Ganztagsbetreuung
Fehlt an den Grundschulen bald Personal?

27.10.2022 | Stand 15.09.2023, 3:11 Uhr
Simone Grebler
Fachschul-Leiterin Heidrun Fronek vermittelt den angehenden pädagogischen Fachkräften ein breit gefächertes Wissen, das von mathematisch-wissenschaftlicher Erziehung bis pflanzenbasierter Ernährung viele Themen abdeckt. −Foto: Grebler

Ab 2026 haben Eltern einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung. Das BSZ Regensburg Land bildet Fachkräfte aus. Aber reicht das?

Mit 57 Jahren drückt Katrin Hartung noch einmal die Schulbank. Die Buchhändlerin hat aus der coronabedingten Schließung ihres Ladens, der „Hartung‘schen Buchhandlung“ in Wörth an der Donau, das beste gemacht und orientiert sich beruflich neu. Am Staatlichen Beruflichen Schulzentrum (BSZ) Regensburger Land nimmt sie am sogenannten Schulversuch zur Ausbildung „Pädagogische Fachkraft im Grundschulkindbereich“ teil.

Da geschulte Betreuungskräfte fehlen, hat das BSZ diese Ausbildung aufgelegt, die nun schon im dritten Jahr läuft. Die Schüler sind im ersten Jahr an der Schule und im zweiten Jahr im Praktikum in einer Einrichtung. Danach haben sie die Ausbildung in der Tasche und sind Erzieher für Sechs- bis Elfjährige. Ab 2026 haben Eltern von Grundschulkindern einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung, erklärt BSZ-Schulleiter Robert Troidl. „Wo die Fachkräfte alle herkommen sollen, ist uns ein Rätsel“, sagt Troidl.

Schon jetzt großer Bedarf

Schulamtsdirektorin Birgit Sandmann verweist indes darauf, dass es in Regensburg bereits einen sehr hohen Ganztags-Betreuungsanteil gebe. Es komme daher nicht die große Überraschung mit dem Rechtsanspruch. „In der Stadt müssen wir uns nicht allzu große Sorgen machen. Vielleicht trifft es einige kleinere Gemeinden im Landkreis, die noch nicht vorbereitet waren“, sagt die Ganztags-Expertin. Die Schulen würden je nach ihrem pädagogischen Konzept auch externe Leute wie Sporttrainer, Schreinermeister oder Musiklehrer für das Angebot am Nachmittag einstellen. Daher sei der Bedarf von Schule zu Schule unterschiedlich. Am BSZ werden derzeit 19 Personen von Fachschul-Leiterin Heidrun Fronek in vielfältigen Themen ausgebildet. Gerade geht es um die Auseinandersetzung mit der sexuellen Identität. Aber auch multikulturelle Aspekte, Hausaufgabenbetreuung, gesunde Ernährung und kreative Fähigkeiten werden von den angehenden Erziehern verlangt. Später können sie an einem Hort oder in einer Ganztagsschule in der Mittagsbetreuung arbeiten. So wie Peter Hartung. Der Mann von Katrin Hartung ist ebenfalls gelernter Buchhändler und verabschiedete sich schweren Herzens von seinem Beruf. Er hat die Ausbildung bereits abgeschlossen und arbeitet nun in einem Kinderhort. Im Klassenzimmer vor Heidrun Fronek sitzen aber auch eine gelernte Kauffrau im Einzelhandel, eine Lehrerin aus Syrien und eine ehemalige Geografie-Studentin. „Ich wollte etwas Neues machen und habe die Ausbildung durch Zufall entdeckt“, sagt die 25-jährige Ex-Studentin Magdalena Geitner. Sie will nach der Ausbildung noch den klassischen Erzieher draufsetzen. Eine gelernte Hotelfachfrau und Mama von zwei Kindern paukt auch für ihren neuen Beruf. Sie hat von Bekannten von der Ausbildung erfahren und ist froh, dass diese mit dem Familienleben vereinbar ist.

Flotte Ausbildung

„Die verkürzte Erzieherausbildung stellt die Schülerinnen vor große Herausforderungen, die sie mit hoher Motivation bewältigen“, sagt Fronek. Die Ausbildung sei flott, aber anspruchsvoll, betonen Schulleiter Troidl und Fachschul-Leiterin Fronek. Sie bedauern, dass es keine größere Nachfrage nach dieser grundständigen Ausbildung gibt. Denn hier würden gefragte Fachkräfte ausgebildet. Alle Absolventen seien umgehend in Jobs untergekommen. Und auch die Bezahlung bessere sich. Die pädagogischen Fachkräfte verdienen in Vollzeit im Berufspraktikum in etwa so viel wie Referendare. „Multikulturelle und integrative Arbeit geht nicht zum Nulltarif“, sagt Troidl.

Wissenswertes zur Ausbildung

Zugangsvoraussetzungen: Mittlerer Schulabschluss, abgeschlossene Berufsausbildung, sechs-wöchiges Praktikum, Führungszeugnis, Nachweis über gesundheitliche Eignung für den Beruf, keine Altersbeschränkung.

Vergütung:Die Ausbildung beginnt im September und dauert zwei Jahre. Das erste Jahr absolvieren die künftigen Fachkräfte an der Fachschule, das zweite Jahr im Berufspraktikum. Dieses wird mit 1600 Euro monatlich vergütet.

Förderung:Es entstehen keine Schulkosten. Finanzielle Förderung ist über das Aufstiegs-BAföG möglich. Die Arbeitsfelder liegen in der Mittagsbetreuung, an Ganztagsschulen, an Horten und altersgeöffneten Kindergärten.