Feiertage
Begegnung zwischen Himmel und Erde

Die beiden Bischöfe schreiben über himmlische Engelsworte, die sich in die Erschöpfung des zweiten Corona-Jahres mischen.

23.12.2021 | Stand 15.09.2023, 22:07 Uhr
Rudolf Voderholzer
Helene Wiethaler hat diese ungewöhnliche Krippe als Außenkrippe im Umgriff der Dreieinigkeitskirche, am Rand der Gesandtenstraße, entworfen. Das weiße Gewand des Engels erinnert an die Klarheit des Herrn. −Foto: Uwe Moosburger/Altrofoto.de

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Heute ist der Heilige Abend. Wir sind angekommen. An der Krippe beim Kind. Es ist Weihnachten. Christ der Retter ist da! “Fürchtet Euch nicht, denn Euch ist heute der Heiland geboren„: Die Weihnachtsbotschaft geht wieder um die ganze Welt. Diese wunderbaren, vielen vertrauten himmlischen Worte aus Engelsmund mischen sich heute hinein in alle Erschöpfung und Einschränkungen dieses zweiten Corona-Jahres.

Engelsworte der allerersten Heiligen Nacht auf den Feldern von Bethlehem, am Straßenrand der Weltgeschichte in einem kleinen Nest am Rande des Römischen Imperiums. Von dieser Begebenheit erzählt Lukas in seinem Weihnachtsevangelium: „Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.“

Diese Begegnung zwischen Hirten und dem Engel, zwischen Himmel und Erde hat Helene Wiethaler, eine Regensburger Krippenfreundin inspiriert, überraschend interpretiert und in einer einzigartigen Krippendarstellung inszeniert. Im Rahmen des Zweiten Ökumenischen Krippenwegs ist diese ungewöhnliche Krippe zu bestaunen. Sie steht als Außenkrippe im Umgriff der Dreieinigkeitskirche, am Rand der Gesandtenstraße. Ganz speziell für diesen belebten Ort in der Innenstadt hat die Künstlerin diese Krippe gestaltet.

Blick ist auf alle gerichtet

Das weiße Gewand des Engels erinnert an die Klarheit des Herrn: Auch in komplizierten Fragestellungen ist Gott erhellend und Orientierung gebend. Die Arme des Engels sind einladend weit ausgestreckt. Sein aufmerksamer Blick ist auf alle gerichtet, die – vorbeilaufen! Gerade so, als ob es ihm nur darum geht, mit ihnen allen, Kontakt aufzunehmen. Mit denen, die eilig und gestresst auf dem Weg zur Arbeit sind oder müde, ausgelaugt auf dem Heimweg. Mit denen, die verliebt Hand in Hand durch die Stadt bummeln oder besorgt auf dem Weg zur Ärztin sind. Allen gibt er seine weihnachtlichen Worte mit auf ihren Weg: „Ich verkündige euch eine große Freude!“ Diese Krippe platziert uns an die Stelle der Hirten. Weihnachten ist so gesehen weit mehr als die Erinnerung an die Geburt Jesu. Weihnachten wird zum Ereignis für unser Leben. Wir sind gemeint! Gott kommt zu uns. Gott ist da in meinem Leben.

Auch wenn es Engelsworte sind: Ist das Reden von der großen Freude nicht doch zu vollmundig? Große Sorgen waren es doch, die auch diesem Jahr ihren Stempel aufdrückten. Das Weltklima gemischt mit der Angst vor Ansteckung und Erkrankung. Vermeintliche Selbstverständlichkeiten erwiesen sich angesichts der großen Verunsicherung als belebende Wohltaten. Ein Fest in der Familie, ein paar Tage Urlaub, ein unbeschwerter Abend mit Freundinnen, ein Glas Wein mit lieben Menschen.

Die große weihnachtliche Freude ist das Kind in der Krippe. Mit Maria und Josef im windigen Unterschlupf. Geradezu als Mitte des blauen Planeten. Die Geburt Christi als Zentrum des Erdballs. In diesem Kind kommt Gott selbst zur Welt. Hand und Fuß nimmt er an, wird einer von uns. Verletzlich wie ein kleines Baby, voller Träume wie ein Jugendlicher und zerrissen wie Erwachsene manchmal sind. Gott begibt sich hinein in unser oft so spannungsreiches Leben. Und hinein in diese Welt mit ihren so aufreibenden und komplizierten Fragestellungen. In allem steht und wirbt er dabei für die Macht der Liebe.

„Fürchtet euch nicht!“

Die merkwürdige Beschreibung dieses Kindes als „Heiland“ ist programmatisch. Darauf ist Gott aus mit seiner Welt: sie heil, also gesund und ganz zu machen. Er wendet sich kranken Menschen zu, überlässt einsame Menschen nicht einfach sich selbst und lebt eine Gemeinschaft, wo alle willkommen sind. Das Kind in der Krippe bleibt das große Versprechen: Gott ist und bleibt heilvoll am Werk in seiner Welt. Und da will er uns dabeihaben! Es um nicht mehr und nicht weniger als die faszinierende Idee, dass wir unser Glück finden, wenn wir den Umweg über den Nächsten nehmen. Die faszinierende Idee, dass Licht in unser Leben kommt, wenn wir Licht in das Leben anderer Menschen bringen. Dass Christus uns findet, wenn wir den Nächsten finden.

„Fürchtet euch nicht!“ Ob für uns mit Weihnachten wirklich alle Angst vorüber ist? Wohl kaum! Angst gehört zum Leben, genauso wie der Durst. Angst ist lebenswichtig und schützt. Freilich, Angst kann uns niederdrücken. Angst kann aber für uns auch zur Quelle von Kreativität und Veränderung werden. Denn in der Angst schlummert der starke Wunsch, sie überwinden zu wollen. Die Engelsbotschaft eröffnet uns einen Weg, fruchtbar und konstruktiv mit unserer Angst umzugehen. Wie können wir lähmende und Ohnmacht suggerierende Angst zu einer kreativen und produktiven Quelle verwandeln? Das ist eine ganz und gar weihnachtliche Frage für unser Leben.

„Euch ist heute der Heiland geboren!“ Diese Engelsworte „boostern“ das Leben von Groß und Klein, von Jung und Alt. Gott ist mitten unter uns. Darum wünschen wir Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!