahresmotto des Stadtmarketings heuer Kunst lautet, gehen wir gleich mit einer kleinen Förderung voran.“ 500 Euro spendete der Verein an die Einrichtungen, die der PSAG-Chef demnächst verteilen kann. Laut Höcherl-Neubauer sollen an Pfingsten und im Herbst weitere Kunstaktionen des Vereins folgen.

Für die Seele, nicht die Kasse

Wolfgang Rießelmann sah sowohl die Spende wie auch die Aktion als Zeichend er Wertschätzung gegenüber Menschen mit Handicaps. Diese malen und töpfern aus dem Bauch heraus und müssen sich nicht um des unmittelbaren Erfolgs willen verbiegen. Sie seien keinen Trends oder dem Kommerz unterworfen, auch wenn etliche der Exponate käuflich zu erwerben sind - in der Regel zu einem symbolischen Preis. „Sie malen nicht für die „Kasse“, sondern weil sie sich mitteilen möchten,“ so Rießelmann.

Kunst sei ein gutes Podium, wenn man ansonsten nicht immer das zustehende Gehör in der Gesellschaft findet, gerade nicht in Pandemiezeiten, die auch für viele Behinderte ein bitteres Erlebnis gewesen sei. Wie jeder Mensch hätten auch sie etwas mitzuteilen, und wenn dies verbal nicht so gut geht, dann lässt man eben Bilder und Skulpturen sprechen.

Fehlt eigentlich nur noch das passende Flanier-Wetter für die Innenstadt, dann gibt es nächste Woche noch mehr Gründe ins Zentrum zu kommen, schließlich fahren ab Gründonnerstag dann auch wieder die Oldtimer-Freunde ihre automobilen Kunstwerke auf.