Monstertour
Vor Race24 noch 4800 km in USA – nonstop

Monika Dietl tritt zur Titelverteidigung in Kelheim an. Zuvor will sie beim „Race Across America“ eine Rekordmarke schaffen.

02.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:30 Uhr

Schlaflos durch die USA, heißt es für die Ausdauer-Radsportlerin Monika Dietl ab 13. Juni. Fotos: Michael Rauschendorfer

Sie ist – mit größtem Respekt bekundet – ein „Floh“. Am liebsten hüpft sie aufs Rennrad und springt die Berge hoch. „Mit meinen 53 Kilo bin ich ziemlich leicht und fahre gerne im Steilen“, sagt Monika Dietl. Den Ötztaler Radmarathon hat sie gewonnen, den Drei-Länder-Giro und den Achensee-Radmarathon – und im Vorjahr das 24-Stunden-Rennen in Kelheim. Mit der fünfköpfigen „Löffler“-Damentruppe schlug sie zu. Heuer tritt die 38-Jährige am 15./16. Juli mit ihren Mädels zur Titelverteidigung an. Zuvor legt sie noch einen Abstecher in die USA ein: Dietl will beim „Race Across America“ (RAAM) über 4800 Kilometer mit einem Frauen-Quartett den Rekord von sechs Tagen und zehn Stunden unterbieten.

„Angst habe ich nicht, aber riesen Respekt.“Monika Dietl

Legenden ranken sich um das Rennen von der West- zur Ostküste, das heuer am 13. Juni startet. Die Monstertour von 4800 Kilometern und 52 000 Höhenmetern wird nonstop bestritten, es geht über die Rocky Mountains und die Appalachen und durch die Wüste. Teilweise kippen die Teilnehmer mit ihren Rädern vor Erschöpfung um und schlafen ein paar Stunden im Straßengraben. „Angst habe ich nicht, aber riesigen Respekt“, sagt die Bankangestellte Dietl. Als Solistin würde sie die Herausforderung nicht wagen und auch nicht annehmen. „Ich bin eine Teamplayerin, deshalb trete ich mit einem Damenquartett an.“ Immerhin bleiben noch 1200 Kilometer für jede Mitstreiterin innerhalb der angestrebten Zielzeit von unter 6 Tagen und 10 Stunden.

Wechsel alle 20 bis 30 Minuten

„Das Schlimmste wird der Schlafentzug“, sagt die Freisingerin. Die vier bayerischen Damen, firmierend als „Quattra Bavariae“, wollen sich alle 20 bis 30 Minuten auf der Strecke abwechseln. „Wir haben errechnet, dass wir einen Schnitt von knapp 32 km/h über die 4800 Kilometer brauchen, um den Rekord zu schaffen.“ Motor hinter dem Projekt „610“ ist Nicole Bretting aus Hohenwart, Ironman-Weltmeisterin auf Hawaii in ihrer Altersklasse 2014. Auch Christine Waitz aus Roth und Heike Priess aus Bad Tölz stammen aus dem Ultratriathlon-Lager. „Eine vierte Fahrerin fehlte ihnen noch und da sind sie auf mich gestoßen“, erzählt Dietl. „Ich lasse mich recht schnell von verrückten Ideen überzeugen“, lacht die Radsportlerin.

Auch beim Race24 ist sie eine Quereinsteigerin. „Von der Transalp kenne ich meine Kelheimer Mitstreiterinnen Martina Stoiber und Andrea Scharrer. Als im Vorjahr eine Fahrerin ausfiel, hat man mich gefragt und ich bin eingesprungen.“ Ihr erster Start beim Kelheimer Spektakel war es aber nicht. „Ich bin schon mal für ein Mixed-Team angetreten.“

Ein Wohnmobil und drei Vans

Dank einer famosen Grundkondition, die sie sich mit ihrem Ehemann Thomas Futterknecht über 14 Jahre Rennradfahren angeeignet hat, sind solche Spontaneinsätze möglich. „Wenn ich etwas mache, dann will ich vorne sein. Das gilt für die Rekordjagd in den USA genauso wie für das Race24.“ Dietl arbeitet mit einer Trainerin zusammen, die sie auch seit November 2016 gezielt auf das RAAM vorbereitet.

