Garten
Bei Schirmers ist einfach alles Quitte

Die Quitte hat Heilkraft. Sogar schöne Kinder soll sie machen und Räusche lindern. Monika Schirmer weiß alles über das Obst.

22.09.2017 | Stand 16.09.2023, 6:22 Uhr
Heinz Klein

Regensburg hat zwei Quittenwiesen und eine Quitten-Päpstin: Monika Schirmer im quittengelben Anorak mit Ehemann Gustl Foto: Klein

Honiggelb sind die Quitten heuer schon, um Wochen früher dran und bald reif. In ein paar Tagen werden sie dem Gartler vom Baum in die Hand fallen. Ein paar Wochen vorher ist etwas anderes reif geworden und uns in die Hand gefallen: ein Quittenbuch, natürlich in quittengelbem Einband, das Standardwerk schlechthin. Die Regensburgerin Monika Schirmer hat es verfasst und ist damit längst zur Quitten-Päpstin avanciert. In der 6. überarbeiteten Auflage ist ihr Buch „Die Quitte – eine fast vergessene Obstart“ seit 18. August verfügbar.

Sie fand nur „pappsüße Rezepte“ – die Frucht 1:1 mit Zucker eingekocht. „Das kann’s doch nicht sein“, dachte sich Monika Schirmer, kochte mit weniger Zucker, holte sich mehr Quitten, experimentierte und weiß: „Quittengelee kann man mit einem Kilo Früchte und 333 Gramm Zucker machen, auch dann bleibt es noch haltbar.“

Doch mit den Quitten kam die Quittung: „Ich wurde quittennarrisch“, gesteht Monika Schirmer. Sie fahndete nach Quittensorten, nach Quittenrezepten, nach altem Wissen über Quitten. Ein befreundeter Lateinlehrer bot sich an und übersetzte Texte der alten Griechen und Römer, in denen von der Quitte die Rede war. Ehemann Gustl, ein Mann mit grünem Daumen, machte natürlich mit. So fuhr das Ehepaar nach Veitshöchheim in die Landesanstalt für Gartenbau, kontaktiere das Bundessortenamt, filzte Bibliotheken nach Quittenwissen und war nach dem Fall der Mauer in Leipzig und Meißen in ehemaligen DDR-Forschungsanstalten, in denen man viel über die Quitte wusste.

Die Schirmers holten Quitten und Samen, bestimmte Sorten, pflanzten Quittenbäume und begannen, ihr gesammeltes Quittenwissen in Vorträgen weiterzugeben. „Ich komme mir vor wie der Druide Miraculix, wenn ich mit der Bohrmaschine mit Quirlaufsatz und Gasmaske im Keller Quittensenf anrühre“, erzählt Gustl Schirmer. Selbst mit Maske kullern ihm dann wegen des scharfen Geruchs des Senfmehls Tränen aus den Augen.

Längst ist auch Tochter Christine vom Quittenvirus befallen, befasste sich als Chemikerin fachkundig mit Inhaltsstoffen und zeichnete Skizzen von Früchten und Blättern. Ehemann Gustl hatte längst schon begonnen, verschiedene Quittensorten zu fotografieren, und so entstand 2005 das erste Quittenbuch. Es ist ein Dauerbrenner geworden und hilft, die Quitte wieder aus der Versenkung zu holen.

Quitte klart die Nebel im Kopf auf

Doch auch die moderne Wissenschaft gesteht der Quitte Heilkräfte zu. Die Frucht enthält Vitamin C, Kalium, Natrium, Zink, Eisen, Kupfer, Mangan und Fluor, Tannine, Gerbsäure, organische Säuren, viel Pektin und Schleimstoffe. Der hohe Pektingehalt reinigt den Darm, bindet Bakteriengifte, Gallensäure und Schwermetalle und senkt das Cholesterin. Die Quitte stärkt die Verdauung, hilft gegen Erkältungen, lindert Entzündungen der Haut und wirkt antibakteriell. Studien haben außerdem gezeigt, dass Quitten bei Allergien hilfreich sind. Und bei der Refluxkrankheit sollen sie bisweilen besser wirken als Medikamente.

Quittenwolle auf kahle Köpfe?

Wer nun versucht, dieses Obst zu knacken, der braucht Kraft und ein scharfes Messer. Für die Anstrengungen wird man dann mit einem Duft belohnt, der sich aus 150 flüchtigen Verbindungen (Aldehyden, Ketonen, Estern, Terpenen u. a.) zusammensetzt. Doch um die Quitte verzehrbar zu machen, braucht es noch mehr.

Was Monika Schirmer in ihrem Buch an Rezepten zusammengetragen hat, macht den Leser Staunen. Quittenchutney, Quitten-Secco, Quittenessig, Quitten-Kürbis-Relish, Quitteneis, Quittenpolenta, Quitten zum Füllen von Geflügel, Quitten mit Lamm, sogar mit Fisch, Quitten in Blätterteig, in Portwein, Quittenplätzchen….

Wie gesagt: „Alles Quitte!“

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