Notfall Hilfe für Alte und Kranke in Neumarkt
Ohne Unterstützung wären ältere Menschen bei einem Sturz aufgeschmissen. Diese Geräte sollen das Leben sicherer machen.

Neumarkt.15 Jahre ist Ulrike Zwillings Schicksalstag mittlerweile her. Eine Gehirnblutung veränderte das Leben der damals schwangeren Frau komplett. Während sie Ärzte operieren, folgt der nächste Schock. Schlaganfall auf dem OP-Tisch. Seitdem ist die heute 51-jährige Neumarkterin halbseitig gelähmt und sitzt im Rollstuhl. Ihr linker Arm ist taub, für fast nichts mehr zu gebrauchen. Abgesehen davon, dass sie dort an ihrem Handgelenk ihren Lebensretter trägt.

Ulrike Zwilling hat den Malteser-Hausnotruf, der von der Caritas vermittelt wird, in ihrer Wohnung installiert. Auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Neumarkt bietet diesen an. Insgesamt nutzen zusammen etwa 520 Menschen im Landkreis Neumarkt den Hausnotruf. Dank einer neu geschlossenen Kooperation mit dem BRK können ab sofort Mitglieder des Sozialverbands VdK bei der Bestellung eines Hausnotrufsystems einen Rabatt von sieben Prozent erhalten.
Das Hausnotrufsystem besteht aus einem Armband mit einem roten Alarmknopf (wahlweise auch als Halskette) und einer Basisstation, über die eine Zentrale Sprechkontakt zur Betroffenen aufbauen kann. Die Basisstation läuft über das Telefon. Nutzer benötigen einen normalen Anschluss mit einer dreifach-TAE-Dose und einen freien Stecker für die Stromversorgung.

Wenn der Strom allerdings ausfällt, funktioniert die Anlage nicht. Diese Erfahrung musste Ulrike Zwilling schon einmal machen. Mit ihrem Rollstuhl ist sie umgekippt, konnte sich nicht mehr aufrichten. Sie drückte den roten Knopf vergeblich. „Zum Glück hat mich die Nachbarin rufen hören“, erinnert sich die alleinwohnende Frau.
Informationen in der Notfalldose
Vor allem kranke und ältere Menschen, die alleine zuhause wohnen, wären ohne technische Hilfe aufgeschmissen. Neben dem Hausnotruf gibt es auch die Notfalldose, die im Mai in Neumarkt vorgestellt wurde. Ein kleiner Behälter, der persönliche Informationen beinhaltet: Medikation, Vorerkrankungen, Allergien, Kontaktpersonen. Im Landratsamt und in zahlreichen Neumarkter Apotheken ist die kleine Dose gegen eine Gebühr von zwei Euro erhältlich. Den kleinen Becher sollen Menschen im Kühlschrank aufbewahren. So finden Sanitäter die persönlichen Informationen schnell.

Ursula Friedl, die Sachbearbeiterin für Hausnotrufe bei der Caritas, hinterfragt den Nutzen der Notfalldose: „Was bringen die Informationen im Kühlschrank, wenn ich zusammenklappe und keiner kommt?“ Ist man alleine im Haus und kann keinen Notruf alarmieren, helfe die Notfalldose wenig.
Um einen Notruf abzusenden, reicht für BRK-Kunden, die den Mobilruf installiert haben, ein Knopfdruck. Der Mobilruf des Roten Kreuzes funktioniert im Prinzip wie der Hausnotruf, wie Rosemarie Schmidt, Leiterin der Sozialen Dienste beim BRK, erklärt. Die beiden Systeme unterscheiden sich aber darin, dass der Mobilruf für mobile Menschen gedacht ist. Mit einer portablen Basisstation kann man nicht nur im Haus, sondern auch von unterwegs im Notfall Hilfe anfordern. Stürzt ein älterer Mensch beispielsweise im Wald und drückt den Knopf, kann er geortet werden.

Karin Larsen-Lion kennt diverse Notfallsysteme für Senioren und kranke Menschen, sieht die kleinen Helfer aber differenziert. „Diese Assistenzsysteme sind ja schön und gut“, sagt die Seniorenbeauftragte in Pyrbaum. „Aber im Notfall braucht es immer noch Menschen, die helfen – und keine Systeme.“ Vor allem Demenzkranken sei es schwer zu vermitteln, wie solche Geräte funktionieren.
40 Euro/Monat für gutes Gefühl
Larsen-Lions ehemalige Nachbarin hatte ein Hausnotrufsystem, bei dem sie zweimal am Tag klingeln musste. Damit sollte sie bestätigen, dass es ihr gut gehe. Doch die Frau habe die Rückmeldung oft vergessen. Dann wurde Larsen-Lion als hinterlegte Kontaktperson vom Hilfsdienst angerufen. „Da fällt man natürlich aus allen Wolken, weil man denkt, dass etwas passiert ist.“
Elisabeth Meier musste ihren Hausnotruf im Notfall noch nie betätigen. Nur zweimal ist sie aus Versehen während der Hausarbeit auf den Knopf an ihrem Handgelenk gekommen. Dann fragen Mitarbeiter aus der Zentrale, ob alles gut ist. Vor gut einem Jahr hat sich die 90-Jährige das System installieren lassen. Zur Beruhigung. „Wenn ich einmal stolpere, weiß ich, dass ich Hilfe anfordern kann.“ Die gut 40 Euro, die sie für ihren Hausnotruf im Monat bezahlt, sind es der Seniorin wert.

Ulrike Zwilling dagegen muss nichts für ihr System bezahlen. Je nach Pflegegrad werden die Kosten für die Anschaffung eines Hausnotrufes von der Pflegekasse übernommen. Pro Einsatz muss sie aber 30 Euro zahlen, sagt Zwilling. Schon mehrmals brauchte sie Hilfe im Alltag, weil sie gestürzt ist. Solange sie sich dabei nicht verletzt, seien solche Stürze auch nicht weiter dramatisch. Per Knopfdruck bekommt sie Hilfe. Das war in einem Pflegeheim, in dem sie vorher war, nicht so leicht, wie sie sagt. Der Knopf an der Wand hing zu hoch für die Rollstuhlfahrerin. Jetzt kann sie zuhause alleine wohnen und ist glücklich. „Der Hausnotruf ist das Beste, was ich mir anschaffen konnte.“
Diese drei Systeme können Senioren und kranken Menschen helfen:
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