Streit
„ediPost“: Regensburger vermutet Abzocke

Der Regensburger Bernhard Haschke wittert bei der Ulmer GmbH „ediPost“ kriminelles Tun. Er will andere warnen.

09.08.2010 | Stand 16.09.2023, 21:07 Uhr
Karl-Heinz Weigel

Regensburg.Die Kritik von Versicherungsfachwirt Bernhard Haschke (42) fiel im MZ-Gespräch überdeutlich aus. „Ich vermute, dass da kriminell agiert, dass da abgezockt wird“, sagte er. Er wolle die Öffentlichkeit warnen. Sein „Bauchgefühl“ und eigene Recherchen hätten ihn dann davon abgehalten, den von „ediPost“ (electronic digital post) exklusiv angebotenen Agentur-Lizenzvertrag zu unterschreiben und 892, 50 Euro für eine sechsstündige Schulung im September zu zahlen. Bei der Schulung sollte er u.a. Lizenzurkunde, Zugangsdaten für das internetbasierte EDV-System, ein Starterpaket und Marketingmaterial erhalten.

Der in der Regensburger „Bavaria Assekuranz-Service GmbH“ beschäftigte Versicherungsfachmann hatte von der Ulmer Firma „ediPost“ ein Werbeschreiben bekommen. Da wird für eine Agenturausschreibung bzw. ein „neues Projekt der Bundesregierung“ geworben.

Im Schreiben, geschmückt mit dem amtlichen Bundesadler, wird auf die Registrierung von Bundesbürgern mit Blick auf eine „amtlich digitale eMail-Adresse“ hingewiesen. Wenn Bernhard Haschke Lizenz-Agenturvertreter werde, könne er bei der Registrierung einer Privatperson und einer gewerblichen Einrichtung jeweils zehn und 20 Euro Provision verdienen. Im übrigen sei er mit zehn Prozent beim gesamten Portoumsatz der von ihm registrierten Nutzer beteiligt, die ihre Post auf digitalen Empfang umstellen.

Hintergrund des professionell aufgemachten „ediPost“-Aktion: Die Bundesregierung will „DE-Mail“ möglich machen. Da ist das rechtsverbindliche und vertrauliche Versenden von Dokumenten und Nachrichten per Internet machbar. „DE-Mail“ erhöht die Sicherheit elektronischer Kommunikation. Ein Pilotprojekt der Bundesregierung lief erfolgreich am Bodensee. Allerdings muss dem Gesetzentwurf in Sachen „DE-Mail“-Praxis noch zugestimmt werden.

Regensburg.„Ein ärgerlicher Vorgang“, kommentierte ein Pressesprecher im Berliner Bundesinnenministerium (BMI) am Montag auf MZ-Anfrage den Fall „ediPost“. Man habe rechtliche Schritte gegen die GmbH wegen Unterlassung eingeleitet. In dem teilweise offiziell aussehenden Werbeanschreiben werde der irreführende Eindruck erweckt, die beworbenen gewerblichen Aktivitäten seien Teile eines Projekts der Bundesregierung. Tatsächlich aber könne „DE-Mail“ durch alle Unternehmen angeboten werden, die sich als Anbieter von „DE-Mail“-Diensten am Markt engagieren wollten.

Durch das Schreiben, so der Sprecher weiter, werde eine Nähe und Verbindung zum tatsächlich existierenden Projekt „DE-Mail“ suggeriert, die bestehe aber nicht. „ediPost“ sei keinesfalls ein vom BMI anerkannter Anbieter solcher Dienstleistungen, wohl eher ein „Trittbrettfahrer“.

„Das ist seine ganz persönliche Meinung“, konterte auf MZ-Anfrage am Montagvormittag ein Ulmer „ediPost“-Sprecher Bernhard Haschkes harsche Attacken. Der Sprecher wies die Vorwürfe des Kritikers aus der Domstadt zurück. Am Nachmittag meldete sich dann ein Mitglied der „ediPost“-Geschäftsleitung in der Redaktion.

Er sagte, die Verwendung des Bundesadlers sei „frech“ gewesen. Inzwischen habe man den Adler entfernt. Von „Abzocke“ könne aber keine Rede sein. Über einen Anwalt werde man dem BMI abträgliche Äußerungen in Richtung „Abzocke“ untersagen. Tatsächlich habe man im BMI Anrufern aus Versicherungsagenturen geraten, das Anschreiben von „ediPost“ in den Papierkorb zu werfen.

Man wolle, so der Manager zur MZ, Provider wie GMX, Mentana, T-Home, T-Systems und WEB.de werden, sehe sich jedoch in der Rolle des „David gegen Goliath“. Beim Testlauf in Friedrichshafen habe es keine öffentliche Ausschreibung gegeben. Ja, den „Großen“ wie den bisher am De-Mail-Projekt Beteiligten, sei der Testlauf bezahlt worden.