Landwirtschaft
Sonntagsarbeit sorgt für Stunk

Wenn Bauern arbeiten, während andere Ruhe wollen, kann das zu Konflikten führen. Künftig könnte das noch häufiger passieren.

16.05.2018 | Stand 16.09.2023, 6:13 Uhr
Kathrin Robinson

Gülle ausfahren am Sonntag – muss das sein? In Ausnahmefällen kann das zulässig sein. Foto: Henning Bagger/dpa

Endlich Wochenende, die Sonne lacht vom Himmel, die Vögel zwitschern. Zeit, einfach mal die Füße hochzulegen, ein Buch auf der Liege im Garten zu lesen und die Stille des Landlebens zu genießen! Doch nicht immer geht diese Rechnung auf. Wenn Bauern auf den Feldern in der Umgebung Arbeiten verrichten, kann es schnell vorbei sein mit dem ungestörten Wochenendidyll. Dann können Lärm, Staub oder unangenehme Gerüche einem den Platz in der Liege rasch vermiesen. Vor allem bei der Störung des Sonntagsfriedens hört offenbar auch für so manchen Landbewohner der Spaß auf, wie ein aktueller Fall aus dem Landkreis Eichstätt zeigt.

Dort stank es einem Anwohner im wahrsten Sinne des Wortes derart, dass ein Bauer seine Gülle an einem Sonntag ausbrachte, dass er die Polizei informierte. Die traf nicht nur auf einen, sondern gleich auf drei Landwirte, die sonntags auf ihren Äckern arbeiteten. Die Folge: Gegen alle drei läuft nun eine Anzeige wegen Sonntagsarbeit. In den sozialen Netzwerken sorgte der Fall für hitzige Diskussionen: Was dürfen Landwirte und was nicht?

Eine Frage, die hin und wieder auch die Polizei im Landkreis Regensburg beschäftigt. Dass sich Bürger bei der Polizei über Bauern beklagen, die zu später Stunde, sonn- oder feiertags Wiesen und Felder bestellen, sei zwar insgesamt gesehen sehr selten, heißt es in den vier Polizeiinspektionen Neutraubling, Nittendorf, Regenstauf und Wörth. Doch dann und wann kommt es durchaus vor. Im Bereich der Polizeiinspektion Regenstauf ist kürzlich eine Beschwerde über landwirtschaftliche Arbeiten zur Nachtzeit eingegangen, schildert Dienststellenleiter Klaus Baumer einen konkreten Fall. Als die Beamten vor Ort eintrafen, konnten jedoch keine Arbeiten mehr festgestellt werden.

Kein Freibrief für Landwirte

Auch Josef Schweiger von der PI Wörth spricht von Einzelfällen, „die man in den vergangenen Jahren an einer Hand abzählen kann“. Oft handle es sich bei den Beschwerdeführern um Neubürger, die in eine landwirtschaftlich geprägte Gemeinde gezogen seien. „Da kommt es dann zur Kollision zwischen der erwünschten Erholung im Grünen und der Ruhestörung, dem Staub und der Geruchsbelästigung, die die Landwirtschaft mit sich bringt.“

Wenn sich Anrufer beschweren, schaut sich die Polizei die Situation vor Ort an. Denn das bayerische Feiertagsgesetz, das Arbeiten, die die Feiertagsruhe beeinträchtigen, untersagt, sieht zwar Ausnahmen für Landwirte vor – aber ein Freibrief ist dies nicht. Sonntagsarbeit ist Bauern demnach nur erlaubt, wenn es sich um „unaufschiebbare Arbeiten“ handelt. Kommt es zur Anzeige, muss letztlich das Landratsamt als zuständige Behörde unter Berücksichtigung von Aspekten wie der Witterung, dem Arbeitsumfang und betrieblichen Voraussetzungen entscheiden, ob die Arbeiten zum fraglichen Zeitpunkt wirklich notwendig waren. Im vergangenen Jahr war das im Landkreis Regensburg zweimal der Fall. In beiden Fällen holte das Landratsamt eine Stellungnahme des Bauernverbands ein, in beiden Fällen wurden die Arbeiten für tatsächlich unaufschiebbar befunden.

Die Frage, ob etwas aufschiebbar ist oder nicht, ist nicht immer leicht zu beantworten. „Ich maße mir nicht an, über den Fall im Landkreis Eichstätt zu urteilen“, sagt Josef Wittmann, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) in Regensburg und Schwandorf. Landwirte seien im höchsten Maße witterungsabhängig, unter Umständen kann also auch sonntags das Odelfahren zulässig sein. „Aber natürlich ist es schon heftig, an einem Sonntag vor einem Wohngebiet zu pflügen oder Gülle auszubringen, wenn auch noch die Sonne runterbrennt“, betont er. „Da appellieren wir auch an die Bauern.“

Knapp bemessener Terminplan

Deshalb nehmen Bauern immer häufiger die Dienste von Lohnunternehmern mit schlagkräftigen Großmaschinen in Anspruch. Diese müssen ausgelastet werden. Doch sobald sich das Wetter ändere oder an der Maschine etwas kaputt gehe, könne es zu Termin-Problemen kommen, sagt Wittmann. „Weil man die Technik nur für einen gewissen Zeitraum hat, muss man für die Arbeiten dann jede Gelegenheit nutzen – und dann ist man urplötzlich im Feiertag drin.“

Es gilt das Gebot der Rücksichtnahme – auf beiden Seiten.“Josef Wittmann, Bayerischer Bauernverband

Die meisten Menschen auf dem Land hätten Verständnis für die Bauern, sagt Wittmann. Doch auch beim Bauernverband gibt es immer wieder Anrufe, in denen Unmut über Sonntagsarbeit geäußert wird. „Man muss immer den Einzelfall sehen“, sagt Wittmann. „Es gilt das Gebot der Rücksichtnahme – auf beiden Seiten.“ Eines jedoch ist für ihn klar: „Es kann nicht sein, dass wir die Produktion von Nahrungsmitteln der Freizeit unterordnen.“ Und er wirbt um Akzeptanz bei Neubürgern: „Am Land da duftet es halt mal – das gehört dazu.“

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