Strassenbau
Chaos in der Wollwirkergasse hält an

Die Gasse in Regensburg wird aus dem Ei gepellt. Doch die Anlieger haben unter der Sanierung zu leiden. Erst Ende 2014 wird die Straße fertig.

05.06.2014 | Stand 16.09.2023, 7:11 Uhr

Schon an der Zufahrt zur Wollwirkergasse wird es eng. Foto: Wiedamann

Wer in der Wollwirkergasse wohnt, ist Kummer gewöhnt. Seit Monaten wird gegraben, gehämmert, fahren Bagger hin und her, bringen Presslufthammer immer wieder das Geschirr im Schrank zum Klingeln. Morgens und mittags bahnen sich Schulkinder zu Fuß, auf Rädern und Rollern mühsam einen Pfad vom Arnulfsplatz zur Kreuzschule und umgekehrt über die Schotterpiste – oft gefährlich nah an Baufahrzeugen vorbei.

„Wegen Straßenbauarbeiten Mo – Ruhetag“ steht auf einem Schild im Pizza-Telex, etwa in der Mitte der Wollwirkergasse gelegen. Einige Meter weiter ist ein Geschäft geschlossen, obwohl die Öffnungszeiten anderes vermelden. Auch die Änderungsschneiderei daneben wird wieder für zwei Wochen geschlossen bleiben. „Es ist grässlich,“ sagt Ljubica Simunic. „Jeder, der reinkommt, schimpft. Die älteren Leute können nicht zu Fuß hierher gehen. Das geht nun so seit vielen Monaten. Ich wundere mich überhaupt, dass noch jemand kommt. Wir waren Ostern weg, und wir bleiben nun wieder zwei Wochen weg.“

Die Arbeiter sind fleißig

Das zweite Jahr hat Ljubica Simunic nun die Baustelle vor dem Haus. Am schlimmsten, sagt sie, waren die Stanzmaschinen. Dennoch will sie nicht schimpfen. „Die arbeiten sehr fleißig,“ lobt sie die Bauarbeiter. Aber drei oder vier Männer seien halt zu wenig. Ständig werde rumgebuddelt. Warum das Ganze so lange dauert und so oft aufgegraben und wieder zugeschüttet wird, kann sie genauso wenig verstehen wie andere Anlieger und Anwohner.

„Ich flipp fast aus“, sagt auch Margareta Altendorfer, die gerade im Salon von Friseur Rainer Horn in der Wollwirkergasse vom Chef selbst das Haar geschnitten bekommt. Sie findet das Chaos unerträglich. „Das ist eine Katastrophe. Man kann kein Fenster mehr aufmachen, die Gläser klirren, es ist laut und staubig“, bricht es aus der Anwohnerin heraus. Sie schätzt, dass die Straße seit Beginn der Baumaßnahme im vergangenen Jahr achtmal aufgerissen und wieder zugeschüttet wurde. „Man weiß an keinem Tag, in welcher Richtung man fahren kann, weil die Straßenführung laufend geändert wird.“ Die Westnerwachtbewohnerin arbeitet bei einem ambulanten Pflegedienst, der auch in der Wollwirkergasse und Fidelgasse Kundschaft hat. „Wir wissen nie, wie wir hinkommen.“ Die Einbahnstraße führt mal in die eine, mal in die andere Richtung. Ihre eigene Garage war mal einen ganzen Tag verstellt. Ihr Ausweichparkplatz Am Judenstein hat ihr ein deftiges Bußgeld eingebracht.

„Das wirkt so ungeordnet, so planlos“, sagt auch Rainer Horn zu den monatelangen Bauarbeiten. Der Friseur nimmt es allerdings relativ gelassen, trotz des Lärms und Drecks. „Wir haben Glück, dass es nicht so warm war, und wir die Fenster nicht öffnen mussten.“ Seine Stammkundschaft ist ihm trotz Buckelpiste treugeblieben. Umsatzeinbußen hatte er nicht. Und er freut sich auf die umgestaltete Wollwirkergasse, so sie denn jemals fertig wird.

Ende 2014 soll es soweit sein. Dann wird die Wollwirkergasse nach dem Beispiel der Ludwigstraße neu gepflastert und umgestaltet sein. Derzeit nimmt die Rewag verschiedene Baumaßnahmen vor. „Gas und Wasser wurden bereits komplett neu gemacht“, sagt Birgit Woppmann, Leiterin Unternehmenskommunikation der Rewag. „Jetzt werden Strom und Lichtwellenleiter, also Glasfaser, verlegt. Die Arbeiten dauern voraussichtlich noch bis Spätsommer oder Herbst.“ In dieser Zeit werde es immer wieder zu Behinderungen kommen, sagt Woppmann offen.

Die Gasse wird gewinnen

Den Eindruck vieler Anlieger, hier werde zu langsam gearbeitet, teilt Woppmann nicht. Das Tempo sei „normal“, wenn man alle Sparten zu bedienen habe und in unterschiedliche Tiefen graben müsse. Auch sei die Wollwirkergasse sehr lang. „Die Bauabschnitte von Rewag und Tiefbauamt gehen nahtlos ineinander über“, sagt Emerenz Magerl-Ziegler von der städtischen Pressestelle. „Das ist eine große Sanierungsmaßnahme. Die Anwohner müssen sich bis Ende des Jahres gedulden.“ Es werde mit Hochdruck auf das Ende der Baumaßnahme hingearbeitet. „Und dann ist alles neu. Die Gasse wird sehr gewinnen.“

An diese Hoffnung halten sich auch die Anlieger, die viel Geduld beweisen. Auch wenn, wie eine Aushilfe des Pizza-Telex’ bestätigt, die Leute an manchen Tagen gar nicht bis zum Geschäft kommen können und der Laden Kundschaft verliert. Oder wenn das Kindernest Schabernack wieder einmal Mühe hat, seinen Wagen mit den Kleinen quer über den Schotter zu schieben. „Das ist schon ganz schön belastend, vor allem der Lärm, wenn die Kinder schlafen sollen“ bestätigt Rosemarie Fitze. Die Kinderkrippe freut sich jetzt schon auf die Zeit, wo die Eltern ihre Kleinen wieder problemlos zu ihnen bringen können, und wenn der Dreck ein Ende hat – und sich das Fensterputzen wieder lohnt.