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Alois Weger: Ein Aussteiger kommt heim

Von Sevilla zum Nordkap und in die Wirtshäuser: Der Marathonradler startet seine Vortragstour durch den Landkreis Regensburg.

03.01.2018 | Stand 16.09.2023, 6:15 Uhr
Helmut Wanner

Alois Weger an der Ostsee: Mit diesem Schnappschuss grüßte ihn jetzt ein Orthopäde aus Werl. Foto: Dr. Fritz Schütte

Die Steigerung von Weg ist Weger Alois. Der älteste Spross des einst bekannten Regensburger Autohauses stieg von vier auf zwei Räder um und fuhr ganz alleine die längsten Wege, die ein Regensburger 2017 unter die Räder genommen hat – vom äußersten Süden in den äußersten Norden Europas. Mit 58 Jahren hat es Weger gewagt, aus der Tretmühle auszusteigen.

Über seine Erfahrungen wird er eine Reihe von Vorträgen halten. Der erste wird am 15. Februar um 20 Uhr in der Hubertushöhe sein. Im März folgen Kneitinger Salettl, Degelbauer in Hemau, Montessori in Sünching. Noch nicht terminiert sind die Abende in Saal und Abensberg.

Die Preview hat schon geklappt

Der Marathonradler hatte sich vom 17. März bis 14. Oktober nur über seinen Blog gemeldet – und über seine Heimatzeitung, die Mittelbayerische. Nun zeigt er sich selbst. Die Zuschauer dürfen gespannt sein. Denn der Prototyp seiner Vorträge ist vielversprechend. Beim Röhrl in Eilsbrunn hielt er bei einer Preview Freunde über Stunden bei Laune. Weger schaffte es an diesem Abend im November, fast alle Deutschen, mit denen er auf seiner Radtour zusammengetroffen war, nach Eilsbrunn zu holen: Jupp und Andrea aus Fürstenfeldbruck, Thomas und Claudia aus Bochum und Marco und Petra aus Schwäbisch Gmünd.

Auf die Strecke von Sevilla zum Nordkap und zurück machte er sich mit Übergewicht und ohne Training, sieht man einmal von seinen zwei Rad-Pilgertouren auf dem Jakobsweg ab, die er ab 2015 unternahm. Seinen Zustand zeigt ein Schnappschuss von der Ostsee, den ein Orthopäde aus Werl von Alois Weger gemacht hat. Weger ist ein Genussradler, der das Leben auf sich zurollen lässt. Er vertraute auf seine Grund-Kondition. Er hatte in seiner Jugend Sport gemacht, Volleyball, Fußball, Golf – alles, wo ein Ball im Spiel ist.

In dem Jahr, als Europa zu scheitern drohte, hat er den Lesern der Mittelbayerischen Zeitung gezeigt, wie klein und schön dieser Garten Europa doch eigentlich ist. So klein, dass man in einem halben Jahr von Süd nach Nord und retour fahren kann, ohne die Kondition eines Triathleten zu besitzen. So schön, dass man auf der Welt gar nichts anderes braucht: Er sah den Vor-Frühling in Spanien, erlebte die Explosion der Natur an Frankreichs Atlantikküste, war bezaubert von der bisher nicht gekannten Schönheit Irlands, erlebte in Norwegen, wie man einen Nationalfeiertag auch feiern kann, und verlor sich fast in den unendlichen Weiten der Wälder Finnlands. Und überall und jederzeit fühlte er sich sicher wie ein Kind auf dem Schoß seiner Mutter.

Eine Nacht in der Wolfsschanze

Es gibt kaum einen Menschen, mit dem sich Weger nicht spontan anfreunden könnte. Was seine Reise so besonders machte, waren denn auch die Menschen, denen er begegnete: Die nördlichsten Bayern Europas traf Weger am Nordkap. Jürgen Noack und seine Frau Eva. Seit 1971 wohnt der pensionierte Lehrer in dieser unwirtlichen Gegend, in der es drei Monate kalt ist und neun Monate Winter herrscht. Der 68-Jährige ist ein Wehrdienst-Flüchter mit Erinnerung an Regensburg. Denn er hat den nördlichen Außenposten Europas auch der Wäscherei seiner Eltern vorgezogen. Zu einem Praktikum bei einer befreundeten Wäschereifamilie in der Regensburger Von-der-Tannstraße war der designierte Erbe gar nicht erst angetreten. Er zog ein Leben in Eis und Schnee dieser Perspektive vor. Seine Frau, eine Nürnbergerin, malt die einzigen Bilder vom Nordkap.

Er traf weitere ehemalige Regensburger, die in Europa ihr Glück gefunden haben: den Ex-Gastronomen Jochen Nuss, den Bürgermeisterssohn Gerald Hofmaier, den Würstl-Toni von Kenmare, berühmte Kapazitäten der Physik und Medizin wie Prof. Dr. Alexander Lenz und Dr. Stephan Röhrl und Niko Botsch, den Regensburger Schreiner mit finnischen Wurzeln. Die Geschichten schreibt er jetzt auf. Dazu gehört auch sein emotionalster Moment: Im Morgengrauen auf dem Olavsweg sang eine Pilgerführerin für ihn mit engelsgleicher Stimme das „Halleluja“ von Leonhard Cohen. Jetzt ist er im dritten Monat zu Hause. Juckt es in den Beinen? Es beginnt. „Australien, Neuseeland, Südamerika mit dem Rad – alles ist möglich“, sagt Alois Weger.

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