Kirche
Besucher ärgert sich über Willkür im Dom

Fachgespräch oder private Dom-Führung? Peter Brunner kritisiert die barsche Zurechtweisung des Aufsichtspersonals.

12.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:18 Uhr
Curd Wunderlich

Die Regelungen zu Führungen im Dom St. Peter sorgen erneut für Unmut. Foto: altrofoto.de

Kaum zwei Sätze hat Peter Brunner mit seinen Bekannten gewechselt, da wird die Domaufsicht bereits deutlich: „Stellen Sie sofort das Gespräch ein“, war die Ansage – und das in recht barschem Ton, erinnert sich Brunner. Der Aufseher habe deutlich gemacht: „Was sie hier machen, ist eine private Führung. Und die ist nicht erlaubt.“

Bereits im März 2016 berichtete unser Medienhaus über den Unmut von Dombesuchern über diese Regelung.„Führungen im Dom sind nur durch beauftragte Führer des Domkapitels gestattet“, heißt es auf Hinweisschildern. Ab wann allerdings ein privater Rundgang als „Führung“ gilt und daher durch das Aufsichtspersonal unterbunden werden kann, erschien zurechtgewiesenen Besuchern damals und erscheint Peter Brunner auch heute als eher willkürliche Auslegungssache der Aufseher. Und genau das stört ihn.

Dabei hatte der Dombesuch des pensionierten Religionslehrers mit einer befreundeten Familie aus China so positiv begonnen: Der Dombaumeister hatte auf Nachfrage kurz die Arbeit der Dombauhütte erklärt. „Er war sehr freundlich, die chinesischen Freunde durften sogar Hammer und Meißel in die Hand nehmen“, erzählt Brunner. Und auch vom nächsten Eindruck im Dom berichtet der Amberger noch freudig: Gemeinsam mit den Asiaten und drei deutschen Freunden besuchte Brunner noch die Mittagsmeditation im Dom.

So sieht der Dom heute aus: Auf dem 360-Grad-Bild können Sie sich noch einmal in der Kathedrale umsehen. Klicken Sie einfach in das Bild, um zu starten, und nutzen Sie dann ihre Maus (oder ihren Finger, wenn Sie ein mobiles Endgerät nutzen), um sich im Bild zu bewegen.

Der Dom im Rundumblick - Spherical Image - RICOH THETA

Ton verschreckte Gäste aus China

Doch dann ging der Ärger los: Als die Meditation vorbei war, blieben Brunner und seine Bekannte noch eine Weile sitzen. Als sich die Sitzbänke geleert hatten, standen sie auf, um zu beraten, wie sie ihren Rundgang durch das Gotteshaus gestalten wollen. Schon währenddessen wurden sie dann unterbrochen. In einem Ton, der besonders die chinesischen Gäste so verschreckte. Und so streifte jeder für sich in aller Schnelle durch die Kathedrale. „Die Lust, uns alles in Ruhe anzuschauen, war weg“, so Brunner.

„Die Frage ist, nimmt sich die Kirche nicht selbst eine Chance, wenn sie Privatführungen verbietet.“Dr. Ludwig Unger, Pressesprecher des Kultusministeriums

Den vonseiten der Aufsicht erhobenen Einwand, sie habe das Gespräch unterbrochen, weil es noch während der Meditation geführt worden sei, weist Brunner zurück: „Ich war 41 Jahre lang Religionslehrer, die deutschen Freunde sind alle in der Kirche aktiv. Wir haben Respekt vor einem Gotteshaus.“ Zudem hätte die Aufsicht ja in diesem Fall auch nicht auf das Verbot von privaten Führungen verwiesen, sondern eben auf die Störung einer gottesdienstlichen Feier. Brunner hält den Einwand daher für eine „einfache Ausrede“.

Das Bistum verteidigt auf MZ-Anfrage die rigorose Regelung, Privatführungen im Dom nicht zuzulassen. Rundgänge mit Führern würden schließlich täglich angeboten. „Zusätzliche Führungen“ will das Bistum möglichst vermeiden, um den Lärmpegel gering zu halten und so Personen nicht zu stören, die zum Gebet in den Dom gekommen sind.

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Der Eigentümer von St. Peter, der Freistaat Bayern, sieht das differenzierter. Man könne und wolle dem Bistum als Mieter und Nutzer nicht vorschrieben, welche Regeln es für die Kathedrale aufstelle, meint Dr. Ludwig Unger im Gespräch mit unserem Medienhaus. Er ist Pressesprecher des zuständigen Kultusministeriums. Es sei auch klar, dass der Regensburger Dom nicht nur ein „Bau- und Kulturdenkmal sondersgleichen“, sondern eben auch ein Gotteshaus sei. Dass also Besucher auf die Einhaltung der Würde hingewiesen werden könnten und sollten, verstehe sich von selbst.

Beraubt Kirche sich einer Chance?

Das konsequente Verbot von Privatführungen kann Unger allerdings nicht nachvollziehen. Schließlich könnten nicht nur bezahlte Führer beim Gang durch Kirchen neben Baumerkmalen Glaubensinhalte vermitteln, sondern sehr wohl auch jeder andere. „Die Frage ist, nimmt sich die Kirche nicht selbst eine Chance, wenn sie Privatführungen verbietet“, meint Unger. Auch die könnten schließlich dazu beitragen, den christlichen Glauben weiterzutragen. „Und dieses pastorale Ziel will die Kirche ja bestimmt nicht infrage stellen.“

„Die Menschen messen die Glaubwürdigkeit des Evangeliums, das ja eine frohe Botschaft ist, am ‚Bodenpersonal‘.“Peter Brunner

Doch grundsätzliche Überlegungen, private Führungen künftig wieder zuzulassen, gibt es im Bistum offenbar nicht. Auf den entsprechenden Punkt im Fragenkatalog der MZ geht Sprecher Clemens Neck in seiner Antwort nicht weiter ein. Dafür betont er, dass das Aufsichtspersonal beauftragt sei, „freundlich und in angemessener Weise darauf zu achten, dass die Würde des Ortes gewahrt wird“. Wenn es zu Konfrontationen komme, sollten die Aufsichten deeskalierend wirken.

Bei Peter Brunner und seinen Bekannten ging das offenbar schief. Er rät für die Zukunft zu mehr Fingerspitzengefühl. „Und wenn eingegriffen wird, dann in angemessenem Ton.“ Da er sich viele Jahre mit jungen Menschen über Gott und die Kirche unterhalten hat, weiß Brunner: „Die Menschen messen die Glaubwürdigkeit des Evangeliums, das ja eine frohe Botschaft ist, am ‚Bodenpersonal‘.“ Ein barscher Empfang durch Aufsichtspersonal sei da nicht hilfreich.

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