Menschen
Corona-Angst bei Familie Wastl

Die Familie aus Pfatter hat zwei Kinder, für die eine Infektion fatale Folgen haben könnte. Doch der Vater muss arbeiten.

31.03.2020 | Stand 16.09.2023, 5:03 Uhr

Familie Wastl aus Pfatter: Für die Kinder Melissa und Sebastian könnte eine Infektion mit Corona-Viren fatale Folgen haben. Foto: Rüdiger Wastl

Familie Wastl aus Pfatter hat sich durchgefragt. Beim Robert-Koch-Institut, bei der Regierung der Oberpfalz, bei Gesundheitsamt und Krankenkasse. Eine Antwort, die ihnen weiterhilft, haben sie nicht bekommen. Sonja und Rüdiger Wastl haben zwei Kinder und für beide besteht ein besonders hohes gesundheitliches Risiko, wenn sie sich mit dem Sars-Virus anstecken. Für die siebenjährige Melissa könnte es sogar tödlich enden, denn sie hat schon jetzt nur eine eingeschränkte Lungenfunktion. Doch ihr Vater kann nicht mit dieser Begründung von der Arbeit zu Hause bleiben. Und hier liegt das Problem und die große Sorge der Eltern: Was, wenn der Alleinverdiener das Virus einschleppt?

Niemand fühlt sich zuständig

Seit Wochen versucht das Ehepaar Wastl einen geeigneten Ansprechpartner zu finden, um das weitere Vorgehen zu klären. Doch nirgendwo fühlt man sich zuständig. „Man wünscht uns alles Gute und bedauert nicht weiterhelfen zu können“, schildert der Vater die Situation. In ihrer Ratlosigkeit haben sich Sonja und Rüdiger Wastl nun an die Mittelbayerische gewandt und wollen ihren Fall schildern. Auch deshalb, weil sie befürchten, dass es noch andere Familien gibt, die vor einer ähnlichen Problematik stehen.

Bei den Wastls wären beide Kinder gefährdet, einen schweren Verlauf der Covid-19-Erkrankung zu erleiden. Die siebenjährige Melissa hat eine chronische Atemwegserkrankung. Da ihre Lunge nur eingeschränkt arbeitet, benötigt sie schon jetzt bei jedem Infekt intensivmedizinische Pflege und Sauerstoffgaben. „Unsere Ärztin sagt, dass eine beidseitige Lungenentzündung, wie sie bei Covid-19 auftreten kann, fatal für unser Kind wäre“, schildert Rüdiger Wastl. Doch auch der fünfjährige Sebastian, der mit dem Down Syndrom geboren wurde, hat ein vermindertes Immunsystem. Auch bei ihm könnte das Virus besonders aggressiv arbeiten und eine intensivmedizinische Versorgung notwendig machen.

Im Bürokratie-Chaos

Seit sich immer mehr Menschen mit dem Corona-Erreger anstecken, versuchen die Wastls so gut es geht in Quarantäne zu leben. „Wir halten uns sehr an die geforderten Regeln und schotten uns so weit wie möglich ab“, schildert Sonja Wastl. Die Lebensmittel werden geliefert, gespielt wird nur noch im Haus, Kontakte nach draußen gibt es nur per Telefon. Ihr Ehemann hat, als die Infektionszahlen auch im Raum Regensburg anstiegen, zunächst mit Urlaub überbrückt, doch der ist demnächst aufgebraucht. Dann muss er an seinen Arbeitsplatz in einer kleinen Firma zurückkehren, wenn sich niemand findet, der die Familie aus dem Bürokratie-Chaos herausführt. „Das macht uns große Sorgen“, sagen die Eltern. Denn die Gefahr sich unbemerkt zu infizieren, ist groß. Die Regierung der Oberpfalz hat der Familie geraten, eine betriebsmedizinische Beratung am Arbeitsplatz durchführen zu lassen. „Aber das schützt doch nicht davor, mich bei jemandem anzustecken“, sagt Rüdiger Wastl. Das RKI hat wiederum an seine Bürgertelefone verwiesen, wo so gut wie kein Durchkommen ist. Auch bei ihrer Krankenkasse konnte man den Wastls nicht weiterhelfen. Überall gab es statt konkreter Hilfen gut gemeinte Tipps, mit denen die Familie aber wenig anfangen kann.

Aus Sicht der Eltern bräuchte es dringend eine gesetzliche Regelung, die es erlaubt, aufgrund der Gesundheitsgefährdung der Kinder eine Art Lohnfortzahlung bzw. Krankengeld analog wie im Krankheitsfall zu erhalten. Doch dafür sieht die Krankenkasse keinen Spielraum. Auch Sozialkassen sind nicht zuständig, da der Vater ja einer Arbeit nachgeht. „Und selbst wenn ich ohne Einhaltung der Kündigungsfristen kündigen würde, dann wäre ich für Arbeitslosengeld erst einmal gesperrt“, schildert Rüdiger Wastl ein weiteres Problem. Die Familie fühlt sich inzwischen in einer Sackgasse, wenngleich sie auch Verständnis dafür hat, dass der Fokus derzeit nicht auf Einzelschicksalen liegt.

Genau deshalb wolle sie die Öffentlichkeit sensibilisieren, dass nicht nur Senioren zur Risikogruppe gehören. Auch Kinder können dem Virus zum Opfer fallen. Deshalb brauchen auch sie und ihre Familien einen besonderen Schutz. Die Politik, sagen die Wastls, müsse in dieser Krise einfache und effektive Lösungen für alle Risikopatienten finden. „Schließlich heißt es, dass jedes Leben zählt.“

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