Justiz
Anwältin fordert Razzia bei der Kripo

Im Prozess gegen das Regensburger Drogenkartell wird hart gekämpft. Bringt ein Rechtsgespräch den Fall jetzt voran?

29.11.2018 | Stand 16.09.2023, 5:54 Uhr
Marion Boeselager

Fiqret D. (55) mit Dr. Christian Meisl, einem seiner drei Verteidiger Fotos: xtl

Im Prozess gegen das Regensburger Drogenkartell um den mutmaßlichen „Paten“ Fiqret D. (55) lieferten sich die 14 Verteidiger und die Staatsanwaltschaft auch am Mittwoch wieder einen Schlagabtausch mit harten Bandagen. Unter anderem ging es um die bei den Ermittlungen eingesetzten albanischen Polizeibeamten als V-Leute.

Mehrere Anwälte hatten bereits am letzten Verhandlungstag die Einsätze dieser von ihnen als „Lockspitzel“ bezeichneten Kräfte als „rechtswidrig“ bezeichnet und der Verwertung ihrer Ermittlungsergebnisse widersprochen.

Einsatz der V-Leute „rechtmäßig“

Am Mittwoch hielt die Staatsanwaltschaft dagegen: Der Einsatz ausländischer Vertrauenspersonen sei rechtmäßig gewesen, erklärte Oberstaatsanwalt Markus Riedhammer. Ein Verwertungsverbot sei nicht angezeigt. Gegen den Hauptangeklagten habe, im Zuge eines anderen Verfahrens, schon länger Tatverdacht wegen Drogenhandels bestanden.

Im Sommer 2017 seien ermittlungsrichterliche Anordnungen für Telefonüberwachungen und Observationen erfolgt, die mehrfach verlängert wurden. Dadurch habe sich der Tatverdacht gegen D. „verfestigt, aber nicht hinreichend konkretisiert“. Zur weiteren Ermittlung des Sachverhalts sei daher der Einsatz von V-Leuten „angezeigt und notwendig“ gewesen. Die albanischen Beamten seien nicht als verdeckte Ermittler, sondern als V-Personen zu behandeln. Dies sei kein Novum. „Dafür war kein Rechtshilfeersuchen erforderlich.“ Auch lägen – anders als von der Verteidigung angeprangert – keine rechtsstaatswidrigen Tatprovokationen durch die V-Leute vor.

Fiqret D. habe die heiße Ware – verschiedene Sorten und auch große Mengen – den V-Leuten mehrfach „von sich aus angeboten“. Einwände der Staatsanwaltschaft gegen die Vernehmung dieser V-Leute bestünden nicht, sagte Riedhammer, „solange deren Identität nicht offen gelegt wird“.

„Irreparable Verfahrensverstöße“

Christian Reiser, einer der drei Anwälte des Hauptangeklagten, konterte: „Die Initiative zu den Lieferungen ging ausnahmslos von den V-Personen aus. Fiqret D. bot nie von sich aus Drogen an.“ Trotz weitreichender Überwachungsmaßnahmen habe sich der Tatverdacht „eben nicht bestätigt“. Die V-Leute hätten ihn zu den Straftaten „verleitet“ und sich dadurch selbst strafbar gemacht. „D. behält sich vor, sein Geständnis zu widerrufen.“

Rechtsanwältin Ricarda Lang forderte die Einstellung des Verfahrens für den Mitangeklagten Elson J., „wegen unbehebbaren Verfahrenshindernisses“. Das Ermittlungsverfahren kranke an „schweren, irreparablen Verfahrensverstößen“.

Lang beantragte ein Verwertungsverbot der so gewonnenen Erkenntnisse und ein Bestrafungsverbot. Sie forderte sogar die Durchsuchung der Räume der KPI Oberpfalz und die Beschlagnahmung von Aktenteilen, die bisher der Verteidigung nicht vorlägen: etwa „polizeiinterne Dokumente“ über die Besprechungen mit den V-Leuten. Auf Antrag mehrerer Verteidiger zogen sich die Prozessbeteiligten am Nachmittag zu einem Rechtsgespräch hinter verschlossenen Türen zurück. Der Prozess dauert an.