Ausstellung Alte Poesiealben kommen groß raus
Das Stadtmuseum widmet eine Ausstellung dem Thema Freundschaft. Dafür werden persönliche Schätze von Neumarktern gesucht.

Neumarkt.Die Erinnerung an ihre Freunde wollte Renate Mussinan ein Leben lang bewahren. Darum ließ sie sie Verse und Bilder in ihr Poesiealbum eintragen. Mit dabei war auch eine Karte, auf der Mussinan ihren Freunden versprach, sie werde die Einträge an ihr Herz drücken, sollten sei einmal getrennt werden. Das ist nun etwa 200 Jahre her – Renate Mussinan und ihre Freunde sind längst verstorben. Doch die Erinnerung an diese Menschen lebt weiter, bewahrt in eben diesem Poesiealbum. Heute gehört es zum Fundus des Neumarkter Stadtmuseums. Präsentiert wird es den Besuchern im September mit einer neuen Ausstellung. Dafür suchen die Verantwortlichen noch Bürger, die Exponate zur Verfügung stellen. Gefragt ist alles rund um das Thema Freundschaft – von Poesiealben über Gästebücher bis zu Freundschaftsbändern.
Scherenschnitt war Inspiration
Das Konzept der Ausstellung haben Museumsleiterin Petra Henseler, Kulturamtschefin Barbara Leicht und Heimatpfleger Rudi Bayerl vorgestellt. Eröffnet wird die Schau zur Kulturnacht – daher kommt auch die Inspiration für das Thema. Denn zur Kulturnacht kommt eine Scherenschnitt-Künstlerin aus Nürnberg ins Stadtmuseum, erklärt Leicht. Die Künstlerin wird Workshops anbieten und einige Beispiele historischer Scherenschnitte zeigen. So sei Henseler auf die Idee gekommen, nach weiteren Beispielen für Scherenschnitte zu suchen und schließlich bei den Poesiealben gelandet. Auch das Album von Renate Mussinan zieren einige Scherenschnitte.
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Eine ganz andere Art von Freundschaftsbeweis gehört ebenfalls zum Fundus des Stadtmuseums: eine Medaille der Congrega di Fra Felice. Hinterlassen hat sie Ernst Schweninger, einst Bismarcks Leibarzt. Er verkehrte nicht nur mit wichtigen Politikern, sondern auch mit der damaligen Society. Daher war er häufig Gast in der Villa des Industriellen Krupp auf der Insel Capri und traf sich dort beispielsweise mit bayerischen Prinzen.

Die Herren pflegten dort allerlei Geselligkeit – und riefen ihren eigenen Freundschaftsorden ins Leben. Sie gaben sich Regeln, sprachen sich wie Ordensmänner an und hielten geheime Treffen in einer Grotte am Meer ab. Anfang des 20. Jahrhunderts sorgte das für einen handfesten Skandal: Die Polizei ermittelte wegen angeblicher unsittlicher Gelage,angeblich sollen bei Orgien pornografische Bilder entstanden sein. Erst nach Jahren wurden die Vorwürfe zurückgenommen – doch mehrere Beschuldigte waren bereits verstorben.Heute sind nur noch zwei Ordenszeichen erhalten. Eines befindet sich in Italien, das andere in Neumarkt.

Die Geschichte der Poesiealben reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück, erklärt Henseler. Damals hinterließen sich Studenten gegenseitig Widmungen in Stammbüchern. Eine Blütezeit erlebten die Poesiealben dann im 19. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Bücher, die Sprüchesammlungen für Poesiealben enthalten. „Freundschaft und Gefühle waren wichtige Themen der Biedermeierzeit“, sagt Henseler.
Dass sie das auch noch heute sind, kann Bayerl aus Erfahrung bestätigen – sowohl als langjähriger Lehrer als auch als Großvater. Eine Anekdote ist ihm besonders im Gedächtnis geblieben: „In einem Poesiealbum ist mir ein Rechtschreibfehler aufgefallen. Einige Tage später hat mir meine Enkelin ein anderes Album gezeigt. Auch darin fand sich der Fehler – in liebevollster Weise weitergegeben.“
Wer ein Poesiealbum kaufen möchte hat in Neumarkt ein leichtes Spiel. Sowohl im Schreibwarenbedarf als auch in der Buchhandlung finden sich die Büchlein. Noch größer ist die Auswahl bei den sogenannten „Freundschaftsbüchern“. Hier besteht der Eintrag nicht aus einem Sprüchlein, sondern aus der Antwort auf vorgegebene Fragen, beispielsweise nach dem Traumberuf, der Augenfarbe oder dem liebsten Sportstar. „Die sind bei den Kindern besonders beliebt“, bestätigt eine Verkäuferin. Egal, um welche Variante es sich letztlich handelt – für alle hat Henseler einen Tipp, den sie auch selbst befolgt hat: „Unbedingt aufheben und zum Klassentreffen mitbringen – das sorgt für viele tolle Momente.“

Das Stadtmuseum sucht Freundschaftsbeweise – von Poesiealben über Gästebücher und Freundschaftsringe bis zum Haarbild oder Freundschaftsbändchen. Freundschaft ist auch das Thema des Kunsthandwerkermarktes im Dezember. Wer zum Markt oder zur Ausstellung beitragen möchte, kann sich bei Petra Henseler melden, (0 91 81) 24 01, stadtmuseum@neumarkt.de. An einen Erfolg glaubt Henseler durchaus: Schon zur Ausstellung über den Ersten Weltkrieg haben viele Bürger aus Neumarkt und Umgebung Exponate beigetragen.
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