Ortsgeschichte
Wolfsegg hat jetzt eine Ortschronik

Helmut Lukesch hat eine Chronik seiner Heimatgemeinde Wolfsegg verfasst. Nun kommt das Buch auf den Markt.

22.06.2019 | Stand 16.09.2023, 5:29 Uhr
Elisabeth Angenvoort

Prof. Dr. Helmut Lukesch wird seine Ortschronik in Wolfsegg persönlich vorstellen: am Mittwochabend in der Bergwirtschaft Kumpfmüller. Foto: Angenvoort

Sie ist das Ergebnis vieler Jahre akribischer Arbeit in Archiven, Bibliotheken und Museen, und das Ergebnis eines unermüdlichen Suchens und Fragens buchstäblich von Haus zu Haus: die über 600 Seiten starke Ortschronik von Wolfsegg des emeritierten Psychologieprofessors Dr. Helmut Lukesch.

Begonnen hat es mit einem „etwas leicht dahingesagten Satz“ anlässlich seinerAmtseinführung als Ortsheimatpfleger im Januar 2015. In dieser Funktion müsse er eigentlich eine Ortschronik verfassen, sagte Lukesch damals. Seitdem hat er tatsächlich jeden Tag daran gearbeitet, um sein Versprechen zu realisieren. Er sei bei weitem kein Historiker, sagt er. Doch besitze er die Fähigkeit zum Schreiben und habe „wirklich jedes Papier umgedreht“, das irgendwie in einem Bezug zu Wolfsegg stehen könnte.

Ein Geschenk für Wolfsegg

Lukesch lebt seit fast 40 Jahren in Wolfsegg und fühlt sich als „Teil des Ortes“, dessen Geschichte er in der Chronik für die nachfolgenden Generationen lebendig erhalten will: „Die Chronik ist das, was ich dem Ort geben kann.“ Dabei hat er vor allem auch die Menschen im Blick, denn die Struktur des Landes werde wesentlich durch die alte bäuerliche Tradition bestimmt.Die Gemeinde sei viel mehr als „nur“ die Burg, betont Lukesch. Darum war es ihm ein besonderes Anliegen, die einzelnen Hausgeschichten zu eruieren und einen Bezug zur Gegenwart zu finden. „Früher hat man die Menschen ein bisschen vergessen“, meint er. Es gibt so viele faszinierende Geschichten; die Tatsache, dass die „Urmutter der Wittelsbacher“ vom Pettendorfer Geschlecht abstammt, ist nur eine von vielen.

Wolfsegg hatte in vielerlei Hinsicht eine Vorreiter-Rolle.“Helmut Lukesch, Autor

Dabei war er zunächst nicht gerade erfreut, als er aufgrund der neuen Datenschutz-Grundverordnung 110 Haushalte aufsuchen musste, um von jedem das Einverständnis zur Veröffentlichung zu erhalten. Im Nachhinein war dies jedoch ein großer Gewinn für seine Arbeit: In vielen interessanten Gesprächen erhielt er Informationen und Berichtigungen, an die er sonst nicht herangekommen wäre. „Das Entgegenkommen der Leute war überwältigend“, sagt Lukesch. Eine große Freude war es besonders, mit den ältesten Wolfsegger Bürgern zu sprechen, die letztendlich das „Gedächtnis des Ortes“ seien.

Bewegende Momente

Was Lukesch während seiner Forschungsarbeiten persönlich sehr beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass die Gegend um Wolfsegg seit etwa 4800 vor Christus von Menschen besiedelt war. Durch entsprechende Funde aus dem Dürrloch, 1450 Meter nordöstlich der Burg, konnte dies eindeutig nachgewiesen werden.

Ein besonderer Moment in den vergangenen Jahren war auch der Augenblick, als Lukesch ein Dokument aus dem Jahr 1664 in den Händen hielt, das der frühere Ministerialbeauftragte Hans Schmitzer zufällig auf einem Flohmarkt entdeckt hatte. Es handelt sich um eine Hofmarksbeschreibung von Wolfsegg nach dem Dreißigjährigen Krieg: Lediglich zwei Häuser sind damals vom Ort übriggeblieben. „Dass so etwas einfach aus dem Nichts auftaucht, fasziniert mich“, sagt Lukesch.

Unvergesslich ist ihm auch jener Augenblick, als er ein Schriftstück auffinden konnte, in dem zum ersten Mal eindeutig der Name eines Mitglieds aus dem Geschlecht der Wolf genannt wird: Wolf von Wolfseck, wobei „Wolf“ als Familienname und „Wolfseck“ als Herkunftsbezeichnung zu verstehen ist. Dieses zeitgeschichtliche Dokument in der Hand zu haben, sei fantastisch gewesen: „So, als wäre es erst gestern geschrieben worden, in einer wunderbaren Schrift.“ Diese Urkunde dokumentiert die Schenkung eines Eimer Weins (das entspricht etwa 60 Litern) aus dem Weingarten des Wolf von Wolfseck an den Pfarrer von „Chalmuenz“, was darauf schließen lässt, dass damals eine „Warmzeit“ herrschte, wodurch ein ertragreicher Weinanbau möglich war.

Für Lukesch jedoch viel entscheidender ist die daraus resultierende Erkenntnis, dass „Wolf von Wolfseck“ vermutlich der Sohn des Burggründers Praun (Bruno) Wolf von Schönleiten gewesen ist. Wolfsegg sei früher im Bewusstsein der Regensburger ein abgelegener Ort gewesen, sagt Lukesch. Heute ziehen immer mehr Menschen von außen zu. Bleibt zu hoffen, dass sie integriert werden, damit Wolfsegg nicht irgendwann zu einer „Schlafgemeinde von Regensburg“ wird, sondern ein lebendiger Ort bleibt – mit einer großen Vergangenheit.

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