Kulinarik
Die Alternative zum Glühwein

Reinhard Engel hat ein Winterbier entwickelt, das er nicht Bier nennen darf. Es ist auf dem Christkindlesmarkt ein Geheimtipp.

20.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:20 Uhr

Stolz betrachtet Reinhard Engel seinen Winterwärmer, der Bier zur Grundlage hat. Foto: Pelke

Reinhard Engel hat es getan. Der Braumeister aus Nürnberg hat Gewürze ins Bier gemischt und daraus einen „Winterwärmer“ gebraut. Mittlerweile erfreut sich das würzige Gebräu aus Hopfen und Malz besonders bei Besuchern des Christkindlesmarktes wachsender Beliebtheit.

„Ich habe viele lustige Winterabende gebraucht, bis ich das richtige Rezept gefunden hatte“, erinnert sich der 47-jährige Chef der kleinen aber feinen Altstadthofbrauerei im Schatten der Kaiserburg an die Geburtsstunde seines „Winterwärmers“ zurück.

„Die Basis ist Hopfen und Malz. Ich bin ja schließlich Bierbrauer“, sagt Reinhard Engel und erklärt, dass Hopfen schnell bitter schmecke, wenn man ihn erhitzt. „Irgendwann hatte ich den Dreh raus, wie es geht“, freut sich Engel.

Glühbier darf Engel seinen Sud allerdings nicht nennen. Da schiebt das strenge Reinheitsgebot der Bayern einen Riegel vor. Als „Bier-Panscher“ versteht sich Engel deshalb nicht. Der Braumeister sieht sich vielmehr als Wegbereiter für die Renaissance einer alten Braukunst. „Schon im Mittelalter sind durch Zugabe von kostbaren Gewürzen besondere Biere mit unverwechselbarem Charakter gebraucht worden“, erzählt der Braumeister und erinnert daran, dass die alte Reichsstadt an der Pegnitz früher ein bedeutendes Zentrum des europäischen Gewürzhandels war.

Neun Gewürze kommen hinein

„In meinen Winterwärmer kommen genau neun Gewürze. Die wichtigsten sind Gewürznelke, Kardamom, Kubebenpfeffer und Zimt. Die restlichen Gewürze sind top secret und werden nicht verraten“, erklärt der Braumeister und lächelt geheimnisvoll. Ganz neu erfinden habe er das hopfige Heißgetränk freilich nicht, gibt Engel dann doch zu. „Ich habe mich an alten Bierrezepten mit Gewürzen aus dem Mittelalter orientiert.“ Wie bei einem duftenden Kräutertee hätten die Braumeister früher verschiedene Gewürze ins Bier gegeben, um die Kundschaft mit dem aromatisierten Grundnahrungsmittel fit und gesund zu halten. „Aus dieser Tradition kommt auch mein Winterwärmer.“

Am Anfang hätten viele das heiße Bier im Glas schräg angeschaut. Mittelalter hin oder her. „Als wir zum ersten Mal auf dem Christkindlesmarkt gewesen sind, mussten wir wirklich jedem die komplette Story erzählen.“ Im zweiten Jahr seien die fragenden Blicke schon seltener zu beobachten gewesen. „Heuer sind wir zum dritten Mal dabei beim Christkindlesmarkt. Mittlerweile kommen immer mehr Leute an unseren Stand zum Winterwärmer-Trinken vorbei“, freut sich Engel und gibt zu, dass er im Sommer nicht zu dem bierigen Heißgetränk aus seinem Sudkessel raten würde. „Am besten schmeckt mein heißer Gewürztrank, wenn es draußen schön kalt ist.“

Medaille für Bierexperimente

Zwischenzeitlich hat sich die winterliche Neuinterpretation der alten Biertradition nicht nur in Nürnberg herumgesprochen. Auch außerhalb der Stadtmauern hat das süßlich-herb duftende Glühbier bereits für Furore gesorgt. Bei einem angesehenen Bierwettbewerb hat der Nürnberger Hopfenpunsch von der Altstadthofbrauerei kürzlich sogar eine Goldmedaille in der Kategorie „Bierexperimente“ gewonnen. „Das macht mich als Brauer stolz. Auch wenn ich meinen Winterwärmer nicht Winterbier nennen darf“, sagt Engel.