Kriminalität
Drogen-Prozess: Die Dealer singen

Schon drei Mitglieder des Regensburger Kartells haben Geständnisse abgelegt. „Der Pate“ will sich nun am 16. November äußern.

08.11.2018 | Stand 16.09.2023, 5:53 Uhr

Alesjo S. – hier mit seinen Verteidigerinnen Rechtsanwältin Dagmar Ciccotti (l.) und Rechtsanwältin Mayumi Weinmann – war einer der Depot-Verwalter des Kartells. Foto: Tino Lex

Mit weiteren Geständnissen ist am Mittwoch vor der Jugendkammer des Landgerichts Regensburg der Prozess gegen das albanische Drogenkartell fortgesetzt worden. Nachdem bereits am ersten Verhandlungstag zwei der sieben Drogendealer zwischen 20 und 55 Jahren ausgesagt hatten, gaben nun zwei andere Angeklagte Erklärungen ab, in denen sie die in der Anklageschrift formulierten Vorwürfe weitgehend einräumten.

Damit bringen siedie Nummer eins der Bande, den Gastwirt Fiqret D., der die Kneipe „Sun Inn“ am Auweg und das „Prinzen-Stüberl“ in der Prinz-Rupprecht-Straße betrieb, erheblich in Bedrängnis. Der will sich nun am 16. November äußern. Wie bereits bekannt wurde, wird die Staatsanwaltschaft für ihn selbst im Falle eines Geständnisses eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren beantragen.

Der erste Angeklagte, der gestern auspackte, war der 21-jährige Kejdi T., der eigentlich einmal eine andere Rolle vor Gericht spielen wollte. Nach seinen Einlassungen versuchte er, in Deutschland Jura zu studieren, konnte sich aber nicht immatrikulieren, „weil Papiere fehlten“. So schrieb er sich in der albanischen Hauptstadt Tirana ein und absolvierte zwei Semester – im Wissen, als Jurist in Albanien das Salz in die Suppe nicht zu verdienen. So machte er sich Anfang Juni 2017 nach Schweden auf, wo ihm die Aufnahme eines Studiums ebenfalls verwehrt wurde, und landete schließlich in Regensburg.

Nachtwächter statt Fußballer

Man erzählte ihm, dass er hier für den FC Kosova Fußball spielen könnte, Gridi B. – die Nummer zwei der Gang – kaufte ihm auch die entsprechende Ausstattung, letztlich landete er aber im „Sun Inn“, wo er regelmäßig von 22 bis 6 Uhr Nachtschicht schob. Seinen Angaben zufolge bekam er natürlich mit, dass dort Drogen verkauft und bis in die frühen Morgenstunden konsumiert wurden. Schließlich begann auch er, zu koksen und Rauschgift, meist Marihuana, zu verkaufen – immer im Wissen bzw. auf Geheiß vonDrogen-Pate Fiqret D.

„Immer um Mitternacht wurde Kasse gemacht. Da musste ich die Tagesein- nahmen abgeben.“Alesjo S. (23), Angeklagter

Kejdi T. ließ erklären, auch weitergehende Fragen des Gerichts zu beantworten. Dies hatte er schon bei seinen polizeilichen Vernehmungen so praktiziert. Wegen seiner Kooperation, vor allem aber wegen seiner untergeordneten Rolle innerhalb des Drogen-Kartells und der zu erwartenden niedrigen Strafe wird sein Verfahren auf Antrag seiner Verteidiger, Rechtsanwalt Michael Haizmann und Rechtsanwalt Patrick Schladt, von dem Mammut-Prozess gegen den Rest der Bande wohl abgetrennt werden wird. Nachdem er – wie die übrigen Angeklagten – bereits seit 13. Dezember 2017 in Untersuchungshaft sitzt, könnte er das Gefängnis damit womöglich schon in wenigen Wochen auf Bewährung verlassen.

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Eine ähnlich günstige Perspektive eröffnet sich dem 23-jährigen Alesjo S. (noch) nicht, wenngleich auch er gestern umfassende Angaben zur Sache machte. Dabei war er stets bemüht, andere Bandenmitglieder nicht zu belasten und nahm noch nicht einmal deren Namen in den Mund – aus welchen Gründen auch immer. Auch für ihn waren die miserablen Zukunftsaussichten in Albanien der Grund, sein Glück in Deutschland zu versuchen. Nachdem er bereits 2013 in einer Kfz-Werkstatt in Italien gearbeitet hatte, wusste er, dass man in Zentral-Europa gutes Geld verdienen konnte.

Karriere als Depot-Verwalter

Über Bekannte gelangte er hier aber ebenfalls ins „Sun Inn“ in Regensburg, wo er alsbald mit Stoff in Verbindung kam. „Mein Geld war aufgebraucht. Da habe ich angefangen, im ‚Sun Inn‘ zu arbeiten“, heißt es in seiner Einlassung. Man zeigte ihm das Rauschgift-Lager, sagte ihm, wo welche Drogen gelagert würden, drückte ihm die Schlüssel in die Hand. Von da an war er der Verwalter eines der Depots. Seine Aufgaben seien das Verwalten, das Abwiegen und das Ausgeben von Kokain, Heroin und Marihuana gewesen und darüber Buch zu führen. „Immer um Mitternacht wurde Kasse gemacht. Da musste ich die Tageseinnahmen abgeben“, erklärte er.

An wen wollte Alesjo S. nicht sagen. Und auch nicht, von wem er Anweisungen erhalten hatte. „Zu anderen Personen sagt er nichts“, erklärte seine Anwältin Dagmar Ciccotti.

Der Prozess wird am Freitag, 16. November, um 9 Uhr mit weiteren Aussagen fortgesetzt.

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