Selbstversuch
Blutspende: Ich rette einfach mal Leben

MZ-Reporterin Maximiliane Gross spendet zum ersten Mal Blut. Die Uniklinik Regensburg hat dafür ein besonderes Verfahren.

28.11.2017 | Stand 16.09.2023, 6:19 Uhr
Seit einer guten halbe Stunde fließt mein Blut jetzt schon durch die Maschine, wird gefiltert und mir wieder zurückgegeben. Anders als gedacht ist das Ganze wirklich schmerzfrei und mir geht’s super.Foto: altrofoto.de −Foto: Uwe Moosburger

Seit 30 Minuten liege ich in der Universitätsklinik in Regensburg. In meinem linken Arm steckt eine Nadel und mein Blut schießt von meinem Körper in das angeschlossene System. Ich verspüre keinerlei Schmerz, mir geht’s gut. Ich spende zum ersten Mal Blut. Denn Blutspenden rettet Menschenleben.

Es vergeht kein Tag in der Vorweihnachtszeit, an dem wir nicht auf einen Spendenaufruf aufmerksam werden. Ganz egal, ob im Radio, im Fernsehen oder auf Plakaten – für Menschen in Not wird um Unterstützung gebeten. Meistens soll der Spender Geld überweisen oder mit Sachgeschenken eine Freude bereiten. Es gibt allerdings etwas, das man mit keinem Geld der Welt kaufen kann: unsere Gesundheit.

Zahlen und Fakten zur Blutspende finden Sie im Video!

Für viele kranke Menschen ist eine Bluttransfusion der einzige Weg, gegen ihre Krankheit zu kämpfen. Alleine können sie diesen Kampf aber nicht gewinnen. Denn ohne einen freiwilligen Spender erhält kein Patient neues Blut. Das Universitätsklinikum in Regensburg wirbt mit dem Slogan „Wir sind Blutsgeschwister“ um diese Freiwilligen. Eine ganz besondere Spende, die Menschenleben rettet und für den Spender außer etwas Zeit keinerlei Aufwand mit sich bringt.

Das ist natürlich leicht gesagt, wenn man „nur“ darüber schreibt. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, einen Selbstversuch zu starten. Meine erste Blutspende überhaupt, und das sozusagen gleich im Auftrag der Recherche.

Anders, als es beispielsweise beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) üblich ist, spendet man am UKR kein Vollblut. „Wir gewinnen bei der Apheresespende einzelne Bestandteile wie Blutplättchen, weiße Blutkörperchen oder Blutplasma. Alles, was wir nicht benötigten, fließt in den Körper zurück“, erklärt Dr. Robert Offner, Leiter der Herstellung von Blutkomponenten. Für den Spender ist das eine besonders schonende Methode.

Ich habe schon lange mit dem Gedanken gespielt, endlich einmal Blut zu spenden. Aber dann kam immer etwas dazwischen. Ja, vielleicht war es auch ab und an mein mulmiges Bauchgefühl, mich wirklich darauf einzulassen. Diese Ausrede zählte jetzt nicht mehr. Die Anfrage an die Uniklinik war raus und das Interesse an einer Berichterstattung natürlich groß, denn freiwillige Spender werden immer gesucht.

Sind Sie ein potenzieller Spender? Machen Sie jetzt den Test!

So habe ich mich eines Mittwochmorgens zum Vorgespräch in die Transfusionsmedizin des Uniklinikums begeben. Dort beschäftigen sich rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Tag für Tag mit der Gewinnung von Blutkomponenten.

Viel zu tun im Vorfeld

Nachdem ich Fragebogen um Fragebogen beantwortet habe und mir eine Blutprobe abgenommen wurde, ging es in die entscheidende Phase. Das Arztgespräch mit Dr. Offner steht unmittelbar bevor. Erst wenn die genauen Blutwerte eines potenziellen Spenders bekannt sind, die Fragebögen keine Auffälligkeiten aufweisen und die ärztliche Untersuchung positiv abgeschlossen ist, lässt Dr. Offner einen Interessenten auch tatsächlich als Spender zu.

