Regensburg
Bücher lieber zu Retex statt in die Tonne

Auf dem Recyclinghof hält die Zero Waste Strategie Einzug. Amtsleiter Dr. Christan Herr sucht nach Wegen, Müll einzusparen.

13.10.2021 | Stand 15.09.2023, 23:48 Uhr
Martina Groh-Schad
Zero Waste: Der Recyclinghof Regensburg sammelt Bücher für Retex. −Foto: Martina Groh-Schad

Die Stadt Regensburg will in den nächsten Jahren pro Kopf weniger Müll produzieren. Das Amt für Abfallentsorgung, Straßenreinigung und Fuhrpark, zu dem auch der Recyclinghof in der Markomannenstraße gehört, ist daher verstärkt bestrebt, das Müllaufkommen zu reduzieren.

Eine neue Idee kam Amtsleiter Dr. Christian Herr, als eine Mitarbeiterin der Firma Retex den Flohmarkt vor Ort besuchte. Wegen der Pandemie ist es den Mitarbeitern der Werkstatt für psychisch kranke Menschen derzeit nicht möglich, in Haushalte zu gehen und Bücherspenden abzuholen. Daher suchte die Mitarbeiterin auf dem Recyclinghof Bücher, die noch gut in Schuss sind.

„Zu uns werden pro Woche etwa 300 gut erhaltene Bücher gebracht“, erklärt Dr. Christian Herr und wurde aktiv. Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Annegret Wolfseher und Bürgermeister Ludwig Artinger übergab er die ersten Bücher an Monika Gommel von Retex. Auch andere soziale Einrichtungen sollen auf Wunsch profitieren.

Die Werkstatt für psychisch kranke Menschen Retex hat die Abteilung „rebay“ gegründet. Mitarbeiter verkaufen die Bücherspenden bei ebay. Nun will das Unternehmen regelmäßig Bücher auf dem Recyclinghof abholen. Es ist eine Win-win-Situation für alle. „Die Einrichtungen sind froh über die Bücher“, sagt Herr. „Die Stadt spart Müll.“

So entstand ein weiterer Baustein im Zuge der Zero-Waste-Strategie der Stadt. Anfang Oktober startete mit einem Online-Meeting der Prozess, der sich nun über mehrere Monate ziehen wird. Gemeinsam mit Interessierten aus verschiedenen Regensburger Institutionen will die Stadt Strategien entwickeln, um den Müll pro Kopf drastisch zu reduzieren. Langfristig will sich die Stadt um das Zero-Waste-Europe Zertifikat bewerben, so das erklärte Ziel von Dr. Christian Herr. Erste Erfahrung im Sammeln von Gegenständen, die andere Menschen noch brauchen können, hat der Recyclinghof bereits durch eine Zusammenarbeit mit dem Verein Computerspende. Seit etwa drei Monaten steht auf dem Gelände ein Container, in dem Kunden des Recyclinghofs ihre ausgedienten Laptops legen können.

Damit machen sie deutlich, dass es sich nicht um Abfall, sondern um ein Gerät handelt, das weiter verwendet werden darf. „Für die Stadt spielt dieses Detail aus rechtlicher Sicht eine wichtige Rolle“, erklärt Herr, der zuvor zusammen mit dem Umweltamt die Frage geklärt hatte, ob und wie es erlaubt ist. Der Aspekt der Gewährleistung bereitete Probleme. Der Verein bereitet die Laptops nun wieder auf und gibt funktionsfähige Geräte kostenlos an Bedürftige ab.

Ähnliche Fragestellungen treiben den Amtsleiter derzeit rund um elektronische Geräte um, die noch original verpackt im Recyclinghof abgegeben werden. „Es steht die Frage der Haftung im Raum.“ Einfach herausgeben kann die Stadt die Geräte daher nicht. Sollte langfristig Platz im Recyclinghof sein, will Herr noch weitere abgegebene Gegenstände separat sammeln. Denkbar seien Brillen für Hilfsorganisationen. Allerdings will der Amtsleiter auch die Mitarbeiter nicht über Gebühr strapazieren. „Man muss hier langsam vorgehen“, sagt er. „Jede Neuerung muss dem Bürger erklärt werden und das kostet Zeit.“