Regensburg
900.000-Euro-Klo am Schwanenplatz macht Wirte wütend

10.06.2022 | Stand 12.10.2023, 10:25 Uhr
Juliana Ried
Die Toilettenanlage aus Beton-Fertigteilen am Schwanenplatz ist noch eingezäunt. −Foto: Fotos: Tino Lex

Am Donnerstag war nach Wochen des Stillstands auf der Baustelle ein Kran am Schwanenplatz zu sehen. Aber er hob ein Kunstwerk auf seinen Platz. Das Toilettenhäuschen ist nach wie vor nicht eröffnet.



Das von Absperrgittern geprägte Ambiente, in dem die siebeneinhalb Meter große, weitgehend gelbe Stahlkonstruktion jetzt steht, macht die Gastronomen am Platz wütend. Noch immer ist das städtische „Servicegebäude“ mit WC, das eigentlich zur Eröffnung des nahen Bayern-Museums im Juni 2019 fertig sein hätte sollen, nicht zugänglich – mit Folgen für die Wirte ringsum.

Martin Seitel, Wirt des Kolpinghauses, erzählt: „Da halten tatsächlich mittlerweile Reisebusse und lassen ihre Passagiere aussteigen.“ Vom benötigten WC, an dem die „Frei“- beziehungsweise „Besetzt“-Lämpchen bereits grün und rot leuchten, trennen sie allerdings die Absperrgitter. Quetschn-Wirt Oliver Schutkowski ergänzt: „Dann gehen sie meistens bei uns, weil wir die nächsten sind. Die wollen sich am liebsten auf meine Terrasse setzen und nichts verzehren.“ Auch die Sitzbank im Servicegebäude ist nicht zugänglich.Nachts diene die Grünanlage neben dem Kolpinghaus als öffentliche Toilette,sagt Seitel. „Die Idee des Schwanenplatzes war so toll. Aber mittlerweile ist das ein Schandfleck.“

Pfützen und Unkraut

Den direkten Blick auf die Baustelle hat Jakov Brekalo, Pächter des Goldenen Ochs‘. Auf seiner Terrasse sitze mittags kaum einer mehr, erzählt er. Auf der schmalen Straße daneben rumpeln Autos vorbei. Gegenüber wächst hinter dem Absperrgitter zwischen Pfützen das Unkraut aus dem Boden, auf dem das Pflaster fehlt. Brekalo sagt: „Wenn wir kein Familienbetrieb wären, hätten wir längst aufgegeben.“

Seit Monaten gehe auf der Baustelle nichts voran, beobachten die Wirte, die ihr Ende vor dem Sommer herbeigesehnt hatten. Von 2016 bis 2018 war am Schwanenplatz eine Straßenbaustelle. „Dann hatten wir ein gutes Jahr 2019“, erinnert sich Schutkowski. „Dann kam Corona.“ Der Platz sei zum Gespött unter den Gästen geworden. Touristen sagten: „Wir waren vor zwei Jahren da, ist da noch nichts gemacht worden?“ Andere fragten angesichts der geschätzten Kosten von 890.000 Euro, ob die Toilettenschüsseln aus Gold seien.

Die Stadt hatte stets erklärt, das Gebäude sei so teuer, weil eine aufwendige „Tiefgründung“ nötig gewesen sei. Auch gebe es hier eine technisch aufwendige „Toilette für alle“ mit Liege und Hebelift.

Häuschen steht seit dem Winter

Die Stadt plant die Reisebushaltestelle mit WC und Bank seit 2013. Im Dezember 2021 hatte eine Sprecherin erläutert: Verzögert habe sich die Errichtung der Toilettenanlage zuletzt, weil die Stadt den Auftrag viermal ausschreiben habe müssen, bis ein Angebot eingegangen sei, das preislich akzeptabel war. Da standen schon die Fertigteile für das Servicegebäude –und es war von einem Abschluss der Arbeiten im Frühjahr die Rede.

Jetzt erläutert Stadtsprecherin Verena Bengler: „Zuletzt ruhte die Baustelle, weil während der Dult ein erhöhtes Aufkommen an Reisebussen an der Bushaltestelle am Schwanenplatz erwartet wurde.“ Bauarbeiten hätten das Ein- und Aussteigen behindert.

Bengler kündigt an: „Die Pflasterarbeiten sollen Mitte Juli beginnen, so dass das Multifunktionsgebäude voraussichtlich im August in Betrieb genommen werden kann.“ Dann kümmere sich das Gartenamt um das Grün daneben.

Der Neue Kunstverein jedenfalls nimmt die Angelegenheit mit Humor. Die Gäste der Vernissage der Stahlstatue am Wochenende können „Toilettenszenen aus bekannten Filmen“ verfolgen — projiziert an das Servicehäuschen.