Nachhaltige Schnittblumen
Sinzing: Malven und Duftwicken direkt vom Feld

22.07.2022 | Stand 15.09.2023, 4:20 Uhr
Alexandra (l.) und Miriam Distler in ihrem Element: auf ihrem Blumenfeld. −Foto: Fotos: Unrecht

Kornblumen, Löwenmäulchen, Dahlien: Auf dem Blumenfeld von Miriam und Alexandra Distler leuchten Blüten in allen Farben. Die beiden Frauen bauen in Sinzing nachhaltige Schnittblumen an.



„Ab Juli explodiert alles“, sagt Miriam. Neben der Arbeit auf dem Feld zieht die 46-Jährige derzeit vor allem Stauden heran. Die Arbeitstage sind lang. „Es ist wahnsinnig viel zu tun, aber es ist wunderbar, immer Blumen und Insekten um sich zu haben“, sagt die gelernte Natur- und Landschaftspflegerin.

Vor zwei Jahren haben die beiden Frauen den Betrieb Landstreich gegründet. „Seit diesem Jahr fängt es an , sich zu rechnen.“ Der Anbau von Schnittblumen sei eine „totale Nische“, erzählen sie. Der Großteil der im Handel erhältlichen Schnittblumen komme über die Blumenbörse in Amsterdam auf den Markt, angebaut in aller Welt. „Die Blumen werden gekühlt, mehrfach verpackt und sind durch und durch vergiftet.“ Ein dreckiges Geschäft sei das. Nur 20 Prozent der in Deutschland erhältlichen Schnittblumen würden hierzulande angebaut – und nur ein kleiner Teil davon werde ökologisch produziert. „Wir schaffen ein Angebot.“

Anbau von Hand

Bei Landstreich wird nachhaltig und pestizidfrei produziert, versichern die Inhaberinnen. Auf Torf verzichten sie, Maschinen bleiben weitestgehend außen vor. Nur ein Einachser für die Mahd und zum Vorbereiten des Bodens ist im Einsatz. „Der Rest passiert von Hand.“ Zum Gießen wird Regenwasser in einem 6000-Liter -Bottich gesammelt. Im kommenden Jahr soll der Betrieb als ökologischer Landbau zertifiziert sein.

Die Blumen wachsen auf dem Feld in fünf mal ein Meter großen Parzellen. Verfügbar ist nur, was Saison hat. Die Philosophie dahinter folgt der Slowflower-Bewegung („Langsame Blüte“). Dazu gehört auch, die Pflanzen selbst heranzuziehen – vom Samensetzen bis zur Ernte.

Die beiden Frauen haben lange nach einem passenden Grundstück für ihr Projekt gesucht. Seit 2018 wohnen sie in Zeiler, an der Grenze von Sinzing und Nittendorf. Über eine kleine Schotterstraße gelangt man zu dem rund 2,5 Hektar großen Anwesen. „Der Ort soll verzaubern“, sagt Miriam Distler. Das ist geglückt.

Neben dem Blumenfeld gehören eine Streuobstwiese und rund eineinhalb Hektar Wald zur Hofstelle. Auch zwei Hunde und vier Schafe leben hier. Zahlreiche Blumentöpfe säumen den Weg hinauf zum fast 40 Quadratmeter großen Gewächshaus. Dort sind jetzt vor allem Tomaten untergebracht, die Jungpflanzen für den Betrieb wachsen daneben im Freien heran. Auf Brettern und Pflanztischen reiht sich Topf an Topf. Da spitzeln kleine Primeln und Schwertlilien hervor, dort haben sich Narzissen in der kühlen Erde „schlafen gelegt“, wie Miriam Distler sagt. Die Zwiebeln ruhen in Pflanzgefäßen und warten auf ihren nächsten Auftritt.

Trockenblumen als Trend

Ein Stück weiter oben haben die beiden Frauen einen Stadl aus heimischem Lärchenholz errichtet – mit Werkbank und Trockenkammer. Kopfüber hängen dort Schafgarbe, Frauenmantel und Sonnenhut von der Decke. „Im Dunkeln behalten sie ihre Farbe.“Auch essbare Blütenblätter für Konfetti trocknen hier – auf Hochzeiten immer gern genommen. Die Trockenblumen werden ab Oktober zu Kränzen gebunden. „Das ist wieder voll im Trend“, versichern die Frauen, die damit eine weitere Nische für sich entdeckt haben. „Getrocknet finde ich Blumen fast noch faszinierender als frisch“, sagt Miriam Distler.

Weil das Anwesen auf einer Höhe von rund 500 Metern liegt, hinkt die Vegetation im Vergleich zu Regensburg rund zwei Wochen hinterher. „Heuer ging es erst Ende Mai mit Narzissen und Tulpen los.“ Nach den Frühblühern kommen die Wiesenpflanzen, dann die Zweijährigen, wie zum Beispiel Rittersporn und Bartnelken. Im Herbst endet die Saison mit Astern und Chrysanthemen. Dazu werden Zweige, Beeren und dekorative Samenstände kombiniert. Erhältlich sind die Blumen und auch Kräuter direkt am Hof, aber auch jeden ersten Freitag im Monat am Bio-Donaumarkt in Regensburg.

Zurück aufs Land

Pflanzenverrückt sei sie schon immer gewesen, erzählt Miriam, die ursprünglich aus dem Schwäbischen stammt. Auch Alexandra kommt vom Dorf und ist im Landkreis Eichstätt aufgewachsen. Nach Stationen in München und Berlin sind die zwei bewusst wieder aufs Land zurückgekehrt. Miriam arbeitet Vollzeit für den Betrieb, Alexandra ist hauptsächlich Hörfunk-Journalistin und hilft nebenbei in der Blumenfarm mit.

Die beiden Frauen haben ihre Blütenträume mit echtem Leben gefüllt.