Gesellschaft
Das erste lesbische Paar traut sich

Sie sind eines der ersten Regensburger Homopaare, das geheiratet hat: Susanne Schmidt überraschte Claudia mit dem Antrag.

29.10.2017 | Stand 16.09.2023, 6:26 Uhr

Schwer verliebt: Claudia (47, links) und Susanne (31) haben sich vor wenigen Tagen das Jawort gegeben. Foto: Julia Urban

Claudia Schmidt wartet an der Tür des weißen Reihenhauses im Stadtwesten. Sie und ihre Ehefrau haben es gemietet. Die attraktive 47-Jährige geht voraus ins Wohnzimmer, wo vier Katzen herumstreichen und die Herrin aufmerksam mustern. Partnerin Susanne springt auf und stellt sich gut gelaunt vor. Auf den ersten Blick fällt auf: Claudia ist die Zurückhaltende, Susi ein fröhliches Energiebündel. Ein Kussfoto der beiden schmückt die Wand.

„Ich bin ein Romantiker“

Vor wenigen Tagen,drei Wochen nach Inkrafttreten der Neuregelung zur gleichgeschlechtlichen Ehe, haben die Frauen als eines der ersten Regensburger Lesbenpaare geheiratet. Als sie ihre Steuerklassen umschreiben ließen – „vier, vier, ganz normal“, sagt Susi –, hat sie das Finanzamt darauf hingewiesen, dass sie Vorreiter sind. Bei Susanne (31) mit ihrem schwarzen, gegelten Sidecut, dem Piercing und Tätowierungen erwartet man nicht, dass sie höchst romantisch ist. Doch sie hat Claudia an deren Geburtstag mit einem Heiratsantrag auf Knien und einem Brautstrauß überrascht.

„Wenn es Gott gibt, hat er uns zu dem gemacht, was wir sind.“ Susanne und Claudia

Zum Gitarrenspiel sang sie den selbstkomponierten Song „Mein Leben“. Das rührte Claudia und die zum Gartenfest geladene Familie zu Tränen. „Sie ist jetzt mein Leben und ich bin ein Romantiker“, gesteht Susanne. Claudia streichelt sie am Oberarm und schmeichelt: „Du bist so süß.“ In der Nacht vor der Hochzeit hat das Paar getrennt geschlafen. Susanne wollte ihre große Liebe erst am Standesamt im Brautdirndl sehen. Vor den Traualtar treten sie nicht, weil die aus Dresden stammende Claudia nie einer Glaubensrichtung angehörte und Susanne aus der katholischen Kirche ausgetreten ist. Deren Ablehnung der Homosexualität stört sie. „Wenn es Gott gibt, hat er uns zu dem gemacht, was wir sind.“

Claudia hat ihre Tochter (16) aus erster Ehe mit in die Partnerschaft gebracht. Deshalb haben die beiden nicht vor, zusammen ein Kind zu bekommen – oder zu adoptieren, was die Neuregelung erlaubt. „Dadurch, dass Claudia die Nadine mitgebracht hat, habe ich ein Stiefkind“, sagt Susanne. Oft verstehe sie das Mädchen wegen des geringeren Altersunterschieds besser als die Mutter. Mit Blick auf die drei Siam- und Maine-Coon-Katzen und die einäugige Bauernhof-Mieze stellt sie grinsend fest: „Außerdem habe ich ja vier Babys.“ Eins der Tierkinder wird allmählich unruhig. Kater Snow ist aufs Fensterbrett gesprungen und blickt sehnsüchtig nach draußen. „Wir gehen gleich raus“, versichert Susanne.

Es funkte in der Mittagspause

Das Lesbenpaar hat sich in der Chipherstellung bei Infineon kennengelernt. Claudia lebte in Scheidung. „Bis dato war ich Hetero“, erzählt sie. „Ich habe mich in den Menschen Susi verliebt.“ Geküsst haben sie sich zum ersten Mal bei der Walba an der Donau. Susanne fühlt sich seit der Pubertät zu Frauen hingezogen. Ihre Familie hat das akzeptiert – im konservativen Regensburg nicht alltäglich. Die Frauen ärgern sich, wenn hinter vorgehaltener Hand getuschelt wird. Insgesamt erleben sie die Stadt aber als aufgeschlossen.

„Bei uns ist es genauso stinklangweilig oder aufregend wie bei Heteros“ Susanne und Claudia

Interessant am Rande: Die Lesben folgen derselben Arbeitsteilung wie viele Hetero-Paare. Wer kocht? Blitzschnell deutet Susi auf Claudia. Die 31-Jährige selbst tüftelt, hämmert und programmiert. „Bei uns ist es genauso stinklangweilig oder aufregend wie bei Heteros“, beteuern sie. Was ist anders? „Zwei Frauen gehen gefühlvoller miteinander um“, meint Susanne.

Pinguin Fridolin, der im Eingang wacht und mit aufs Foto kommt, passt auf die Beziehung auf. Die Hochzeitsgäste haben ihn gebastelt. Susi erklärt: „Ich habe immer gesagt, Pinguine bleiben ein Leben lang zusammen, und Claudia ist mein Pinguin.“ Während die Kamera vorm Haus klickt, flitzt Snow nach draußen.

Lesen Sie mehr: Für viele junge Regensburger, die sich in ungezwungener Runde austauschen wollen, ist der Verein Jung und Gleich vielleicht die richtige Anlaufstelle.

Mehr Nachrichten aus Regensburg lesen Sie hier.

Aktuelle Nachrichten von mittelbayerische.de jetzt auch über WhatsApp. Hier anmelden:http://www.mittelbayerische.de/whatsapp.