Treffen
Das Herz schlägt für Zündapp

Als Teenager brausten sie mit 25 Sachen über die Straßen. Rund 30 Jahre später tun sie es wieder – in Thonlohe bei Hemau.

29.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:11 Uhr
Heiner Stöcker
Seit zehn Jahren veranstalten die Zündapp Freunde Thonlohe ihre Treffen. Präsident Johann Gschrei (l.) und Michael Söllner lieben es, an ihren Mofas zu schrauben. −Foto: Heiner Stöcker

Wenn er in seine Werkstatt geht, zieht sich Johann Gschrei den Arbeitskittel über. „Wäre schade um das schöne Zündapp-T-Shirt“, sagt er und lacht. Bis zu 15 Stunden in der Woche geht er ins Nebengebäude und schraubt an seinen Maschinen herum. „Zeit brauchst da scho viel.“

Es ist das Gefühl, das Gschrei wieder haben will. Das Gefühl, das er in Thonlohe mit 15 Jahren zum ersten Mal hatte: Frei, ungebunden und mobil. Mit einem Schlag rückten damals die Freunde näher zusammen, weil größere Entfernungen kein Problem mehr waren. Johann Gschrei sammelt und repariert Zündapp-Zweiräder. Mofas, Mokicks, 80er – alles. „Wenn du reinkickst und hörst es hinten blubbern – die Zweitakter – der Geruch – der Klang. Das erkennt man sofort.“

Auf der Suche nach Nostalgie

Für ihn sind es nicht die schweren Motoren, PS-Boliden, Höchstgeschwindigkeiten und Superlative, die anderen Zweirad-Fanatikern Gänsehaut verschaffen. Der Einzylinder-Zweitakter CS 25 war mit seinen 49 Kubikzentimetern und seiner Höchstgeschwindigkeit von gerade mal 25 Stundenkilometern von 1980 bis 1984 das Spitzenmofa aus dem Zündapp-Werk. Es ist die Nostalgie, die Gschrei und die anderen Mitglieder feiern. Er ist der Vorsitzende und Präsident der Zündapp Freunde Thonlohe.

Im Video erzählt Johann Gschrei über seine Leidenschaft

Für ihn ist es eine neu entdeckte Liebe. Jahrelang hatte er keine Zündapp. Bis zu diesem Moment vor rund elf Jahren. „Meine Freunde, alles gestandene Mannsbilder, haben sich aus Spaß Mopeds und Mofas gekauft. Und ich bin dann mit eingestiegen.“ Das war die Geburtsstunde der Zündapp-Freunde Thonlohe. „Und auf einmal hatte ich innerhalb von zwei Jahren 20 oder 25 bei mir stehen.“

Gschrei sammelt exzessiv, durchforstet Internetforen, stöbert bei eBay-Kleinanzeigen. „Das ist fast schon mutwillige Marktverknappung“, sagt Michael Söllner und lacht. Er wohnt in Hemau und ist Gründungsmitglied der Zündapp Freunde. „Seitdem unser Präsident aktiv ist, gibt’s fast keine mehr zu kaufen.“ Wie viele Zündapps Gschrei inzwischen sein Eigen nennt, will er nicht in der Zeitung lesen. Denn für eine CS 25 in gutem Zustand zahlen Liebhaber um die 2000 Euro.

Aber Söllner und Gschrei teilen noch eine Leidenschaft: „Sich in die Details einer alten Maschine vertiefen, sie zerlegen, sauber machen, zusammenbauen und am Ende – einmal treten und der Motor läuft. Das ist für mich das Höchste“, sagt Söllner. Allerdings hat er ein Handycap. „Ich wohne in Hemau. Und ich kann mich da in meiner Garage nicht so ausbreiten, wie unser Vorsitzender auf dem Bauernhof.“ Was anderes als Zündapp kommt Söllner deshalb nicht ins Haus. „Ich hab mit 15 Zündapp gehabt. Und jetzt wieder. Das ist einfach schön.“

2017 kamen um die 300 Fahrer zum Zündapp-Treffen ins kleine Thonlohe

Gschreis Sammlung ist inzwischen auch nicht mehr „lupenrein“. Ein paar andere Fabrikate haben sich eingeschmuggelt. In einem Hausflur parkt ein Roller der Auto-Union. 1953 entschloss sich das Unternehmen, ins Rollergeschäft einzusteigen, nachdem es vorher Piaggios Angebot abgelehnt hatte, die Vespa in Lizenz zu produzieren.

Die „Hobby“ war 1955 der meistgekaufte deutsche Motorroller. Aber 1957 stellten die späteren Audi-Werke die Produktion wieder ein. Das macht diesen Roller so speziell. „Wenn ich was kaufe, dann muss es was Besonderes haben. Eine Geschichte. Eine Bedeutung, die es Wert ist, dass die Maschine erhalten wird“, sagt Gschrei.

Großes Treffen am 8. Juli

Trotzdem: Sein Herz gehört Zündapp. Und am 8. Juli wird es ab 10 Uhr wieder laut in Thonlohe. Aus ganz Bayern und darüber hinaus pilgern Fans und Liebhaber in den kleinen Ort.

„Letztes Jahr kamen zu unserem Zündapp-Treffen rund 300 Fahrer mit ihren Fahrzeugen. Das hat uns echt überrascht.“ Und das bringt die Zündapp Freunde an ihre Kapazitätsgrenzen. Statt fachsimpeln, staunen und genießen heißt es für die Mitglieder grillen, Parkplätze anweisen und organisieren. „Deshalb haben wir zum Zehnjährigen auch nichts Besonderes geplant.“ Events, wie das Slow-Race von 2017, wird es nicht geben.

Aber die Zündapp-Freunde sind stolz auf ihr Treffen und was sie damit auf die Beine gestellt haben. „Letztes Jahr bei der Ausfahrt ist der erste in Otterzhofen eingefahren, da waren noch nicht alle aus Thonlohe raus.“ Und wenn sich am 9. Juli der Staub wieder gelegt hat, zieht sich Johann Gschrei wieder den Arbeitskittel über und geht in seine Werkstatt.