Bei mir sind alle Ergebnisse in Ordnung, sodass es grünes Licht für meinen Selbstversuch gibt. Eine Woche später war schließlich mein großer Tag. Meine erste Blutspende überhaupt, und das gleich mit Fotograf und Kameramann.

Der Selbstversuch im Video:

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Wie schon beim Vorgespräch wurde mir auch am Tag der Spende noch einmal Blut zur Kontrolle genommen. Es war wieder alles okay, die Werte waren sogar etwas besser. Der Thrombozytenspende stand also nichts mehr im Weg, außer meines immer größer werdenden Respekts vor allen, die regelmäßig spenden. Ein kleiner Angsthase bin ich nämlich schon, das gebe ich jetzt offen zu, nachdem ich bis Tag X die Coole gespielt habe.

Ein Rückzieher stand nie zur Debatte, und so beginnt nach all den Vorbereitungen endlich die tatsächliche Spende. Von einer erfahrenen Krankenschwester wird mir ein Zugang in die Armvene gelegt. Mein Blut fließt nun in ein geschlossenes und steriles Einweg-Schlauchsystem. „Durch die Verwendung des Einmalmaterials besteht keine Infektionsgefahr für den Spender“, sagt Dr. Offner.

50 Minuten fließt mein Blut in einem Kreislauf durch das Apherese-System. In dieser „Waschmaschine“ wird das Blut mit Citrat gemischt, um die Blutgerinnung zu verhindern, und in einer Zentrifuge trennen sich die einzelnen Bestandteile je nach Dichte. Durch dieses System können in meinem Fall schon während der Entnahme gezielt Blutplättchen gewonnen werden, bevor der Rest zurück in den Körper fließt. Ein Prozess, der spannend klingt und wirklich bis auf den kleinen Pieks am Anfang komplett schmerzfrei ist.

Je nach Blutwerten werden bei einer Spende ein oder zwei Komponenten gewonnen. Das heißt, der Spender gibt zwischen 250 und 500 Milliliter Blutbestandteile ab. Für Kinder und Jugendliche ist eine Komponente pro Behandlung schon ausreichend, für Erwachsene benötigt man in der Regel zwei. Die gewonnenen Blutkonserven werden dann in kürzester Zeit an einen Patienten weitergegeben, sodass mit jeder Spende unmittelbar Leben gerettet werden kann. Mit den gewonnenen Komponenten deckt das Klinikum einen großen Teil seines Bedarfs ab, der Rest wird zugekauft. Die Komponenten werden im UKR insbesondere im Bereich der Hämatologie-Onkologie bei Krebspatienten zur Therapieunterstützung eingesetzt. Auch bei Operationen und in der Intensivmedizin werden Blutkonserven benötigt.

Nach 50 Minuten still daliegen und Arm ruhig halten ist meine erste Blutspende auch schon vorbei. Normalerweise erfährt ein Spender nicht, welchen Weg sein Blut geht. Für meinen Bericht hat die Universitätsklinik Regensburg allerdings eine kleine Ausnahme gemacht. Und so weiß ich jetzt, dass meine Spende zu therapeutischen Zwecken bei einem Patienten in der Nephrologie eingesetzt wurde.

Gesundheit geht vor

Aus Sicherheitsgründen muss ich nach der Spende noch eine gute halbe Stunde in der Transfusionsmedizin bleiben. Ich bekomme etwas zu Essen und zu Trinken, um meinen Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Kein Schwindel, keine Übelkeit und auch kein Kribbeln vom Citrat in Armen und Beinen. Mein mulmiges Bauchgefühl war absolut unbegründet.

Krankenhäuser sind auf Blutspenden angewiesen. In der Vorweihnachtszeit wird viel um Spenden gebeten. In einem Flyer schreibt die Uniklinik „Wir sind Blutsgeschwister“. Da wäre es doch schön, durch eine Spende einem seiner Blutsgeschwister ein neues Leben zu schenken. Denn es gibt wohl nichts Wichtigeres, als den Kampf gegen eine Krankheit zu gewinnen. Und Hand aufs Herz: Was sind schon ein paar Milliliter Blut und ein bisschen Zeit gegen ein Menschenleben?

Ein Interview mit Dr. Robert Offner lesen Sie hier.