Gastronomie
Die letzte Halbe im Landshuter Hof

Aus dem Gasthaus der Vereine und Kartler wird das Luis, ein Frühstücks-Hotel. Konrad Silberhorn setzt sich zur Ruhe.

09.01.2016 | Stand 16.09.2023, 6:54 Uhr
Ruhestand nach 56 Jahren in der Gastronomie: Konrad Silberhorn (links) mit dem früheren Inhaber des Landshuter Hofs, Josef Schwindl. −Foto: MZ-Archiv

Eine Skatrunde hat Konrad Silberhorn über 35 Jahre seines Wirtslebens begleitet. Von der „Lülln“, der „Weißen Lilie“ in der Fröhlichen Türken Straße 4, ist sie in den „Uni-Knei“, den Kneitinger Keller auf den Galgenberg, umgezogen. Seit 16 Jahren reizen sie Donnerstags im Landshuter Hof, hinten im Eck unterm Spiegel. „18, 20, nur nicht passen.“

„Wir haben das Hartgeld in 12-Kilo-Plastikeimern zur Bank gefahren.“Konrad Silberhorn

Der „Landshuter Hof“ war kein Schickimicki-Treff fürs Stadtgeflüster, er schaffte es aber nahezu täglich in die Vereinsnachrichten. Bayernfanclub, Verein der Stadtarbeiter, der Schachklub, die Naturfreunde, die Unterer Wöhrdler Gmoa, die Naturisten, der Waldverein, der Regensburger Männerchor, die Königstreuen, die Bayernpartei und die REWAG-Senioren hatten hier ihre Heimat. Neben der Tür hing das bayerische Staatswappen und über der Tür ein „Griaß God“.

Landshuter Hochzeit hat ausgetanzt

Jetzt heißt’s „Pfiad God“: Vereine, Skatbrüder und Schafkopfer haben das Spiel nicht hingeworfen. Konrad Silberhorn hat das Gasthaus an den Architekten Georg Köpl verkauft. Auch die bunten Gestalten der Landshuter Hochzeit haben ausgetanzt, die 1974 vom Künstler Kühlwein an die Wand des schwarzgetäfelten Gastzimmers geworfen wurde, im Auftrag von Josef Schwindl, dem Vorbesitzer.

Konrad Silberhorn ist jetzt selber Gast im Landshuter Hof. Er schaut jünger und gesünder aus denn je, als er zur Hintertür hereinkommt. Jovial grüßt er in die Runde und bestellt eine Apfelsaftschorle. Auf sein einstiges Lieblingsgetränk Spezi verzichtet er seit Jahren. „Seitdem habe ich 27 Kilo abgenommen“, sagt der Koch und Gastwirt.

Mit seinem auch für Leute von der Waterkant verständlichen Preußen--Bayerisch hat das zweitjüngste von fünf Kindern eines Postbeamten aus der Ardennenstraße, Konradsiedlung, auf den sieben Weltmeeren überlebt. Nach seiner Kochlehre im Avia-Hotel war er von 1964 bis 1970 Smutje, u. a. auf einem Fischtrawler im Atlantik. Warum? „Um Geld zu verdienen. Ich komme aus einfachen Verhältnissen.“

Das Geld hat er reichlich verdient. Seit ein paar Tagen thront er mit Frau Angelika und Tochter, der Chefin des Reinigungsunternehmens Donau-Profi, in der markantesten Immobilie von Sallern, dem sogenannten Scheubeck-Haus. Das gehört ihm schon seit längerem. Die Immobilie kam anfangs in gewisse Schlagzeilen.

Wenn hier oben künftig rote Lichter blinken, dann in seiner Anlage für die Modelleisenbahn Spur G von Lehmann. Dazu will er kleine gemütliche Städtereisen unternehmen. „Keine Weltreise. Mein Bedarf an Welt ist gedeckt.“ Silberhorn erinnert sich an den Sturm nahe Grönland, da sei sein Fischtrawler so vereist gewesen, dass Schlagseite drohte.

„Kaktus“, Goldener Turm, Goldenes Ross, Lilie, Keller, Landshuter Hof: Mit seinem Fleiß hat Silberhorn hat in Regensburg alles erreicht. Nur Wirt im Kneitinger-Mutterhaus am Arnulfsplatz ist er nicht geworden. „Es wurde mir angeboten. Ich habe abgelehnt. Da zog mich nichts hin. Ich komme aus der Konradsiedlung, da galt das Viertel um die Kreuzgasse immer als das Glasscherbenviertel.“

Auf die Sofie Kneitinger, die ihn persönlich auf den Galgenberg holte, lässt er nichts kommen. Das hässlichste Wort, das er über sie in der Zeitung lesen musstee, sei das Adjektiv „bißgurenhaft“ gewesen. Ihre wahre Geschichte müsse noch geschrieben werden, meint Silberhorn. Er präsentiert jetzt schon Fakten für die lokale „Heiligsprechung“.„An Lichtmess hat sie mir immer ein Fass Bier spendiert.“

Hartgeld in 12-Kilo-Plastikeimern

Der Wirt erinnert sich an den heißen Frühsommertag an Pfingsten, als die Sofie kurz vor Badeschluss auf die Terrasse des Westbads kam und in voller Montur neben all den Nackten Platz nahm. „Ihr Schmuck war so schwer, dass das Gewicht ihr die Ohrläppchen nach unten zog. Das war ein Kontrast, den ich nie vergessen werde.“

Als auf dem Westbad noch das Olympiadach schwebte, hat er als Wirt viel Geld verdient. „Soviel, dass wir nicht in der Lage waren, das Geld zu zählen. Wir haben das Hartgeld in 12-Kilo-Plastikeimern zur Bank gefahren.“

Silberhorn führte die Westbad-Gastronomie. Neben der „Weißen Lilie“, die er von Rekord zu Rekord jagte. „Wir waren der stärkste Kunde von Paulaner in Regensburg. Ich habe im Jahr 1000 Hektoliter ausgeschenkt, mehr als die Bahnhofswirtschaft.“

Auch im Kneitinger Keller legt Silberhorn von 1984 an Spitzenumsätze hin. Die Produktion von Wurstsalat und Sulzen hat er durch zwei Erfindungen revolutioniert. „Ich habe am Galgenberg zwei Ideen umgesetzt. Die Knackwurst in Stangenform und den neuen Ständer für Sulzenteller. 100 brachte ich auf einen Meter unter.“

Im Landshuter Hof ließ er 2000 die Karriere ausklingen. Das Gebäude aus dem Jahr 1890 hatte es ihm angetan. Die Schwindls hatten hier, zwischen Sparkassenzentrale und Rotem Kreuz, eine bedeutende Stadtteil-Gaststätte aufgebaut. Aus dem Landshuter Hof wird nun das Luis. Das setzt auf Städtetouristen, nicht Vereine. Das Hotel braucht keine Küche mehr.