„Wir haben achtmal Sperrgepäck für die USA. Jede nimmt zwei Räder mit.“Monika Dietl

„Ich fahre jetzt keine Riesenetappen von 300 Kilometern, aber ich sitze fünfmal die Woche im Sattel“, erklärt die Freisingerin. Unter der Woche spult sie dreimal 50 bis 100 km ab, am Wochenende sind es auch mal zwischen 150 und 170 km. Krafttraining und Pilates ergänzen die Einheiten, dazu kommt im Winter Mountainbiken. „Da geht’s nach zwei, drei Stunden ab und an noch indoor auf die Rolle.“

Mit dem Löffler-Team siegte Monika Dietl. Die Truppe heißt jetzt Badenixen.Ein Interview mit der Teamchefin lesen sie hier.

Mehrere Trainingslager zählen zur Vorbereitung und es gab einen „Simulations-Test“, in dem das Bavaria-Quartett den Ablauf in den USA erprobte. „Wir bilden zwei Duos. Ich wechsle mich alle 20 Minuten mit Christine Waitz ab und wir ziehen einen Split von fünf bis sechs Stunden durch. Dann können wir im Wohnmobil eine Pause einlegen und die beiden anderen Mädels sind an der Reihe.“ Kurz gefasst: Sechs Stunden kurbeln, sechs Stunden Auszeit, sechseinhalb Tage und Nächte lang.

Die Regeneration in den Pause sei entscheidend. „Man muss durchschnaufen, was essen, sich duschen und hinlegen.“ In den ersten Tagen werde man schwer Ruhe finden. „Aber die Müdigkeit kommt. Ich hoffe nicht, dass ich durch Schlafmangel zu sehr gereizt bin. Das kriegt mein Mann ab.“

Der angesprochene Thomas Futterknecht ist der „Techniker“ im Haus des Paares. „Wir haben in den USA ein Wohnmobil und drei Vans angemietet. Wir haben eine Crew von elf Leuten dabei, darunter zwei Physiotherapeuten, zwei sorgen für Verpflegung und Wäsche waschen, viele beschäftigen sich mit der Strecke und der Navigation. Wir dürfen keine Abzweigung verpassen, sonst könnte der Rekord schon hinfällig sein“, sagt Dietl.

Allein achtmal Sperrgepäck fliegen in die USA: „Jede von uns nimmt zwei Räder mit, ein leichtes und ein Zeitfahrrad.“ Eine wichtige Rolle spielt die Kleidung. „Wir stellen uns auf Temperaturunterschiede von bis zu 45 Grad ein. Am Tag kann es in Wüstenabschnitten brütend heiß sein, in der Nacht auf Minusgrade abkühlen.“ Zur Logistik gehören auch menschliche Bedürfnisse. „Die Toilette im Wohnmobil darf nicht mitten in der Prärie voll werden. Wir müssen das so takten, dass wir genau an einem Rastplatz sind oder improvisieren.“

45 000 Euro Kosten

Das Projekt kostet nicht wenig, etwa 45 000 Euro muss die Truppe aufbringen. „Über Crowdfunding haben wir über 10 000 Euro hereinbekommen.“ Zusätzlich gibt es Sponsoren. Ein großer Teil bleibt aber an den Fahrerinnen hängen. „Ich hoffe, gut über die Woche zu kommen“, sagt Dietl. „Und dann freue ich mich auf das Race24, die Stimmung ist bombastisch.“ Auch wenn sie das „Race Across America“ in den Beinen hat, wird sie sich „für mein Team aufreiben. Das Miteinander in der Truppe werde ich genießen.“

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