Kunst
Nürnberg feiert Luppe-Galerie

Nach 100 Jahren wird die einzigartige Nürnberger „Luppe-Sammlung“ jetzt zum ersten Mal wieder der Öffentlichkeit gezeigt.

25.06.2021 | Stand 16.09.2023, 2:15 Uhr
Nürnberg feiert den Kunstsinn seines umtriebigen Bürgermeisters in der Weimarer Republik. Unter dem Titel „Luppes Galerie“ werden viele Bilder zum ersten Mal nach dem Krieg wieder gezeigt. −Foto: Nikolas Pelke

Mit der Städtischen Galerie wollte der Nürnberger Bürgermeister Hermann Luppe vor 100 Jahren die Bürger der aufstrebenden Arbeiterstadt für Kunst begeistern. Jetzt wird die wertvolle Sammlung zum ersten Mal wieder im Fembo-Haus in einer großen Ausstellung gezeigt.

1526 hat Albrecht Dürer seiner Heimatstadt die Apostelbilder vermacht und damit den Grundstein für die Nürnberger Kunstsammlung gelegt. In der Neuzeit ist der Kunstsinn der Frankenmetropole etwas abhandengekommen. Nach dem Ersten Weltkrieg hat der damalige Oberbürgermeister Hermann Luppe diese offene Wunde erkannt und die Städtische Galerie im Künstlerhaus nur zwölf Monate nach seinem Amtsantritt im Jahr 1921 wieder eröffnet. Sofort hat Luppe auf moderne Methoden gesetzt, um die Bürger der aufstrebenden Industriestadt für Kunst zu begeistern.

Kunst als Politikfeld der Großstadt

Die Arbeiterschaft ist beispielsweise mit kostenlosen Abendöffnungen bei elektrischem Kerzenschein in die „Luppe Galerie“ gelockt worden. Gleich im ersten Raum der aktuellen Ausstellung wird Luppe gefeiert. Sogar eine Büste erinnert an den kunstsinnigen Bürgermeister, der Nürnberg in der Zeit der Weimarer Republik wie wohl kein anderer geprägt hat. Dabei ist Luppe gar kein waschechter Franke gewesen.

Nach dem Ersten Weltkrieg haben die Ratsherren den promovierten Juristen und erfahrenen Politiker aus Frankfurt am Main abgeworben und an der Pegnitz zum Rathauschef gekürt und sofort die Kunst als Politikfeld der Großstadt entdeckt. Luppe habe erkannt, dass eine Metropole wie Nürnberg eine moderne Galerie benötige, sagt der Kurator der Schau, Andreas Curtius, und erklärt, dass er das neue Museum als Bildungseinrichtung verstanden habe.

Einst keine reichen Mäzene

Dem Publikum in der Arbeiterstadt sollte ein Überblick über das neuere Kunstschaffen im deutschsprachigen Raum geboten werden. Dummerweise hätte die Frankenmetropole damals über keine reichen Mäzene verfügt, die tolle Kunstwerke wie die Bayernkönige in München wie warme Semmeln gesammelt hätten. Luppe sei deswegen mit dem Geld der Kommune in die Bresche gesprungen. In Fritz Traugott Schulz habe Luppe einen kongenialen Partner gefunden. Beinahe täglich sei der Galerie-Leiter in das Besprechungszimmer des Bürgermeisters geplatzt und habe neue Kandidaten für die Kunst-Kauf-Offensive vorgeschlagen.

Schau:Thema:
Die Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg präsentieren vom 25. Juni bis 1. November 2021 im Stadtmuseum imFembo-Hausdie Sonderausstellung „Luppes Galerie. Die Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg in der Weimarer Republik“.Die aktuelle Ausstellung gibt einen repräsentativen Überblick der in der Weimarer Zeit durch die Stadt Nürnberg erworbenen Kunst, die damals in der Städtischen Galerie zu sehen gewesen und nach dem Krieg in den Archiven verschwunden ist.

Das Duo sei sich laut Andreas Curtius darin einig gewesen, hauptsächlich die bedeutendsten Künstler des 19. Jahrhunderts und qualitätsvolle Werke einer gemäßigten Moderne aufzukaufen. Absolute Avantgarde-Künstler wie Kandinsky & Co. hätten bei Luppe und Schulz nicht auf dem Einkaufszettel gestanden. Werke großer Meister sind trotzdem gleich reihenweise darunter.

Für die Kunstkäufe seien Luppe und Schulz häufig nach München, Frankfurt und Berlin gereist, um bei den dortigen Kunsthändlern auf Shopping-Tour zu gehen. Dabei hat das Duo beispielsweise Impressionisten wie Max Slevogt, Lovis Corinth oder Fritz von Uhde erstanden. Vereinzelt hätten Luppe und Schulz auch schon Werke des aufkommenden Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit etwa von Hans Werthner oder Paul Benedict von ihren Kunstreisen mit zurück nach Nürnberg gebracht.

Impuls für Wiederbelebung

Umso mehr wundert sich der Besucher über die Tatsache, dass die allermeisten Gemälde nach 1945 in den Archiven verstaubt sind. „80 Prozent der hier ausgestellten Bilder sind seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gezeigt worden“, erklärt der Kurator von den Kunstsammlungen der Stadt Nürnberg und wünscht sich als Impuls der Schau eine dauerhafte Wiederbelebung der Luppe Galerie.

Zum traurigen Abschluss der unbedingt sehenswerten Schau werden unter der Überschrift „Beschlagnahmt!“ an über hundert Werke aus der städtischen Sammlung erinnert, die nach der Machtergreifung entweder verkauft oder zerstört worden seien. Darunter hätten sich bedeutende Werke von „entarteten“ oder jüdischen Künstlern wie Otto Dix oder Max Liebermann befunden. Zu diesem Zeitpunkt waren Luppe und Schulz bereits von den Machthabern davon gejagt worden. Die Ausstellung „Luppes Galerie“ schlägt den Nazis nachträglich noch ein Schnippchen und zeigt originalgetreue Kopien der beschlagnahmten Werke wie die tanzende Halbweltdame von Otto Dix.