Abenteuer
Pettendorferin bewirtschaftet DAV-Hütte

Zum zweiten Mal bewirtschaftet Carol Freisleben eine Hütte in den Alpen – das Heinrich-Schwaiger-Haus auf 2800 Metern.

27.07.2019 | Stand 16.09.2023, 5:29 Uhr
Andrea Leopold

Das Große Wiesbachhorn ist ein Paradeberg, der vom Heinrich-Schwaiger-Haus zu erreichen ist. Zwei Wanderer sind unterwegs zum Gipfel und genießen die Aussicht.Foto: Andrea Leopold/Freisleben

Carol Freisleben zieht es noch einmal hoch hinauf in die Berge. Die Pielenhofenerin bewirtschaftet während der Sommermonate das Heinrich-Schwaiger-Haus, eine 2800 Meter hoch gelegene DAV-Hütte im Nationalpark Hohe Tauern. Vor zwei Jahren hatte sich Freisleben zum ersten Mal ihren großen Traum erfüllt und wurde zur Hüttenwirtin – doch die Saison auf der Sudetendeutschen Hütte verlief damals mehr als unglücklich. Jetzt hat sie erneut einen Pachtvertrag unterschrieben und packt es noch einmal.

„Es gibt Berge, über die man hinüber muss, sonst geht der Weg nicht weiter“, hat Marc Twain einst geschrieben. Um zum Heinrich-Schweiger-Haus zu gelangen, muss man sich schon ein bisschen anstrengen. Nach Kaprun geht es zuerst mit dem öffentlichen Bus hinauf zum Lärchwandschrägaufzug. Dieser überquert eine sehr steile Stufe und hält auf 1640 Metern Höhe. Dann folgt die Weiterfahrt mit dem öffentlichen Bus zum Stausee Mooserboden auf 2034 Metern Höhe. Jetzt erst beginnt der anstrengende Aufstieg zur exponiert gelegenen Hütte auf 2802 Metern.

Blitz zerstörte alle Geräte

Carol Freisleben hat sich nach der Saison auf der Sudetendeutschen Hütte im Jahr 2017 nun neu motiviert. Bei ihrem ersten Versuch als Hüttenwirtin vor zwei Jahren hatte kurz nach Eröffnung der Blitz in die Seilbahn eingeschlagen. Dabei wurden sämtliche Elektrogeräte in der Sudetendeutschen Hütte zerstört. Schließlich musste Freisleben nach einem frühzeitigen Wintereinbruch im September fluchtartig die Hütte verlassen, um nicht eingeschneit zu werden.

Von morgens um halb sechs Uhr bis abends gegen 23 Uhr oder noch länger dauert der Tag einer Hüttenwirtin. „Das Anstrengende an dem Hüttenleben ist die Essensausgabe. Alles soll schnell über die Bühne gehen“, erzählt Elfriede Freisleben, die Mutter der Wirtin, die ihre Tochter im Heinrich-Schwaiger-Haus unterstützt. Doch die einmalige Lage der Hütte entschädigt für so manche Mühen: „Ein Traum, wenn man hinunterschaut“, schwärmt Elfriede Freisleben.

Zufrieden ist auch ihre Tochter: „Die Hütte ist in besserem Zustand als die Sudetendeutsche und es ist mehr los hier“, erzählt sie. Diese Saison ist ihr Probejahr. Auf der Sudetendeutschen Hütte hatte sie nicht einmal eine Spülmaschine gehabt. Und auch die Kläranlage ist viel einfacher zu betreiben. Dazu kommt, dass nicht alle Tage auf der Hütte Stress mit sich bringen. „Es gibt auch lockere Tage mit weniger Gästen, vor allem unter der Woche oder wenn das Wetter schlecht ist“, erklärt Freisleben.

Im Jahr 1895 wurde das Heinrich-Schwaiger-Haus von dem Bergsteiger, nach dem es benannt ist, neu erbaut. Kurz nach Fertigstellung im Jahr 1901 schob jedoch ein gewaltiger Föhnsturm die Hütte vom Sockel. Noch schlimmer kam es für den Baumeister im Jahr darauf. Schwaiger zog sich tragischerweise eine schwere Lungenentzündung zu, an der er am Tag vor der Einweihung starb.

Doch das ist lange her. Jetzt sitzt eine Gruppe aus der Steiermark in der gemütlichen Stube. Andreas Gegg ist ein Bergsteiger, der viel unterwegs ist und seit 25 Jahren auf Hochtouren geht. Vor zwei Jahren bestieg er vom Heinrich-Schwaiger-Haus aus das Große Wiesbachhorn. „Jetzt wollen wir auf den Bratschenkopf.“ Das Große Wiesbachhorn ist der Paradeberg im Umfeld der Hütte. Der Gipfel wurde 1924 zuerst vom berühmten Bergsteiger Willo Welzenbach bestiegen. Der als „Eispapst“ bekannte Alpinist kam bei der zweiten deutschen Expedition zum 8125 Meter hohen Nanga Parbat zusammen mit Willy Merkl 1934 in einem Schneesturm ums Leben.

Michael Niehaus, ein 27-jähriger Bergsteiger, geht seit drei Jahren in die Berge und ist das erste Mal zum Heinrich-Schwaiger-Haus hinaufgestiegen. Auch eine Frau ist in der Gruppe dabei: Lilly Deutschmann ist aber her durch Zufall dabei. „Meistens bin ich in der Steiermark unterwegs. Dort gibt es nur 2000er“, erzählt sie. Eine Gruppe aus der Lüneburger Heide musste in den Bergen ihre Grenzen erkennen. Denn eigentlich wollten sie die Tauernrunde gehen. Ein zu großes Ziel, wie sich herausstellte: Sie mussten sich eingestehen, zu wenig Ausrüstung und auch zu wenig Erfahrung zu haben. „Wir hätten Steigeisen und Pickel gebraucht“, gibt Torsten Ziegler zu.

Das Wetter muss mitspielen

Mittlerweile ist die schöne Aussicht des Tages verschwunden. Wer aus dem Fenster schaut, sieht nichts als eine graue Nebelwand. Der Regen prasselt herab. Die Wirtin hat kaum Zeit, sich zu den Gästen zu setzen. Schon muss sie wieder ans Telefon – eine große Gruppe hat abgesagt, weil die Wetterprognose für den Sonntag sehr schlecht ist. Keine schöne Nachricht für die Hüttenwirtin.

Trotzdem setzt sich Carol Freisleben gerne zu ihren Gästen, auch wenn es manche mit der Hüttenruhe nicht immer so genau nehmen. Doch irgendwann liegen sie dann alle im Bett und träumen von den kommenden Touren. Die Hüttenwirtin räumt derweil noch die Küche auf und bereitet das Frühstück vor. Denn alles sollte schon fertig sein, wenn die ersten hungrigen Frühaufsteher kommen. Schließlich startet eine Hochtour oft noch vor der Morgendämmerung.