Kommentar
Die Regelungswut rächt sich

24.08.2021 | Stand 16.09.2023, 1:08 Uhr
Dr. Christian Eckl −Foto: Uwe Moosburger

Man stelle sich vor, der Gesetzgeber erlässt ganz plötzlich eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf den Autobahnen: Ab morgen darf man nur noch mit 130 Stundenkilometern über den Asphalt düsen. Gleichzeitig stellt sich der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder vor die Kameras und verkündet, dass dieses Gesetz ab kommender Woche nur im Urlaubsverkehr und dann auch nur bei drohenden Staus gilt. Zudem stellt er in Aussicht, dass man dann 150 Stundenkilometer fahren darf.

Wäre ein solches Gesetz nicht völliger Blödsinn? Und würde der Gesetzgeber nicht die eigene Autorität untergraben? Genau das passiert aber gerade in Sachen Corona-Maßnahmen. Denn Markus Söder kündigte bereits an, dass die Inzidenz nicht mehr das Maß aller Dinge sein soll. Bald sollen auch die Belegungszahlen auf der Intensivstation mit einbezogen werden.

„Es kann mich niemand daran hindern, über Nacht klüger zu werden“, sagte einst Konrad Adenauer. Aber: Mit solchem Wankelmut macht sich ein Gesetzgeber einfach nur noch lächerlich. Der Regensburger Rechtsreferent muss nämlich unter den aktuell geltenden Regelungen Anordnungen erlassen, wohl wissend, dass sie kommende Woche schon wieder ganz anders sein könnten. Und genau das ist der Politik vorzuwerfen: Die Regelungswut hat jetzt noch den letzten Bürger vor den Kopf gestoßen, der eigentlich ganz zufrieden ist damit, wie die Regierung die Corona-Krise bewältigt hat. Gesetze, die morgen schon obsolet sind, schaden dem Rechtsstaat. Das wird sich rächen – auch im Hinblick auf kommende Wahlen.