Theater
Auf Augenhöhe mit den Stars

Der Regensburger Wolfgang Schubert spielt den Ketterl, Kammerdiener des Kaisers. Den mimt Burgschauspieler Wolfgang Hübsch.

14.04.2018 | Stand 16.09.2023, 6:09 Uhr
Helmut Wanner

Wolfgang Schubert lässt sich fürs Weiße Rössl einen Bart wachsen. Foto: Wanner. Foto: Wanner

Die Bühne ist für Wolfgang Schubert das, was für andere eine Kreuzfahrt ist, er spart seinen Urlaub dafür auf. „Auf der Bühne bin ich ein anderer Mensch“, sagt das siebte von acht Kindern einer Regensburger Großfamilie. In München schlägt für ihn die Stunde der Stars von Theater, Film und Fernsehen.

Manchmal denkt er an seinen armen Papa, der drei Schichten arbeitete, um seine acht Kinder zu ernähren. „Er war Pförtner bei Händler, fuhr Kohlen aus und Bananen für Olfko.“ Wolfgang war das vorletzte von acht Kindern, deswegen hat Oberbürgermeister Rudolf Schlichtinger die Patenschaft für ihn übernommen. Rudi war die gute Fee an seiner Wiege, die im Fürst-Albert-Block an der Augsburger Straße stand. Wolfgang ist mit 134 cm Körpergröße zugleich der kleinste und prominenteste Schubert Regensburgs. Alle blicken sie hinauf zu „Onkel Wolfi“.

Am 26. April stechen die Träume des 55-Jährigen wieder in See. Es beginnen die Proben fürs „Weiße Rössl“. Am 12.Mai ist Premiere am Gärtnerplatz in München. Für den Regensburger ist es eine wunderbare Wiederbegegnung und eine Premiere zugleich. Erstmals steht er auf den Brettern des Hauses, das für 22 Millionen Euro renoviert wurde.

König Karlheinz, der Große

Als Josef E. Köpplinger 2012 Intendant am Gärtnerplatz-Theater wurde, eröffnet er seine erste Spielzeit mit ebendiesem Schwank von Ralph Benatzky. Damals wurde die populäre Operette in einer Ausweichspielstätte, im Zelt des Deutschen Theaters in Fröttmanning, gespielt. Maximilian Schell gab den Kaiser. An der Seite des damals 81-jährigen Oscar-Preisträgers, Hollywood-Stars, Großschauspielers stand der kleine Wolfgang Schubert aus Kumpfmühl. Der hat unter den Schwibbögen Schuster gelernt und verdient sein Brot als Pförtner in der Zentrale der Caritas in der Von-der-Tann-Straße. Köpplinger hatte den Regensburger als des Kaisers Kammerdiener Ketterl engagiert, weil er ihn braucht. 2004 hatte er ihn schon für „Cinderella“ nach St. Gallen geholt. Schubert spielte dort König Karlheinz den Großen, ein Naturtalent.

Das Bayerische Staatstheater am Gärtnerplatz gilt als Münchens „Volksoper“. Hier ist die leichte Muse daheim. Das „Weiße Rössl“ ist ein Zugpferd. 2012 hatte das Rössl 36 Aufführungen, die Wiederaufnahme hat sechs. In einer darf das Publikum mitsingen und Herzchen auf die Bühne werfen. Die im Stil der Peter-Alexander-Verfilmung inszenierte Operette besteht aus Liedern, die sämtlich zu Gassenhauern wurden. Das Titellied ist Programm: „Im Weißen Rössl am Wolfgangsee, Dort steht das Glück vor der Tür, Und ruft dir zu: Guten Morgen! Tritt ein und vergiss deine Sorgen!“

Burgschauspieler unter sich

Auch der Regensburger Schauspieler legt seine Sorgen ab, vergisst seine Einsamkeit, die Probleme und Wehwehchen mit seinem Rücken, die ihn manchmal zur Verzweiflung bringen. Wolfgang Schubert wird aus dem Tal der Tränen in eine andere Welt katapultiert, wo Wunder wahr werden. Im Rössl-Programmheft wird der Regensburger als Solist geführt – in einer Reihe mit Wolfgang Hübsch, dem Kaiser. Der langjährige Burgschauspieler stand als Raskolnikoff in Dostojewskis Schuld und Sühne mit Helmut Qualtinger als Untersuchungsrichter auf der Bühne. Der heute 78-Jährige war zuletzt in der Serie „Der Winzerkönig“ zu sehen. Schubert nennen seine Regensburger Freunde auch einen Burgschauspieler, weil er schon im Ronnacher in Wien aufgetreten ist. Er blickt auf eine kleine Karriere zurück. „Ich hinterlasse schon meine Spuren. Man muss halt ein bissel tief runterschauen.“ In München ist er auf Augenhöhe mit den Stars. Am liebsten würde er nach seiner Paraderolle Ketterl heißen. Ketterl kennt seinen Kaiser noch nicht. Aber er weiß schon jetzt, wie er sich im Stück verhalten wird: „Immer, wenn ich was sagen möchte, redet er mir dazwischen: ,Is scho guad, Ketterl, wen interessiert das?‘“ Ketterl ist der Antreiber, der Kaiser ist das Gegenteil. Das Weiße Rössl ist für Schubert „ein Stück zum Aufbauen“. Deswegen wird er zur Spielzeit vier Wochen Urlaub nehmen. Im Ensemble kann er entspannen. Die Stimmung ist familiär. Schubert ist „der Wolfi“. Den Einsätzen fiebert er schon jetzt entgegen. „Andere schnaufen durch, ich stehe schon im Off voll in meiner Rolle.“ Theaterspielen heilt ihn. Mit 12 Jahren stand der von Geburt an Kleinwüchsige erstmals auf der Bühne der Landesschule für Körperbehinderte in München. Aus dieser Zeit blieb ihm ein Münchner Freund, ein Spastiker, der mit Peter Radke im Münchner Residenztheater auf der Bühne stand. Bei ihm wohnt er während der „Rössl“-Zeit. Gemeinsam blicken sie gerne zurück.

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Schauspielerisch richtig ernst wurde es bei Wolfgang Schubert mit einem Stück von Dr. Joseph Berlinger. Es war Dr. Eisenbarth, uraufgeführt am Regensburger Stadttheater. Es war seine erste richtige Premiere. Und er hat sie im Kopf: 8. Mai 1986, 19.30 Uhr. Michael Wuschik, Inspizient des Regensburger Theaters, hatte ihn entdeckt. Schubert war Hofnarr bei der Lusticania.

Im Eisenbarth spielte Wolfi Schubert den Direktor eines Abstrusitätenkabinetts im Tarzankostüm. Schubert wusste damals sofort, beim Theater möchte er bleiben. Regisseur Volkmar Kamm hatte seine Eltern um Erlaubnis gefragt. „Ich war damals 23 Jahre alt. Mama und Papa waren so stolz.“

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