Musik
Liquid reimt den Rap auf Bayerisch

Der Regenstaufer Harold Merl beamt sich mit Mundart im Turbospeed nach oben. Er hat den BR-Startrampe-Wettbewerb gewonnen.

07.05.2014 | Stand 16.09.2023, 7:15 Uhr
Martina Schaeffer
Harold „Harry“ Merl, Oberpfälzer Rapper, baut am Drum-Pad seine Beats. −Foto: Fotos: Schaeffer

Seinen Namen, Liquid, hat er vom Computerspiel Metal Gear – das ist für ihn die beste Inspiration. Er liebt seine Heimat Regenstauf und ihre Sprache, das Oberpfälzisch. Und: Musik, seine „Mucke“ – das sind vor allem Hip-Hop und Rap – sind ihm überhaupt alles: „Wenn ich’s nicht grad selber mach’, hör’ ich’s“.

Und all dies mit einer Prise rauer Poesie und etwas Humor kräftig zusammengemixt, aufgerührt und dann mit Turbospeed laufengelassen, gibt dies: einen Mundart-Rapper, der die –meist bayerischen – Silben, sauber gereimt, in solch einer Hochgeschwindigkeit taktet, das einem schier schwindlig wird. Locker, flüssig und ganz ohne Knoten in der Zunge.

Harold „Harry“ Merl, 24, legt als Rapper Liquid gerade einen Blitzstart hin. Innerhalb von knapp zwei Jahren sind seine Follower auf Facebook auf über 14 000 geboomt. Und: Soeben hat er im Bayerischen Rundfunk den „Startrampe“-Wettbewerb gewonnen.

Er hat in den drei Monaten seine beiden Konkurrenten, die Band „The Impression“ und den Solointerpreten Malky, in der Zuschauergunst hinter sich gelassen und darf sich vom Sender nun sein neues Album „La Le Lu“, sein zweites nach „LaLiLuLeLo“, mixen und mastern lassen, professionelles Video inclusive.

Der legendäre Heinz Rühmann gibt für „La Le Lu“ das Intro und damit den Ton an, für „unser Lied“, das Schlaflied, und dann legt Liquid los und das klingt ziemlich munter, hellwach: Er rappt über Hip-Hop, den Rap, über die Kunst an sich.

Und er hat eine Botschaft: „I halt des für charakterschwach, was Kommerz aus dieser einst so guten Sache macht“, pocht er rhythmisch im Sprechgesang.

Und setzt noch eins drauf: „Ekelhafte Mucke ohne Seele hod der Deifl g’schickt, weil er neidisch is’, weil er selber koane hod, aber oane mechat, und sie so ganz einfach oane holt, doch i verkauf’ mi ned.“

Und in der Tat: Liquids Raps sind online nach wie vor kostenlos im Download erhältlich.

Harry Merl geht’s um die Sache. „Ich hab’ immer Geschichten im Kopf.“ Gerne würde er auch mal ein Kinderbuch verfassen oder einen Film drehen. Seine Ideen zieht er mal aus einem Computerspiel, aus einem Film, einer Zeichnung.

Einmal hat er einen Cyborg-Rap konzipiert, er selbst war darin ein Cyborg, ein Wesen halb Mensch, halb Maschine, das zum Rappen programmiert war.

„Wenn wir keine guten Rapper haben, bauen wir uns einen“, hat er sich gedacht.

Bushido oder Zero mag er nicht. „Die legen keinen Wert auf Technik und gute Beats.“ Die würden reine „Glockenbeats“ spielen, dreschen nur ein.

Liquid hingegen legt Wert auf den Sound, die Kunst, der Respekt anderer Rapper ist ihm wichtig. Busta Rhymes, SSIO oder Eminem – die haben‘s aus seiner Sicht drauf.

Seine Themen holt er sich aus all dem, was ihn umgibt. „Was ich seh’, greif’ ich auf.“ Seine Tracks drehen sich ums BMX-Fahren, um Drogen – obwohl er selbst, wie er betont, keine nimmt –, oder auch um die Liebe zu seiner Freundin Justine.

Und auch kämpferisch gibt es Liquid: Er macht auch mal einen Battle-Rap. Nimmt andere Künstler musikalisch verbal auf die Schippe, singt sie aus. „Das Battlen muss man sportlich sehen. Ich würd’s auch keinem bös’ nehmen, wenn er mich attackiert.“ Das sei wie beim Gstanzlsingen erklärt der Regenstaufer. „Wer no oan draufsetzt, hod g’wunna.“

Gerhard Polt ist so einer, vor dem hat der 24-Jährige Respekt. „Der ist ein Genie, extrem lustig“, sagt Merl. Und mit seinem Polt-Track, in dem er den Meistergrantler in seine eigenen Reime einsampelt, hat Liquid erste Bekanntheit erlangt.

Jetzt will er sich in einer neuen Nummer dem Hausmeister Nullinger widmen, der sich immer beschwert.

Merl selbst legt keinen Wert auf das Outfit, das Styling, die coole Klamotte. „Mir ist das ziemlich wurscht.“ Ihm gehe es nur um die Musik, gute Musik. „Das ist das Wichtigste.“

Und er will sich dabei nicht verstellen. „Echt bei umakomme“ – das sei es.

Blues, Heavy Metal waren ihm Vorbild – und hier vor allem die harten Drums. Denn: „Die Drums sind das Wichtige.“ Seinen Beat hat er sich selbst beigebracht. Durch viel Hören vor allem. „Ich hör’ non-stop Musik“, erzählt der gelernte Anlagenmechaniker, der inzwischen rein von seiner Musik, seinen Auftritten lebt und strahlt dabei übers ganze Gesicht.

Mit zwölf Jahren hat er mal Gitarre gelernt im Regenstaufer Jugendzentrum „Kult“. Und ist dann mit 14, 15 Jahren zum Hip-Hop, zum Rap gekommen, durch seine Kumpels, die selbst Beats gemacht haben. Und auch heute macht die meisten Beats für die Tracks noch sein Freund Maniac.

Merl, der zwar auch Beats baut, ist vor allem Texteschreiber.

Die Zeilen sagt er erst laut vor sich hin „und dann wird’s immer mehr“. Das sei viel Denkarbeit.

Alles muss perfekt sein, die richtige Länge haben und kein Wort zuviel. „Das baut man wie ein Puzzle zusammen.“

Der Rap sei wie eine Matheformel, erklärt Merl. „Drei mal 16 Takte und dann doubled man die Kacke zwoamal“.

Vier Jahre hat er gebraucht, bis er seine Stimme entwickelt hatte, bis der richtige Flow da war.

Liquid kommt von flüssig, von fließen. Und wenn alle sagen: „Yeah, der Liquid flowt flüssig“, dann macht ihn das stolz.

Und die Mundart? „Weil i bayerisch aufg’wachsen bin“, erklärt Harold Merl einfach. „So red’ i.“