Kriegsende
Zeche Undorf war eine echte Schatzkammer

Bei der Plünderung der Lagerbunker kam eine Frau ums Leben. In Nittendorf verhinderte die weiße Fahne Schlimmeres.

13.04.2015 | Stand 16.09.2023, 7:08 Uhr
Nachdem die Lager der Karolinenzeche in Undorf 1945 durch die Amerikaner freigegeben wurden, erfolgte schnell die Plünderung. −Foto: Fotos: Sammlung Knott

Dieser Tage jährt sich der Einmarsch der amerikanischen Truppen zum 70. Mal. Die Oberpfalz, die bis auf Regensburg und Neumarkt größtenteils von Bombardierungen verschont geblieben war, wurde im Frühling 1945 zum Kriegsgebiet. Die 3. US-Armee unter General George Smith Patton marschierte auf ihrem Weg zur „Alpenfestung“, der letzten Bastion der Wehrmacht, auch ins Gebiet des heutigen Markts Nittendorf.

Von den Ortsteilen der Gemeinde aus sollte der Angriff auf Regensburg erfolgen. Die vor Ort verbliebenen Reste der Deutschen 416. Infanteriedivison versuchten vergeblich, die Ortschaften zu halten. Es verging kein Tag ohne Alarm, erinnern sich einige Augenzeugen. Die Einwohner flohen nach der Alarmierung in die Keller oder suchten immer wieder in den Höhlen Schutz, wie in Etterzhausen oder in Schönhofen. Die „Räuberhöhle“ hoch über dem Naabtal wurde dementsprechend eingerichtet.

Volkssturm als „letztes Aufgebot“

Neben den Bomben, die unter anderem vor allem Ziele in Regensburg anvisierten, fanden des Öfteren Tieffliegerangriffe auf Soldatengruppen, Transportfahrzeuge und vor allen auf die Eisenbahn statt. Die furchtbaren Angriffe auf die Domstadt waren so schlimm, dass deren Wucht noch in Schönhofen und Nittendorf Türen und Fenster zittern ließ und den Himmel weithin rot färbte, berichtet der ehemalige Heimatpfleger und Altbürgermeister Max Knott in seinen Aufzeichnungen über das Kriegsende.

Der Widerstand der deutschen Truppen war unter anderem auch deshalb so stark, weil die nationalsozialistische Propaganda immer noch die Hoffnung auf eine Wende verkündete und das Militär bei möglichen Kapitulationsversuchen hart durchgriff. Nicht nur die Nittendorfer Bevölkerung war also in einer äußerst schwierigen Situation. Wurde beim Einmarsch der Amerikaner ein weißes Tuch ins Fenster gehängt und der Volkssturm oder die vor Ort kämpfende SS-Truppe erkannte dies, so drohte die standrechtliche Erschießung. Hätte man die weiße Fahne nicht gehisst, so drohte die Zerstörung des Hauses durch die vorrückenden US-Streitkräfte, erzählt Knott.

Bereits im Dezember 1944, wie im übrigen Reichsgebiet auch, wurde in Undorf ein Volkssturm aufgestellt und vereidigt. Zentrale Aufgabe war es, die Ortsverteidigung wahrzunehmen. Der Volkssturm sollte uniformiert sein, was in Undorf aber nicht der Fall war, hat der Heimatpfleger recherchiert. Die Armbinde mit der Aufschrift „Deutscher Volkssturm“ trugen dagegen alle, Waffen und Munition waren nur sporadisch vorhanden. Eine weitere Aufgabe dieser von vielen als „letztes Aufgebot“ angesehenen Truppe war es, Panzersperren zu errichten. Dabei war allen klar, dass derartige Hindernisse den Feind nur wenige Minuten aufhalten würden. Selbst die Panzersperre in Etterzhausen, die an der heutigen Bundesstraße 8 in Höhe der Einfahrt Kirchberg errichtet wurde, konnte ihren Zweck kaum erfüllen, denn die anrückenden Amerikaner ließen den Volkssturm selbst das Hindernis wieder abtragen und schauten bei der Arbeit zu.

Ohne Gegenwehr eingenommen

Die Besetzung Undorfs verlief wesentlich unspektakulärer. Die Bewohner hatten sich bei Beginn der Kämpfe um Pollenried (siehe weiterer Bericht) in die Keller zurückgezogen und verharrten dort größtenteils die ganze Nacht aus Angst vor einem Angriff der Amerikaner. Am Morgen des 24. April rückten die aus Pollenried kommenden Panzer und US-Truppen nach Undorf vor und besetzten den Ort, ohne auf Gegenwehr zu stoßen. Viele Häuser wurden beschlagnahmt und die Bewohner vertrieben, so Knott.

Da die Mariaorter Eisenbahnbrücke zerstört war, standen viele Güterzüge im Undorfer Bahnhof. Nach dem Einmarsch der US-Truppen waren die Züge in die Karolinenzeche umgeleitet, die Ware entladen und eingelagert worden. Die am 25. April zurückkehrende Bevölkerung war von der „Schatzkammer Karolinenzeche“ überrascht. Nachdem die Lagerbunker vom amerikanischen Kommandanten für die Einwohner freigegeben wurden, begann die Plünderung. Eine Frau kam ums Leben – sie blieb das einzige Opfer der Besetzung Undorfs.

Im Gegensatz zu Pollenried und Undorf waren in Nittendorf keine kriegerischen Handlungen zu vermelden und beim Einmarsch der Amerikaner entstanden keinen wesentlichen Schäden. Dies verdankt der Ort dem damaligen Pfarrer Wenkmann, der die weiße Fahne auf dem Kirchturm hisste. Allerdings hatte bereits ein Jahr zuvor ein Flugzeug einige Bomben abgeworfen, um nicht abzustürzen. Dabei waren das Feuerwehrhaus zerstört, die Kirche sowie einige Gebäude schwer beschädigt worden.