Bundestag
„Försterin“ will nach Berlin

23 Direktkandidaten bewerben sich in Nürnberg. Nur die transsexuelle Tessa Ganserer hadert mit dem Wahlgesetz.

19.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:17 Uhr
Ganserer heißt mangels abgeschlossener Personenstandsveränderung auf dem Wahlschein mit Vornamen noch Markus. −Foto: Nikolas Pelke

Vorname Markus, Beruf Försterin: Den Wahlschein zur Bundestagswahl werden viele Nürnberger diesmal wohl zwei Mal lesen müssen, um ihren Augen trauen zu können. Weil der grüne Direktkandidat Markus Ganserer offiziell noch nicht Tessa Ganserer heißt, hat sich der Nürnberger Wahlleiter Wolf Schäfer dafür entschieden, den neuen Frauenvornamen hinter dem ehemaligen Männervornamen in Klammern zu setzen.

Neuer Vorname in Klammern

Schäfer hat laut Medienberichten diese Lösung gewählt, weil die offizielle Personenstandsveränderung von Mann zur Frau noch nicht abgeschlossen sei. Aufgrund der rigiden Vorgaben des Wahlrechts müsse daher noch der alte Vorname auf dem Wahlzettel stehen.

Der neue Vorname könne bis zum Ende des Verfahrens nach dem Transsexuellengesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit daher nur in Klammern angegeben werden. So weit so gut. Heißt im Klartext: Markus darf sich zwar Perücken aufsetzen und in Frauenkleidern schlüpfen, aber nicht als Tessa auf dem Wahlschein stehen.

Strittige Gesetzgebung

Aber was ist mit der Berufsbezeichnung? Wundern dürften sich die einzig Wähler am 26. September schon ein wenig, wenn im Wahlkreis mit der Nummer 244 im Nürnberger Norden hinter der Berufsbezeichnung von Direktkandidat Markus Ganserer (Tessa) mit „Försterin“ explizit die weibliche Form des Forstmannes anzukreuzen ist.

Laut dem Wahlkampfbüro von Markus (Tessa) Ganserer falle die Berufsbezeichnung der Diplom-Ingenieurin, die Wald und Forstwirtschaft an der Fachhochschule in Weihenstephan studiert hat, nicht unter die strittige Gesetzgebung. „Tessa ist eine Frau, die im falschen Körper geboren ist“, bringt Paul Müller, Mitarbeiter im Wahlkampfbüro von Ganserer, die Gefühlslage der grünen Direktkandidatin auf den Punkt.

Verschwindet der Männervorname noch?

Ganserer hoffe immer noch darauf, dass bis zur Stimmenabgabe im September vielleicht doch noch der „tote“ Männervorname vom Wahlzettel verschwindet. Auf den Wahlplakaten greift die Försterin die Namensfrage mit dem Slogan „Wer Tessa will, muss Ganserer wählen“ sogar bewusst auf.

DirektmandatBriefwahl:Netz:
In den beiden Nürnberger Wahlkreisen im Norden und Süden bewerben sich über 20 Kandidaten für den direkten Einzug in den Bundestag nach Berlin.An diesem Freitag will der Nürnberger Wahlleiter den offiziellen Startschuss für die Briefwahl in Nürnberg geben und gemeinsam mit Roland Schmittfull, Koordinator der Wahlorganisation, neben der Briefwahl über die Wahlvorschläge informieren.Die Liste aller Direktkandidaten gibt es unter www.nuernberg.de/internet/wahlen.

Derweil haben die anderen der insgesamt 23 Direktkandidaten, die sich in den beiden Nürnberger Wahlkreisen im Norden und Süden der Frankenmetropole um ein Sitz im Berliner Bundestag bemühen, mit Namensfragen und Berufsbezeichnungen bisher für keine Schlagzeilen gesorgt.

Im Süden will Rechtsanwalt Michael Frieser für die CSU erneut das Direktmandant gewinnen. Herausgefordert wird Frieser von Erziehern wie Thomas Grämmer (SPD) und Sonja Mack (Freie Wähler) oder Fachinformatikern wie Marco Ramon Preißinger (FDP) und neben vielen anderen sogar Sportjournalisten wie Sascha Müller (Grüne).

Startschuss für die Briefwahl

Im Norden will Steuerberater Sebastian Brehm (CSU) der Wahlkreisabgeordnete bleiben und muss sich neben Försterin Markus alias Tessa Ganserer beispielsweise gegen Orthopädiemechaniker Titus Schüller (Linke), Redakteurin Gabriela Heinrich (SPD) oder Diplom-Kaufmann Martin Sichert (AFD) behaupten.

Derweil soll bereits am Freitag in Nürnberg der offizielle Startschuss für die Briefwahl für den Urnengang am 26. September gegeben werden. Die organisatorischen Vorbereitungen des Wahlamts seien dafür laut einer Mitteilung der Stadt schon voll im Gange. Wählerverzeichnisse seien erstellt und Stimmzettel gedruckt worden. Wolf Schäfer, der Nürnberger Wahlamtsleiter, will am Freitag über die Wahl informieren und alle Wahlvorschläge mit Försterin, Steuerberater & Co. vorstellen.