Interview
„Wir können nur anbieten und motivieren“

Für schwangere Frauen in Konfliktsituationen gibt es viele Angebote, berichtet Werner Kuhn, der Leiter des Kreisjugendamtes.

21.06.2017 | Stand 16.09.2023, 6:32 Uhr

Werner Kuhn, der Leiter des Regensburger Kreisjugendamtes Foto: Landratsamt

Im Januar hat die Polizei ein totes Baby in einer Zeitlarner Wohnung entdeckt. Wie reagiert das Jugendamt auf solche Fälle?

Bei uns läuft dann sofort eine Maschinerie an. Wir prüfen, ob irgendwo Informationen aufgelaufen sind, an denen der Sachverhalt im Vorfeld hätte erkannt werden können. Leider war es einer von den Fällen, die uns überhaupt nicht bekannt waren. Es gab keinerlei Hinweise.

Könnte das Jugendamt überhaupt eingreifen, wenn eine Frau ihre Schwangerschaft verheimlicht und möglicherweise das Kindswohl gefährdet ist?

Grundsätzlich können wir nur Fälle aufgreifen, die uns auch bekannt sind oder gemeldet wurden. Dann können wir aber eine große Bandbreite von Hilfen anbieten, etwa Familienpaten, Familienhebammen oder auch Mutter-Kind-Gruppen und Betreuungseinrichtungen für werdende Mütter. Diese Hilfen sind niederschwellig und unbürokratisch machbar. Hilfsmöglichkeiten gibt es genügend. Wir können aber nur anbieten und motivieren, das vorhandene Hilfsangebot auch anzunehmen.

Darüber hinaus hat das Kreisjugendamt keine Optionen?

Wenn eine Frau mit aller Macht ihre Schwangerschaft verschleiert, kommen wir schlecht an sie ran und können natürlich auch keine Zwangsmittel anwenden. Nur im Extremfall, wenn gesicherte Informationen vorliegen, dass tatsächlich das Kindswohl gefährdet ist und die angebotenen Hilfen nicht angenommen werden, könnten wir versuchen einen richterlichen Beschluss zu erwirken, um einen Sorgerechtseingriff unmittelbar nach der Geburt zu ermöglichen. Das Kind käme dann erstmal in eine Pflegefamilie.

Wie oft kommt das im Bereich des Kreisjugendamts vor?

Im Jahr haben wir etwa eine Handvoll Fälle. 2016 haben wir beispielsweise fünf Kinder unmittelbar oder kurz nach der Geburt in Bereitschaftspflegfamilien untergebracht.

Sie sagen, dass in manchen Fällen gar keine Informationen bis zum Jugendamt vordringen. Wären hier nicht Meldungen aus dem Umfeld von betroffenen Frauen wichtig?

Der Idealfall ist immer, dass sich die Frauen selbst an uns wenden. Natürlich ist es auch gut, wenn sich Menschen aus dem Umfeld rühren, die sehen, dass etwas schiefläuft. Maßgebend sollte hier aber der gesunde Menschenverstand sein. Denn oft genug ist es für uns sehr schwierig, solche Meldungen richtig einzuordnen.