Gericht 36-Jähriger tritt Senior gegen den Kopf
Ein 88-Jähriger aus Neumarkt beschwerte sich wegen zu lauter Musik. Dann habe ihn der Nachbar angegriffen.

Neumarkt.Sehr viel schlimmer hätte der Streit mit seinem Nachbarn für den 88-jährigen Witwer Werner H. (Name geändert) enden können. Am 4. September war es zu einer Auseinandersetzung zwischen ihm und Abdul K. (Name geändert) gekommen. Wegen dieser stand der 36-Jährige vor Richter Rainer Würth. Angeklagt war er wegen vorsätzlicher gefährlicher Körperverletzung.
Er erschien mit einem Dolmetscher zur Verhandlung. Der 36-jährige Angeklagte wohnt im Erdgeschoss unter der Wohnung des Witwers. Laute Musik führte zu dem Konflikt. Der Senior sagte, er habe die Vibrationen in seiner Wohnung gespürt. Er ist schwerhörig und empfand die Musik, das Wummern als sehr beeinträchtigend.
Schon die Polizei gerufen
Bereits am Vortag der Eskalation rief er die Polizei, um dem Krach ein Ende zu bereiten. Den Tathergang beschrieb Werner H. wie folgt. Wie jeden Tag am Vormittag sei er um das Wohnhaus spazieren gegangen. Als er am Fenster des Angeklagten vorbeigekommen war und wieder laute Musik vernahm, habe er an die Scheibe geklopft. Abdul K. hätte ihn vom Fenster aus angesprungen, ihn mit dem Fuß am Kopf getroffen. Er fiel zu Boden und „blutete wie ein Schwein“ aus der Wunde. Der Angreifer habe ihn noch an der Schulter und am Becken getreten.
Bei der Verhandlung lagen dem Richter Fotos zur Dokumentation der Verletzungen vor. Mehrmalige Fragen an den Angeklagten, ob er sich äußern wolle, verneinte dieser. Er gab nur an, das Opfer nicht berührt, wohl aber die Musik zu laut aufgedreht zu haben.
Im Zeugenstand wurde der ältere Mann von seiner Tochter begleitet. Sie ergänzte die Ausführungen ihres Vaters, der bis heute an Schmerzen in der Schulter leidet. Dieser Vorfall habe ihn sehr durcheinandergebracht und seither benötige er vermehrt Unterstützung im Alltag.
In den Zeugenstand trat auch ein Polizist, der an besagtem Tag vor Ort war um die Geschehnisse aufzunehmen. Er bestätigte in seiner Aussage die Verletzungen und die Glaubwürdigkeit der Aussage des Opfers.
Tritte hätten schlimmer ausgehen können
Thomas Leykam, Vertreter der Staatsanwaltschaft brachte es in seinem Plädoyer auf den Punkt: „Was passiert ist, ist eine Sauerei!“. Für ihn bestehe kein Zweifel an den Ausführungen des Opfers. Die gezielten Fußtritte hätten noch zu Schlimmerem führen können. Er forderte eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten ohne Bewährung.
Nach seinen Ausführungen meldete sich der Angeklagte unerwartet zu Wort. Er hätte die Musik zu laut gemacht, da Werner H. „auch Geräusche macht“. Er räumte den Sprung aus dem Fenster ein, stritt aber die Handgreiflichkeiten ab. Für den Richter lag die Glaubwürdigkeit des Opfers auf der Hand. Er verurteilte Abdul K. zu einer Haftstrafe von acht Monaten ohne Bewährung. Strafmildernd wirkte sich auf den Verurteilten aus, dass er keine Vorstrafen aufwies.
Aufgrund des enormen Gefährdungspotentials und des gewaltgeladenen Verhaltens gegenüber dem älteren Herren, sei es noch Glück gewesen, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Für das Urteil spreche zudem jegliche fehlende Schuldeinsicht sowie das Fehlen einer positiven Sozialprognose. Der Verurteilte akzeptierte das Urteil nicht, er will Rechtsmittel einlegen.
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