Ausstellung
Albrecht Dürer gibt weiter Rätsel auf

17.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:22 Uhr
Hat Albrecht Dürer den Auftrag für das Wiener Wandgemälde vom Kaiser höchstpersönlich erhalten? Auch dieser Frage geht die Sonderschau in Nürnberg aktuell nach und zeigt dazu das passende Gemälde von August Friedrich Siegert über die historisch strittige Begegnung zwischen dem Künstler Albrecht Dürer und Kaiser Maximilian I. −Foto: Museen der Stadt Nürnberg, Kunstsammlungen

Albrecht Dürer kennt in Nürnberg wirklich fast jedes Kind. Um den größten Künstler der Stadt ranken sich trotzdem noch immer viele Geheimnisse.Kein Geheimnis ist, dass Albrecht Dürer ab 1509 in dem mächtigen Fachwerkhaus am Tiergärtnertor im Schatten der Kaiserburg gelebt hat, das heute jährlich zehntausende Dürer-Fans aus aller Welt nach Nürnberg lockt. Derzeit geht das Dürer-Haus in einer Sonderausstellung der brandaktuellen Frage nach, ob sich Dürer mit seinem genialen Pinselstrich tatsächlich in Wien auf einem Wandgemälde im berühmten Stephansdom verewigt hat?

Experten sind dem kürzlich erst durch einen Zufall auf die Spur gekommen. Nach der Restaurierung des fraglichen Wandbildes haben die Kunstkenner neben zwei Heiligenfiguren plötzlich eine Handschrift entdeckt, die Spezialisten dem Meister aus Nürnberg zuschreiben. Diese fast schon detektivische Spurensuche steht auch im Zentrum der aktuellen Sonderschau im Dürer-Museum.

Wandbild aus dem Stephansdom

„Der Mittelpunkt unserer Ausstellung ist eine Premiere. Wir zeigen eine Infrarotaufnahme des Wandbilds“, freut sich Michael Rainer, Kurator der Nürnberger Sonderschau. Erst im infraroten Spektrum des Lichts seien alle Feinheiten der Unterzeichnung zu erkennen. Normalerweise würden diese feinen Linien unter den Malschichten verborgen bleiben, erklärt Rainer, der den Besuchern im Rahmen einer Kuratorenführung das spektakuläre Wandbild aus der frühen Renaissance höchstpersönlich vorstellen will.

Dabei vergleicht die Schau den Sensationsfund aus dem Stephansdom mit Originalgrafiken Dürers, um die Maltechnik für die Besucher anschaulich zu machen. Ebenfalls zu sehen ist das Original des Grabdenkmals, das sich als eine der ersten Renaissance-Skulpturen Österreichs einst in der Mitte des Wandbilds befunden hat. Besonders scheinen sich die Kunsthistoriker für die enge Verflechtung zwischen Nürnberg und Wien zu interessieren. Dummerweise ist in den Geschichtsbüchern kein Aufenthalt des fränkischen Malerfürsten in der Donaustadt belegt.

Darstellung Dürers ist einzigartig

Die Spurensuche erschwert wohl die Tatsache, dass bislang keine zweite, eigenhändige Wandmalerei von Dürer bekannt ist. Kurz: Das Wandbild im Stephansdom ist genauso geheimnisvoll wie einzigartig. Deshalb wird es seit seiner Durchleuchtung vor vier Jahren praktisch ständig vermessen, fotografiert und nach allen Regeln der Kunst unter die Lupe genommen.

Im Nürnberger Albrecht-Dürer-Haus wird eine Reproduktion der imposanten Wandmalerei in originaler Größe gezeigt. Die Besucher können dem fraglichen Bild daher in der Ausstellung auf Augenhöhe begegnen und haben so die Chance, das umstrittene Meisterwerk mit dem genialen Pinselduktus aus Künstlerperspektive zu betrachten.

Ein wichtiges Teilstück in diesem Kunsträtsel um die Frage der tatsächlichen Urheberschaft könnte der mögliche Auftraggeber beisteuern. Auch auf dieses fehlende Puzzleteil scheint die Ausstellung eine Antwort geben zu können. Nach Meinung der Dürer-Experten könnte Kaiser Maximilian I. der Auftraggeber gewesen sein.

Als Indiz dient eine Künstlerlegende des 17. Jahrhunderts, die von einem Treffen zwischen Dürer und Kaiser berichtet. Ein Gemälde von August Friedrich Siegert aus dem Jahr 1849, das sich heute im Besitz der Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg befindet, inszeniert dieses Zusammentreffen von Albrecht und Maximilian. Der Kaiser persönlich hält dabei dem Meister die Leiter vor einer Zeichnung an der Wand. Ob dieses Treffen jemals stattgefunden hat, ist allerdings leider ebenfalls bis heute fraglich.

Sicher ist für die Museen der Stadt Nürnberg trotz der vielen offenen Fragen jedenfalls, dass die Schau am originalen Ort derzeit für Begeisterung bei den Besuchern sorgen kann. „Mit der Ausstellung des Wandbilds aus dem Stephansdom ist den Museen der Stadt Nürnberg ein Coup gelungen“, freut sich Thomas Eser, Chef der Nürnberger Museen, über das Angebot.