Geschichte
An Pfingsten kam die Flut

Vor 20 Jahren richtete ein Hochwasser im Kreis Kelheim Millionen-Schäden an. Der Feuerwehrkommandant erinnert sich.

20.05.2019 | Stand 16.09.2023, 5:46 Uhr
Tamara Greiner

Neustadt Ende Mai 1999: Die Stadt steht unter Wasser. Foto: FFW/Bearbeitung Martin Godesar

7,21 Meter – mehr ging nicht. Der Pegelstand der Donau war über Tage hinweg so stark gestiegen, dass man die Wassermassen schließlich ins Kloster Weltenburg eindringen ließ, um noch größere Schäden an den Gebäuden zu verhindern. Der damalige Feuerwehrkommandant Georg Sinzenhauser war als Einsatzleiter beim Pfingsthochwasser im Jahr 1999 für den Stadtbereich Kelheim und alle Ortsteile verantwortlich. „Es war wirklich frustrierend. Obwohl wir circa 30 Pumpen mit einer Leistung von 55 000 Liter pro Minute im Einsatz hatten, mussten wir aufgeben“, berichtet der Feuerwehrmann.

Schon Tage vorher bereiteten sich die Einsatzkräfte vor, stapelten Sandsäcke und schütteten Kies auf, um das Hochwasser aufzuhalten. Insgesamt waren etwa 550 000 bis 600 000 handgefüllte Sandsäcke im Kreis Kelheim nötig. Immer wieder wurden die Prognosen nach oben korrigiert. „Am schlimmsten war für mich der Moment, als ich die Möbel der Klosterschenke am Donaudurchbruch zerschellen hörte. Als wir das Wasser passieren ließen, wurden diese aus der Gaststätte raus auf die Donau gespült und davongetrieben“, so Sinzenhauser.

Geballte Naturgewalten

Der ehemalige Einsatzleiter erinnert sich noch genau an die 60 Zentimeter Wasserhöhe in der Asamkirche des Klosters Weltenburg. Das Wasser drang vor allem durch die Fenster ein und zerstörte Fußboden, Bänke und anderes Kircheninventar.

Grund für dieses dunkle Pfingstwochenende im Jahr 1999 war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Anhaltende Regenfälle und die Schneeschmelze sorgten bereits in der ersten Maihälfte für gesättigte Böden und hohe Pegelstände in den Donauzuflüssen Lech, Isar und Iller.

Als vom 20. bis 24. Mai 1999 noch Starkregen in der nördlichen Alpenregion einsetzte, kam es am Scheitel der Isar zu Wasserüberlagerungen, die für eine Flutwelle auf der Donau sorgten. „Wir waren Hochwasser zwar gewohnt, dieses Ausmaß konnte aber keiner erahnen“, erzählt Sinzenhauser. Davon betroffen war vor allem der etwa 20 Kilometer lange Donauabschnitt zwischen Kelheim und Neustadt, aber auch Straubing hatte mit dem Hochwasser zu kämpfen.

Schon am Abend des 23. Mai wurde im Landkreis Kelheim der Katastrophenalarm ausgelöst. In der Nacht zum 24. Mai 1999 brach der in den 1920er Jahren errichtete und mehrfach verstärkte Deich nahe des Pumpwerks Bad Gögging. Innerhalb weniger Stunden stand Neustadt im Wasser. Trotz zahlreicher Schutzmaßnahmen wurden auch Kelheim und Weltenburg nicht verschont.

Regensburg und die umliegenden Gemeinden hatten dagegen Glück im Unglück, denn die nördlichen Zuflüsse Regen und Naab waren zu diesem Zeitpunkt hochwasserfrei, so dass dieses Gebiet vergleichsweise unbeschadet davon kam.

2000 Opfer, hohe Schäden

Neben dem gebrochenen Deich hatte der Landkreis Kelheim etwa 2000 Flutopfer sowie verunreinigte Böden und Gewässer zu beklagen. Allein im Kloster und der Schenke entstand ein Schaden in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Insgesamt wurde der Schaden des Hochwassers auf 345 Millionen Euro beziffert.

Seit dem Pfingsthochwasser wurden 6,3 Million Euro in verschiedene Schutzmaßnahmen investiert, unter anderem soll ein höherer Deich in Neustadt und die offene Bedeichung der Nachbarorte dem Schutz der Region dienen. Mit Verabschiedung der Aktionsprogramme 2020 und 2020plus wurde die Förderung der Schutzmaßnahmen mit rund 235 Millionen Euro jährlich beschlossen. Das Aktionsprogramm 2020plus dient seit 2013 der ganzheitlichen Unterstützung in den Bereichen Vorsorge, Vermeidung, Schutz und Nachsorge.

Besserer Schutz für Weltenburg

Hohe Pegelstände kennen die Weltenburger nur allzu gut. Auch in den Folgejahren nach dem ereignisreichen Hochwasser, hatten sie einige Male mit Überschwemmungen zu kämpfen. Im Januar 2006 startete das Bauprojekt für die erhöhten Schutzmaßnahmen.

Neben der Untergrundabdichtung sowie der Entwässerungsmaßnahmen im Innenhof und auf dem Frauenberg, wurde Weltenburg unter anderem mit einer neuen Hochwasserschutzmauer ausgestattet. „Im Gegensatz zu 1999 gibt es heute einen richtigen Objektschutz für Weltenburg“, weiß Sinzenhauser.

Über dieses „wahnsinnig detaillierte Konzept“ ist er froh, denn die wochenlangen Aufräumarbeiten sitzen ihm auch 20 Jahre später noch im Nacken.