Interview
Ein Nürnberger Café lebt Inklusion

In Café „Tante Noris am See“ arbeiten Menschen mit Behinderung. Wir haben mit Tobias Braun von „Noris Inklusion“ gesprochen.

12.08.2019 | Stand 16.09.2023, 5:28 Uhr

Das Restaurantcafé „Tante Noris am See“ in Nürnberg Foto: Christa Schmidt / Noris Inklusio

Die inklusiven Cafés der Noris Inklusion in Nürnberg heißen „Tante Noris“. „Tante Noris“ will für Menschen mit Behinderung einen „entstigmatisiertes Arbeitsangebot“ in der Gastronomie bieten. Tobias Braun ist Mitglied der Geschäftsleitung von Noris Inklusion. Er spricht im Interview über sein Erfolgsrezept.

Herr Braun, kürzlich haben Sie von der „Noris Inklusion“ das dritte Inklusions-Restaurantcafé in Nürnberg eröffnet. Warum passen Gastro und Inklusion so gut zusammen?

Weil Gastronomie eine Begegnung in einer ganz alltäglichen Situation schafft. Gast und Service-Mitarbeiter treffen aufeinander, nicht Mensch mit und ohne Behinderung! Das ist eine Begegnung auf Augenhöhe, ohne Stigma, bei der man den Gegenüber direkt wahrnimmt und so unsere Menschen mit Behinderung ihre Kompetenzen in einem natürlichen Kontext zeigen können. Dass wir es bei unseren Betrieben auch noch in eine entspannten Atmosphäre schaffen, ist noch das i-Tüpfelchen!

Wie viel Fördermittel sind nötig, damit solche Projekte laufen?

Wenn man von „solch einem Projekt“ spricht, ist es wichtig, zu betonen, dass keine Fördermittel in den Gastro-Betrieb fließen, sondern nur in die pädagogischen Leistungen für unsere Mitarbeiter mit Behinderung. Die Höhe dieser Fördermittel ist abhängig von der individuellen Situation der bei uns tätigen Personen. Unterstützungsleistungen für unser gastronomisches Angebot bestehen hingegen nicht. Hier müssen wir, wie auch andere Gastronomie-Betriebe, unsere Kosten durch unsere verkauften Speisen und Getränke decken.

Können Sie durch Fördermittel trotzdem niedrigere Preise für Schnitzel, Pommes & Co anbieten?

Nein, gerade auf das Speisen-Angebot wirken sich die Fördermittel nicht aus. Schnitzel, Pommes oder bei uns eher Kaffee und Kuchen, Fish & Chips oder ein Sandwich mit Kräutern aus dem eigenen Anbau der Natur-Erlebnis-Gärtnerei haben marktübliche Preise. Bei der Kalkulation des Angebots agieren auch wir wie ein „ganz normales Restaurant“. Qualitativ hochwertige Produkte, gerade in Bio-Qualität haben einen gewissen Preis.

Neben dem neuen Inklusions-Restaurant am Wöhrder See soll demnächst ein See-Kiosk eröffnen, der von der Lebenshilfe ebenfalls als Inklusionsprojekt betrieben werden soll. Warum belebt die Konkurrenz auch im Inklusionsbereich das Geschäft?

Gerade im sich stark entwickelnden Raum der Wasserwelt Wöhrder See ist der Bedarf an Restaurants riesig! Der Zuspruch den die „Tante Noris am See“ bereits im ersten Monat erfahren hat, zeigt, dass dort der Wunsch nach einer breiten gastronomischen Versorgung besteht. Der Gast in der Wasserwelt Wöhrder See kann selbst entscheiden, ob er vom Stadtstrand die paar Meter auf sich nimmt, um bei der „Tante Noris am See“ den leckeren Wildkräutersalat zu bekommen, den es vielleicht an einem Kiosk so nicht gibt. Vielfalt bereichert!

Was gefällt Ihnen persönlich besonders am neuen See-Restaurant?

Die wunderbare Lage, ein traumhafter Blick auf der Wöhrder See, während man bei gutem Essen ganz entspannt dem Treiben auf dem Steg zusehen kann! Außerdem spricht mich die Vielfalt der Besuchergruppen an, die Gäste bei der „Tante Noris am See“ sind – Studenten, Senioren, Kinder, Familien, Sportler, Passanten, Radfahrer und viele mehr. Und mittendrin unsere Menschen mit Behinderung, die eine tolle Arbeit leisten!

Können Sie ein Gericht besonders empfehlen?

Als Nürnberger befürworte ich natürlich den Schäuferle-Burger. Ganz ohne Knochen und Klos, aber auch wahnsinnig lecker!

Sie betreiben neben Cafes und Restaurants auch Gärtnereien und vieles mehr. Wie vielen Menschen mit Handicap geben Sie in Nürnberg derzeit eine bezahlte Aufgabe im Leben?

Bei der „Noris Inklusion“ sind aktuell über 500 Menschen tätig und erfahren so Teilhabe am Arbeitsleben. Wir versuchen, durch eine große Breite in unseren Arbeitsbereichen Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit Behinderung so passgenau wie möglich zu machen. Auf diesem Weg kann der eine oder andere noch näher an den allgemeinen Arbeitsmarkt herangeführt werden. Ob im Bereich Metallbearbeitung, Druck, Scanning, E-Check, Küche, Pflanzenanbau, oder auch Töpfern. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei das von der klassischen Werkstatt für Menschen mit Behinderung losgelöste Angebot im Bereich Gastronomie.

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