Glaube
Das Bistum stützt Papst Franziskus

Der Reformkurs und eine Petition polarisieren die Kirche. In Regensburg gibt es viele Befürworter – vom Bischof bis zu Laien.

20.12.2017 | Stand 16.09.2023, 6:21 Uhr
Norbert Lösch

Papst Franziskus bekommt aus dem Bistum Rückenwind für seinen Reformkurs. Foto: Giuseppe Ciccia/dpa

Die mittlerweile von 64000 Unterstützern unterzeichnete Online-Petition „Pro Pope Francis“ scheint Bischöfe, Priester und Gläubige der katholischen Kirche einmal mehr zu spalten. Auf jeden Fall polarisiert sie: Gegner von Papst Franziskus werfen ihm vor, eine fundamentale „Glaubenswahrheit“ zu verwischen, indem er Geschiedenen, die wieder geheiratet haben, unter bestimmten Bedingungen den Weg für die Zulassung zur Kommunion ebnen will. Befürworter seines Reformkurses, darunter auch viele prominente Deutsche aus Kirche, Politik und Gesellschaft, halten diese Öffnung dagegen für überfällig. Die MZ fragte nach: Wo stehen Kirchenvertreter, Theologen und die Basis im Bistum Regensburg?

Dessen Oberhirte, Bischof Dr. Rudolf Voderholzer, steht offenbar an der Seite des Papstes. Zumindest hat er das schon im März mit einer Handreichung an die Seelsorger des Bistums signalisiert. „In Grenzfällen“ soll demnach wiederverheirateten Geschiedenen in seiner Diözese der Zugang zur Kommunion ermöglicht werden, wird Voderholzer von Radio Vatikan zitiert. Eine aktuelle Stellungnahme von Bischof Voderholzer gab es auch auf Nachfrage bei der bischöflichen Pressestelle nicht.

Ein Appell an alle Priester

Nur wenn vor dem Kirchengericht „mit höchster moralischer Gewissheit“ feststehe, dass die erste Ehe von Betroffenen ungültig war, könne die Kommunion erlaubt werden, heißt es bei Radio Vatikan. Der Regensburger Bischof knüpfe damit an ein Hirtenwort seines Vorgängers Gerhard Ludwig Müller an, der bereits 2003 auf diese Möglichkeit hingewiesen habe. Die Handreichung seines Nachfolgers soll ein einheitliches Vorgehen bei der Umsetzung der päpstlichen „Amoris Laetitia“ („Die Freude der Liebe“) sichern. Darin heißt es unter anderem, es sei Aufgabe aller Priester, Möglichkeiten zu prüfen, damit sich geschiedene und zivil wiederverheiratete Katholiken nicht nur als nicht exkommuniziert empfänden, sondern „als lebendige Glieder der Kirche leben und reifen“ könnten.

„Mit der Gesellschaft und individuellen Lebensformen muss sich auch die Kirche verändern.“Religionswissenschaftler Wolfgang Beinert

Im Gespräch mit unserer Redaktion hält der Pentlinger Religionswissenschaftler und Publizist Wolfgang Beinert mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Der emeritierte Professor für katholische Dogmatik sagt: „Mit der Gesellschaft und individuellen Lebensformen muss sich auch die Kirche verändern. Dahin geht auch der Reformkurs von Franziskus. Man kann ihn nur unterstützen, zum Beispiel durch die Unterschrift unter die Petition. Das habe ich getan.“

Beinert sieht keine Alternative zu behutsamen Reformen, wolle die katholische Kirche nicht „zur Großsekte degenerieren“. Sie dürfe sich Geschiedenen, die erneut heiraten, nicht länger konsequent verschließen. „Der Papst hat das ja nicht einfach erlaubt, sondern gesagt, es kommt auf den Einzelfall an. Und er sagt auch, die Grundfesten des Glaubens sind die Barmherzigkeit und das Wohl der Menschen – ganz im Sinne von Jesus.“

Gestalt der Ehe hat sich fundamental verändert

Eine Öffnung der Kirche auch in diesem Punkt sei nicht modischer Zeitgeist, sondern die Antwort auf den Wandel von Gesellschaft und individuellen Lebensformen. „Die Gestalt der Ehe hat sich in den vergangenen 150 Jahren fundamental verändert. Früher war sie oft wirtschaftlich motiviert, heute ist sie meist eine Ehe aus Liebe. Diese Basis ist zerbrechlicher als die erste Form. Nicht nur der Tod kann sie scheiden“, sagt der promovierte Theologe.

Damit ist er ganz nahe an der Position der streitbaren Laien-Organisation „Wir sind Kirche“. Deren regionaler Ableger, der 1969 gegründete „Aktionskreis Regensburg“, mahnt beständig notwendige Reformen an. „Warum sollte Jesus Menschen, die in der Ehe gescheitert sind, ausgrenzen und von den Sakramenten fernhalten?“, fragen sich der Vorsitzende Berthold Starzinger und die rund 90 Mitglieder, darunter auch viele kritische Priester.

„Die Kirche verbietet diesen Menschen damit auch die Lossprechung im Sakrament der Buße und verwehrt sogar die Krankensalbung. Das ist ein eklatanter Widerspruch zur Lehre Jesu.“Berthold Starzinger, Vorsitzender des Aktionskreis Regensburg

„Von den Sakramenten ausschließen bedeutet nicht nur das Verbot, zur Kommunion zu gehen. Die Kirche verbietet diesen Menschen damit auch die Lossprechung im Sakrament der Buße und verwehrt sogar die Krankensalbung. Das ist ein eklatanter Widerspruch zur Lehre Jesu“, sagt Starzinger. Und zur Problematik der wiederverheirateten Geschiedenen stellt er fest: „Nur Dogmatiker schaffen den gedanklichen Salto, beispielsweise einer von ihrem gewalttätigen Mann geschiedenen Frau eine neue Heirat zu verbieten. Wer, wenn nicht die Kirche Christi, sollte dieser Frau in ihrer Not beistehen und sie beim Aufbau einer neuen Beziehung unterstützen?“

Auch der AKR-Vorsitzende hat die Petition mittlerweile unterschrieben, um Papst Franziskus persönlich den Rücken zu stärken. Die Motivation von dessen Widersachern beschreibt er so: „Bei Hardlinern im Vatikan ist Franziskus äußerst unbeliebt. Sie sehen nun in diesem Konflikt eine Möglichkeit, ihn aus dem Amt zu drängen. Dieses Verhalten ist in hohem Maße unchristlich und fügt der Kirche schweren Schaden zu.“

Was sagen Sie zum Reformkurs von Papst Franziskus?

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